AboDas Zeugnis für den FC ZürichDrei sind gut, einer fällt durch – die Noten zur FCZ-Saison
Ein Revolverheld und ein Unikat stechen heraus. Ein Spieler überzeugt als Gegenentwurf zum Club. Und einer schafft es, gleichzeitig gut und schlecht zu sein.
Yanick Brecher – Note 5

Der Captain in fast jedem Sinn, den dieses Wort haben kann. Stiller Mahner in Zeiten des Erfolgs, lauter Antreiber, wenn mal wieder die nächste Krise am Horizont heranzieht. Eine Rolle, die der 31-Jährige nur darum glaubhaft verkörpern kann, weil seine Leistungen daherkommen wie der Gegenentwurf zur wilden Formkurve seines Clubs: Sie sind absolut konstant.
Rodrigo Conceiçao – Note 4,5
Er darf als erster Transfer von Sportchef Milos Malenovic gelten. Zu Beginn fällt er besonders auf, weil er besonders oft fällt. Egal, ob ihn der Gegner nun hart getroffen oder kaum gestreift hat, der Portugiese leidet und winkt und windet sich. Welch guter Transfer er wirklich ist, zeigt er, als er später seine fussballerischen Qualitäten über seine dramatischen stellt. Er ist ein guter Dribbler mit überraschend viel Grinta im Defensivverhalten und kann links wie rechts jede Position an der Seitenlinie besetzen.
Nikola Boranijasevic – Note 3,5

Er war der Mann für die rechte Seite, unermüdlich unterwegs und in der Offensive gelegentlich wirkungsvoller als in der Defensive, für die er eigentlich zuständig war. Er war ein wichtiges Teil im Puzzle, als der FCZ die Meisterschaft gewann. Aber das war 2022, und so gut wie damals ist er diese Saison nicht mehr, mit der Umstellung auf die Viererkette beginnen seine Einsatzzeiten zu schwinden. Am Samstag in St. Gallen darf er nochmals als Aussenverteidiger auflaufen. Es ist sein letzter Einsatz, weil sein Vertrag nicht verlängert wird.
Lindrit Kamberi – Note 5

Im Wilden Westen wäre er vermutlich Revolverheld geworden. Er geht keinem Zweikampf aus dem Weg – schon gar nicht, wenn der Schiedsrichter das Spiel längst unterbrochen hat. Ein Schubser hier, ein nettes Wort da – der 24-Jährige ist immer mittendrin. Das ist er in dieser Saison auch sportlich. Egal, ob als Innen- oder Aussenverteidiger, ob in einer Dreier- oder Viererabwehr: Kamberi ist giftig im Duell, sorgfältig im Passspiel – und mit vier Treffern sogar noch torgefährlich. Hat im Januar einen Vertrag bis Sommer 2028 unterschrieben.
Nikola Katic – Note 4,5

Er hat sein Hoch im Herbst, er hat sein Tief im neuen Jahr. Was immer gleich bleibt: Wenn er nicht gerade gesperrt ist, spielt er. Und als er im Frühjahr Kryeziu zum Partner bekommt, kann es für die gegnerischen Stürmer im Zürcher Strafraum leicht einmal dunkel werden: Katic ist 1,94 Meter gross, Kryeziu noch zwei Zentimeter grösser. Katic schiesst vier Tore, das wichtigste im wegweisenden Spiel um den Einzug in die Conference League in Winterthur: Es ist ein Fallrückzieher.
Mirlind Kryeziu – Note 4

Er war ein Held im Meisterjahr. In der folgenden Saison war nichts mehr mit dem alten Glanz, er wurde kaum mehr eingesetzt. Und Bo Henriksen findet auch in dieser Meisterschaft nur notfalls Verwendung für ihn. In 21 der 23 Runden unter dem Dänen heisst es für Kryeziu: «Ohne Einsatz im Kader.» Die neuen Trainer und das neue System werden aber zum Glück des Verteidigers. Auf einmal ist er wieder gesetzt und unbestritten, unabhängig von der gelegentlichen Streubreite seiner langen Bälle.
Fabio Daprelà – Note 4

Im letzten Sommer verpflichtet ihn der FCZ, weil er einen Verteidiger mit Persönlichkeit und Erfahrung will. Fabio Daprelà, aus Lugano gekommen, enttäuscht die Erwartungen nicht, sondern bildet mit Katic und Kamberi eine zuverlässige Dreierkette. Mit dem Abgang von Trainer Henriksen und dem Wechsel zur Viererkette findet er sich aber auf einmal bei den Ersatzspielern wieder. Sinnbildlich ist, dass er bei den vier Siegen zum Saisonschluss noch 31 Minuten im Einsatz steht.
Adrian Guerrero – Note 4

Der Bruch ist schnell gefunden: Unter Bo Henriksen spielt der 26-Jährige bis zum 1:0-Sieg im Derby am 10. Februar eigentlich immer durch. Er gibt fünf Zuspiele zu Toren. Dann verlässt Henriksen den FCZ – und Guerrero ist raus aus dem Team. Offenbar entspricht er nicht der Vorliebe von Milos Malenovic für Tempospieler. Der Sportchef leiht stattdessen für seine Position Amadou Dante von Sturm Graz aus. Guerreros Vertrag wird nicht verlängert. Ein stilles Ende für den Meister von 2022, der in seiner Zürcher Zeit stets Leistungsträger war.
Amadou Dante – Note 4

Anfang Februar kommt er aus Graz und wird sofort Stammspieler. Er wirkt ein wenig explosiver als sein Vorgänger Guerrero und ist bei seinen Dribblings häufiger erfolgreich. Assists gelingen ihm noch keine, auch wenn seine Flanken durchaus Zug haben. Dafür schiesst er in 14 Einsätzen zwei Tore. Eine beachtliche Quote für einen Aussenverteidiger. Es wäre eine Überraschung, würde der FCZ die Übernahmeoption nicht nutzen, die er besitzt.

