Späte Erlösung in LuzernEine zitternde Latte genügt dem FCZ nicht
Der FC Zürich siegt gegen Luzern, weil Antonio Marchesano ein paar Sekunden vor Schluss zum 1:0 trifft. In der Euphorie danach bleibt einer ziemlich cool: Der neue Trainer.
Eine zitternde Latte ist der Höhepunkt dieses Spiels. Lange Zeit zumindest. Doch als der Match in die letzten Sekunden geht, wird klar: Der FCZ will mehr.
0:0 steht es beim Auswärtsmatch in Luzern. Dann kommt Jonathan Okita aus sieben, acht Metern zum Abschluss. Sein Schuss wird abgeblockt. Corner statt Tor.
Okita sprintet in die Ecke, um den Ball gleich selbst in die Mitte zu schlagen. Hinter ihm wittert die FCZ-Kurve, dass hier und jetzt noch etwas gehen könnte. Und es geht etwas. Okita flankt. Luzerns Goalie Pascal Loretz wehrt ab. Doch die FCZ-ler Rodrigo Conceiçao und Armstrong Oko-Flex bringen den Ball erneut vors Tor. Und dort steht Antonio Marchesano bereit, um den Ball aus kurzer Distanz ins Netz zu dreschen.
Es ist ein Tor, das ganz viele FCZ-Geschichten besonders macht an diesem Nachmittag. Da ist Marchesano, dem vorher recht wenig gelungen ist und dann doch bereit steht, um mit seinem neunten Saisontor zum bisherigen Team-Topskorer Okita aufzuschliessen. Da ist die Mannschaft, die sich mit dem späten Treffer belohnt und nach vorher sieben Spielen ohne Sieg zum zweiten Mal in Folge gewinnt sowie Rang 3 festigt. Und da ist natürlich das neue Trainerduo, das nach dem Abgang von Bo Henriksen zum ersten Mal die Mannschaft führt und gleich dezimiert antritt.
Murat Ural steht alleine an der Seitenlinie
Weil Umberto Romano krank ist, trägt Murat Ural die alleinige Verantwortung. Wobei in Luzern auch Sportchef Milos Malenovic auf der Bank sitzt. Die Canepas hätten das ausdrücklich so gewünscht, sagt dieser vor dem Match dem TV-Sender blue.
Nach der Partie lässt sich die Mannschaft vor der singenden Kurve feiern, die Euphorie ist überall. Zum Beispiel bei Captain Yanick Brecher. Unglaublich gut tue dieser Sieg, sagt der Goalie. Zum Beispiel bei Mirlind Kryeziu, der nach Monaten als fast immer unbenötigter Ersatzspieler wieder einmal von Anfang an auf dem Platz steht, sich in den Zweikämpfen standfest wie eine 100-jährige Eiche zeigt und nach Spielende sagt: «Jeder Sieg mit einem entscheidenden Tor kurz vor Schluss sorgt für ein geiles Gefühl.»
Nur einer reagiert ziemlich kühl auf den Sieg. Murat Ural. Der 36-Jährige sagt zwar, dass er sich gefreut habe über das späte Tor. «Aber noch viel mehr gefreut habe ich mich darüber, wie wir gespielt haben: sehr solidarisch. Wir haben unseren Matchplan durchgezogen.»
Vielleicht tut dem FC Zürich gerade einer wie Ural gut. Ein Bremser. Der Schluss ist zwar hervorragend für das Team. Aber vorher ist vieles zäh. Der FC Zürich spielt mit Viererkette und nach vorne stossenden Aussenverteidigern – links ist Conceiçao dafür die überraschende Wahl. Im Mittelfeld ist Krasniqi als Ideengeber vorgesehen. Und vorne beginnen drei Stürmer. Rohner, Ligue und Okita. Dazu soll Marchesano aus dem Mittelfeld nach vorne drücken, er ist immer wieder wie eine vierte Spitze.
Der FCZ, ohne die gesperrten Katic und Conde sowie die verletzten Daprela und Guerrero, hat vor allem in der ersten Halbzeit sehr häufig den Ball. Aber er schafft es kaum einmal, seine vielen Offensivspieler in den Abschluss zu bringen. Am nächsten kommt Ifeanyi Mathew einem Treffer – mit einem Weitschuss aus gut 25 Metern, der an die Latte prallt. Auch in der zweiten Halbzeit tun sich die Zürcher im Offensivspiel schwer. Bis in die Schlussphase, in der sie einen Tick risikobereiter sind als die durchgehend auf Konter lauernden Luzerner, bei denen gleich fünf Spieler krankheitsbedingt fehlen.
Der FCZ verteidigt in den wenigen heiklen Momenten gut gegen die Luzerner «U-21-Selection», wie FCL-Trainer Mario Frick nach Spielschluss anmerkt. Wobei auch der FC Zürich mit sechs im Club ausgebildeten Spielern in den Match gestartet ist und später zwei weitere frühere Junioren einwechselt.
Brecher sagt nach Spielschluss, die Intensität habe ihm gefallen. Kryeziu freut sich neben dem späten Tor über die gute Arbeit der Abwehr. Sportchef Malenovic ist «happy nach einer turbulenten Woche». