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Feines vom Holzofen wie zu Omas Zeiten

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Das Gasthaus zum Hirschen in Kyburg von aussen.
Andreas Morf hat den Holzofen im Gasthof zum Hirschen in Kyburg eingefeuert. Er kocht bereits in der dritten Generation am Holzherd.
Der Koch beim Schneiden des Rindshohrückens für den Zwiebelrostbraten.

Besuchern des Schlosses Kyburg fällt am Ende der Zufahrtsstrasse unweigerlich das Biedermeier-Wirtshausschild auf, das am zweistöckigen Haus mit dem Walmdach prangt und aus den ersten Jahren des 19. Jahrhunderts stammen dürfte. Wer in die Gaststube einkehrt, dem sticht das Tannentäfer mit den Einbauschränken ins Auge.

Ein Blickfang ist auch der bald zwei Jahrhunderte alte Kachelofen, der bei unserem Besuch ein wohlig-heimelige Atmosphäre verbreitet. Wer genau hinschaut, entdeckt die Inschrift «Hs. Conrad Brunner 1819/Hafner auf Regensperg».Nach dem Ableben von Paul Morf im Jahr 1987, er war eidg. dipl. Küchenchef, übernahm dessen Frau Paula die Führung des Gasthauses, das seit dem 15. Jahrhundert das Tavernenrecht besitzt.

Bis sie ums Jahr 2000, kurz vor der Milleniumswende, ihrem Sohn Andreas nahelegte, die Wanderjahre zu beenden und im elterlichen Betrieb das Ruder zu übernehmen. Nach 50 Jahren als beliebte und umsichtige Wirtin wollte sie in den wohlverdienten Ruhestand treten. Im Alter von 94 Jahren verstarb Paula Morf-Erb vergangenen Herbst im «Hirschen», der ihr Leben geprägt hatte.

Schöne und lehrreiche Jahre

Seit 17 Jahren führt nun Andreas Morf (57) unter dem «Motto Tradition seit 1904» das «Gasthaus zum Hirschen» in dritter Generation weiter. Er konnte damals mit gutem Gewissen und reichlich Erfahrung die Herausforderung als Geschäftsführer und Koch annehmen. Nach der Lehre (1976 bis 1979) im prestigeträchtigen «Waldhaus» in Sils-Maria tourte er in den 1980er-Jahren durch verschiedene Hotel-Küchen.

Seine wichtigsten Stationen waren St. Moritz, Morcote, Zermatt und Davos. Im «Palace» in Gstaad, mit 16 Gault-Millau-Punkten ausgezeichnet, blieb er 15 Jahren hängen. «Es war eine sehr schöne und nicht minder lehrreiche Zeit. Ich habe auch heute ab und zu das Reissen nach Gstaad», schmunzelt der «Hirschen»-Koch.

Bürgerliche Küche dominiert

Während Andreas Morf und seine Kollegen in der Küche des Nobelhauses im Berner Oberland für die betuchte Kundschaft regelmässig Kaviar und Hummer zubereiteten, ist das Angebot im ländlichen Gasthaus grundlegend ganz anders. «Bei uns dominiert die bürgerliche Küche. Denn wir möchten, dass sich auch Familien bei uns wohl fühlen und zu reellen Preisen essen können. Schnitzel mit Pommes-frites haben Kaviar und Hummer abgelöst», witzelt Morf.

In der relativ kleinen Küche stösst man auf einen Holzofen, auf dem wie noch zu Grossmutters Zeiten nach alten einheimischen Rezepten gekocht wird. Jeden Morgen – ausser am Montag (Ruhetag) - wird eingeheizt. Etwa 70 Prozent aller Gerichte werden auf dem Holzofen zubereitet. Die jährlich benötigten 50 Ster Holz lässt sich Andreas Morf aus Sternenberger Wäldern liefern.

Eigene Räucherkammer und Hausbrot

Ein Unikum ist auch hoch oben im Haus die Räucherkammer, wo als eine der Hausspezialitäten Schüblige geräuchert werden. Sogar das Brot wird im «Hirschen» selbstgebacken. Verschiedene Saucen, Braten, Beilagen und auch die Meringues werden ebenfalls nicht eingekauft. «Mit selbst hergestellten Produkten zu kochen macht richtig Spass», meint Andreas Morf stolz.

Eine weitere Spezialität sind seine Fleischgerichte. Grill- und Barbecue-Köstlichkeiten aus der Loki (Bratrohr) sind dank des feinen Holzkohlengeschmacks bei den Stammgästen, die vorwiegend aus der Region kommen, beliebt und entsprechend immer wieder gefragt. Vegetarier brauchen nicht zu darben, denn auch sie finden immer etwas Passendes auf der Karte.

A propos Fleisch eine witzige Anekdote: Zwei Gäste erschienen mit einem Hund in der Gaststube und bestellten einen Kalbsbraten aus der Loki. Der sei völlig ungeniessbar und überdies Schweinefleich, beschwerten sich die beiden. Und zwar so lauthals, dass sich die anderen Gäste einmischten und für den Koch Partei ergriffen.

Kellner Eugen Küng, mit 15 Dienstjahren quasi zum Inventar gehörend, enervierte sich nach endlosen Diskussionen derart, dass er letztlich zwar den Hund verabschiedete, aber die zwei Nörgeler nicht einmal eines Blickes würdigte, geschweige denn ein «Auf Wiedersehen» hervorbrachte.

Ausgefallene Wünsche erfüllt

«Das sind absolute Ausnahmen, mit denen man leben muss. Denn unsere Gäste schätzen unsere Küche und die anständigen Preise. Sämtliche Speisen werden frisch zubereitet und enthalten keine Konservierungsstoffe. Auch verwenden wir keine Büchsenprodukte». Und es darf auch einmal ein ausgefallener Wunsch sein. So bekam Andreas Morf eine Anfrage, ob er wohl einen Fisch im Salzmantel machen könne. Konnte er. «Der Aufwand und die Zubereitung waren gross. Aber es hat sich gelohnt; der Gast war zufrieden. Und das ist schliesslich das Wichtigste».

Es wird alles probiert. Diese Vorgabe hat er bereits in der «Stifti» erhalten und ist ihr bis heute treu geblieben, vor allem bei seinen Ferienreisen in ferne Länder. «Erst dann kann man beurteilen, ob einem ein Gericht mundet oder nicht. Da bleiben Überraschungen nicht aus – positive wie negative».

Privat liebt er das Einfache

Privat kommt bei Andreas Morf alles auf den Tisch, was gut bürgerlich und einfach ist. Vorlieben seiner Partnerin Lila (kleine Süsse) sind ein Tatar und Sauerkrautwickel, eine Spezialität aus ihrer serbischen Heimat, bei der auch der Koch gerne zugreift. Beide Gerichte sind nicht auf der Karte zu finden. «Wenn dies aber ein Gast wünscht, bereiten wir auch diese Spezialitäten zu. Schliesslich ist es die Vielfalt, die meinen Beruf so attraktiv macht. Dann gehen die zumal langen Präsenzzeiten vergessen», meint Morf.

Auch sein Hobby hat mit Genuss zu tun. Andreas Morf hat vom Vater die Imkerei übernommen. Mit seinem Kyburger Honig – garantiert selbstgemacht - beliefert er sogar das «Palace» in Gstaad. Alte Liebe rostet nun einmal nicht.

InformationenGasthaus zum Hirschen, Dorfstrasse 13, 8314 Kyburg, Telefon 052 232 46 01, Montag Ruhetag