Formel-1-Auftakt in BahrainRed Bull erlebt ein riesiges Desaster – Verstappen motzt über sein Team
Der Weltmeister und sein Teamkollege fallen kurz vor Schluss aus, Ferrari feiert einen Doppelsieg, und in Hinwil wird gejubelt.
Es muss ein grausiges Gefühl sein für Charles Leclerc in seinem Ferrari. Da blickt der Monegasse in den Rückspiegel, sieht erst nur einen kleinen Punkt. Dann wächst sich dieser in Sekundenschnelle zu einem gewaltigen bulligen Wagen aus, der auch noch vorbeizischt, als wäre nichts dabei.
Der Auftakt in Bahrain ist erst 16 Runden alt, da können sich die Verantwortlichen der Formel 1 bereits auf die Schultern klopfen: alles richtig gemacht. Ein Duell tobt da gerade auf der Wüstenpiste, das es in sich hat. Zwei 24-Jährige auf Augenhöhe, im Kampf um den Sieg, Max Verstappen im Red Bull als Jäger von Leclerc. Dessen rotes Auto wirkt wie ein gewaltiger Fels, der den Niederländer im Windschatten heran- und vorbeischiessen lässt – obwohl der Abstand erst viel zu gross wirkt dafür. Es sind Bilder, wie sie die Formel 1 noch nicht kannte. Doch Leclerc kann kontern, Mal für Mal. Es ist ein begeisternder Zweikampf über zwei Runden, ermöglicht durch die neue Aerodynamik der Rennwagen, die das Hinterherfahren und Überholen vereinfacht.
Weil Verstappen vor Leclerc zum ersten Reifenwechsel kam und mit den neuen Pneus eine Runde lang ordentlich Gas gab, kommt es überhaupt dazu. Und als Red Bull in der 31. Runde den Kniff noch einmal versucht, diesen sogenannten Undercut, da reicht es dem jungen Weltmeister wieder ganz knapp nicht, sich an die Spitze des Feldes zu setzen. Es ist Grund für Verstappen, ein erstes Mal so richtig zu toben am Funk. Da weiss er noch nicht, dass er gegen Ende des Rennens sein ganzes Repertoire an Schimpftiraden noch einmal würde auspacken müssen.
Jetzt hört Verstappen nicht mehr auf sein Team
Sein Team hatte ihn angewiesen, die Runde gemächlich anzugehen, um die frischen Reifen nicht zu überfordern. Deshalb reicht es ihm beide Male nicht vorbei an Leclerc. Hinterher ist Verstappens Gemüt noch nicht abgekühlt. In die Fernsehkamera sagt er: «Das nächste Mal fahre ich nur noch nach meinem Gefühl, das ist viel besser.» Es ist eine Ansage, die sie bei Red Bull nicht allzu gern hören dürften.
Doch das alles ist am Ende nur noch eine Randnotiz, es kommt zum grossen Desaster für den Rennstall, der bei den Tests und das ganze Wochenende über einen bestechenden Eindruck hinterliess. Als unglücklicher Vorbote agiert Pierre Gasly, Pilot bei Alpha Tauri, Red Bulls Schwesterteam. Plötzlich steht sein Arbeitsgerät in Flammen. Elf Runden sind da noch zu fahren, Verstappen beschwert sich über sein Lenkrad, dessen Servolenkung nicht mehr funktioniert. Als der Safety-Car verschwunden ist, sieht Carlos Sainz an Verstappens Heck nur noch blinkende Lichter. Drei Runden vor Schluss rollt der Red Bull aus, ist das Rennen vorbei für den Mann, der als grosser Favorit gilt auf den Titelgewinn.
In der letzten Runde dreht sich auch noch Verstappens Teamkollege Sergio Pérez von Rang 3 ins Niemandsland der Rangliste. Ein Problem bei der Benzineinspritzung soll den beiden Red Bull zum Verhängnis geworden sein.
Leclerc mit dem Quattrick
Es ist ein verrücktes Rennen, das seinen würdigen Sieger hat. Charles Leclerc gelingt an diesem Wochenende so etwas wie ein Quattrick: Poleposition, schnellste Rennrunde, Sieg, Fahrer des Tages. «Die letzten zwei Jahre waren so schwierig für das Team», sagt der Monegasse. «Wir wussten, dass wir diese Saison die grosse Möglichkeit haben. Mein Team hat ein unglaubliches Auto gebaut, besser können wir nicht starten.» Einen Doppelsieg gibt es für die Ferraristi, die in der jüngeren Vergangenheit nur zuschauen konnten, wie Red Bull und Mercedes um die Triumphe fuhren. Es scheint eine neue Zeitrechnung begonnen zu haben.
Zwar ist der Mann, der neben Leclerc und Sainz auf das Podest steigt, sich das gewöhnt wie kein anderer Fahrer dieser Welt. Doch der Grand Prix von Bahrain zeigt, dass die Dauersieger von Mercedes für einmal nicht tiefstapelten, als sie sagten, nur noch die dritte Kraft zu sein. Siebenfachweltmeister Lewis Hamilton wird einzig deshalb Dritter und sein Neo-Teamkollege George Russell Vierter, weil die Red Bull ihr spätes Unheil erleben.
Dieses ermöglicht auch anderen Teams eine Menge Punkte. Den Amerikanern von Haas etwa, die an diesem Sonntag beweisen, welch guter Wurf ihnen mit dem neuen Rennwagen gelungen ist. Kevin Magnussen, vor zwei Wochen auf die Schnelle zurückgeholt, weil sie sich vom Russen Nikita Masepin trennten, wird Fünfter, Mick Schumacher verpasst als Elfter die Punkte knapp.
Bottas’ Kunststück
Im Gegensatz zu Alfa Romeo, dem Rennstall aus dem Zürcher Oberland, dessen Mitarbeiter Steine, wenn nicht Felsen von den Schultern gefallen sein dürften. Valtteri Bottas, der befürchten musste, nach Jahren bei Siegerteam Mercedes in den Niederungen der Formel 1 zu verschwinden, glänzt mit Rang 6. So gut war seit Brasilien 2019 kein Auto des Schweizer Teams mehr klassiert.
Und weil Zhou Guanyu das Kunststück gelingt, bei seinem Debüt als erster Chinese in der Formel 1 als Zehnter ebenfalls einen Punkt zu holen, wird der Auftakt in Bahrain zum besten seit 2015, als die Fahrer noch Marcus Ericsson und Felipe Nasr hiessen. Damals folgte auf die Ränge 5 und 8 ein Kriechgang. Nun scheinen Auto und Motor gut genug, um noch für einige Glücksmomente zu sorgen in Hinwil.
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