Ifeanyi Mathew – Note 4,5
Er ist der Marathonmann des FCZ, nur Yanick Brecher steht in der Super League ein paar Minuten länger im Einsatz als er. Das sagt schon sehr viel über den Wert des Nigerianers, der eine Mischung aus körperlicher Zähigkeit und spielerischen Fertigkeiten ist. Kurz, er ist unverzichtbar für diesen FCZ.
Cheick Conde – Note 4

Seit der 23-jährige Guineer vor zwei Jahren aus Tschechien nach Zürich gekommen ist, ist er im zentralen Mittelfeld der Standardpartner von Ifeanyi Mathew. Er ist ein Spieler aus hartem Holz, ohne Angst vor einem Zweikampf. Das schlägt sich auch in dieser Saison in seinem Sündenregister nieder. Neben sieben Verwarnungen holt er sich je eine Rote und Gelb-Rote-Karte. Fünf Spiele verpasst er darum, ansonsten steht er immer auf dem Platz – im Frühjahr aber nicht immer mit der Wirkung wie noch zu den guten Zeiten im Herbst.
Bledian Krasniqi – Note 4,5

Er ist eigentlich zu Saisonbeginn dazu auserkoren, Stammspieler zu werden. Verpasst dann aber das erste Spiel – und muss danach zusehen, wie die immer gleichen Spieler an die Tabellenspitze stürmen. Die Resultatkrise im Winter wird zu seinem Glück. Seither ist er nicht mehr aus dem Zürcher Zentrum wegzudenken. Ein feiner Techniker, der inzwischen auch mit der nötigen Aggressivität unterwegs ist. Noch taucht er zu häufig ab, aber er hat eigentlich alles, um künftig ein Leader zu sein. Verpflichtet sich im November bis Sommer 2027.
Fabian Rohner – Note 3

Er beginnt die Saison als Stammspieler, rutscht aber in der Hierarchie so weit nach hinten, dass der Club im Winter seinen Abgang ankündigt, weil er beim FCZ keine Zukunft mehr habe. Und dann kehrt er ein paar Wochen später doch wieder begnadigt in die erste Mannschaft zurück, ohne dass seine Leistungen auf dem Platz erkennen lassen, warum das geschehen ist. Man muss als Aussenstehender nicht immer alles verstehen.
Jonathan Okita – Note 4
Wenn es einen Spieler gibt, dem die Winterpause nicht guttut, dann ist das Jonathan Okita, der Kongolese aus Köln. Bis zum Dezember ist er endlich der Stürmer, der er in der Vorsaison kaum einmal war. Er brilliert mit seinen Toren, neun in 18 Runden, und verdient sich bis dahin die Note 5. Dann aber kommt das neue Jahr und mit ihm der Bruch, weil das Selbstvertrauen verschwunden ist und mit ihm jegliche Effizienz. Okita gibt diese Saison zwar 88 Schüsse ab, so viele wie keiner sonst in der Liga, er trifft im Frühjahr trotzdem nur noch zweimal, was nur mit gutem Willen die Note 3 ergibt. Im Schnitt bleibt darum knapp eine 4.
Daniel Afriyie – Note 3,5

Er ist auf dem Platz eine Art Mischwesen und darum kaum in eine einzelne Note zu fassen. Henriksen stellt ihn zwar jeweils als zentralen Stürmer auf. Aber eigentlich ist er etwas ganz anderes: der erste Verteidiger, wenn der Gegner im Ballbesitz ist. Diese Aufgabe erledigt er sehr zur Freude des Dänen mit grosser Leidenschaft. Geht es dann aber um das Spiel mit dem Ball und vielleicht sogar um die Kernaufgabe eines Angreifers, das Toreschiessen, dann misslingt dem 22-Jährigen zu viel. Ergibt im Schnitt irgendwas zwischen ungenügend und genügend.
Antonio Marchesano – Note 5
Er trifft im letzten Spiel unter Bo Henriksen zum 1:0 gegen GC. Er trifft im ersten Spiel der Co-Cheftrainer Ural/Romano zum 1:0 in Luzern. Und kaum ist ihm das im Februar gelungen, sagt er in die TV-Kamera, dass er gern in Zürich bleiben würde. Inzwischen ist sein Vertrag um ein Jahr verlängert worden, es wäre auch fatal, wenn Sportchef Milos Malenovic den Spieler, den er zuvor lange Jahre beraten hatte, weggeschickt hätte. Marchesano ist in dieser Mannschaft auch mit seinen 33 Jahren weiterhin ein Unikat: Keiner hat in der Offensive seine Eingebungen und spielerischen Fertigkeiten. Irgendwie ist es nur logisch, dass er am Samstag die Saison mit dem Siegtreffer in St. Gallen beendet. Mit zwölf Toren und fünf Assists liegt er in der Skorerliste der Super League mit Renato Steffen, Kevin Carlos, Chadrac Akolo und Zan Celar auf den vorderen Rängen.
Ferner spielten in Super League und Cup
Silvan Wallner, Armstrong Oko-Flex, Marc Hornschuh, Ivan Santini, Junior Ligue, Nils Reichmuth, Zivko Kostadinovic, Selmin Hodza, Nevio Di Giusto, Donis Avdijaj, Cheveyo Tsawa, Arad Bar, Joseph Sabobo, Labinot Bajrami, Miguel Reichmuth.
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