Neue Studie zu GentechnikForscher ändern Erbgut von Insekten mit Genschere Crispr/Cas
Über einen Umweg haben Forscher mithilfe der Genschere Crispr/Cas das Genom von Schaben verändert. Das vereinfachte Verfahren soll bei 90 Prozent aller Insekten nutzbar sein – und auch bei anderen Gliederfüssern wie Milben und Zecken.
Mit einem speziellen Verfahren spritzten Wissenschaftler die vorher angepasste Genschere Crispr/Cas in die Bauchhöhle von weiblichen Schaben und Käfern, wo sie dann im Zuge der Dotterbildung in die Eizellen aufgenommen wurde. Für diesen Machbarkeitsnachweis veränderte das japanisch-spanische Team die Augenfarbe von Nachkommen der Insekten. Die Gruppe um Takaaki Daimon von der Kyoto University schätzt in der Fachzeitschrift «Cell Reports Methods», dass die Methode auf 90 Prozent aller Insektenarten anwendbar ist, darunter auch landwirtschaftliche und medizinische Schädlinge.
Die Genschere Crispr/Cas funktioniert bei allen Zellen, bei Hefen, Pflanzen, Tieren und auch beim Menschen. Das System verfügt über eine speziell zugeschnittene RNA-Sequenz, die die gewünschte Schnittstelle im Erbgutmolekül DNA erkennt – in diesem Fall den Bereich, der für die Augenfarbe der Insekten zuständig ist. Das angekoppelte Cas-Protein schneidet dann den Erbgutstrang an jener Stelle durch, so dass Erbgut eingefügt, entfernt oder verändert werden kann. Die Zelle baut mit Hilfe ihrer Reparaturmechanismen den Strang selbst wieder zusammen.
Um die Genschere bei Insekten anzuwenden, muss sie in einem frühen Stadium der Embryonalentwicklung in die Zellen eingebracht werden. Bei Schaben ist dies schwierig, weil sie ein Eipaket ablegen – die sogenannte Oothek. Deshalb verlegten sich Daimon und Kollegen darauf, den Muttertieren die entsprechenden Spritzen zu verabreichen. «Insektenforscher sind nun gewissermassen von den lästigen Injektionen in Eier befreit», erklärt Daimon.
Dauerhaft deaktiviert
Für den ersten Teil ihrer Versuche nutzten die Forschenden die Deutsche Schabe (Blattella germanica). Mit der Genschere schalteten sie ein Gen aus, das zur Bildung des dunklen Pigments in den Augen der Tiere beiträgt. In der Folge wiesen bis zu 22 Prozent des Nachwuchses helle Augen auf – das dunkle Pigment fehlte also.
Bei einigen Nachkommen zeigten sich sowohl helle als auch dunkle Stellen an den Augen (Mosaikbildung). Wenn Schaben mit Mosaikaugen miteinander gekreuzt wurden, hatten 24 Prozent der Nachkommen helle Augen. Bei der Kreuzung von Tieren mit hellen Augen war dies bei sämtlichen Schlüpflingen der Fall – das pigmentbildende Gen war also dauerhaft deaktiviert. Bei ähnlichen Experimenten mit dem Rotbraunen Reismehlkäfer (Tribolium castaneum) hatten bis zu 71,4 Prozent der Nachkommen helle Augen oder Mosaikaugen. Die Forscher betonen, dass es auf den Zeitpunkt der Injektion ankommt: Am höchsten war die Erfolgsquote am 4. und 5. Tag, nachdem die Käfer das adulte Stadium erreicht hatten.
Grundsätzlich wäre es möglich, einen ähnlichen Ansatz neben Insekten auch bei anderen Gliederfüssern wie Milben oder Zecken anzuwenden, sagt Daimon. Bei einem bedeutenden Modellorganismus funktioniert das Verfahren jedoch nicht: bei der Fruchtfliege (Drosophila melanogaster). Der Grund dafür ist, dass die Eizellenbildung bei dieser Art anders abläuft als bei den meisten anderen Insekten.
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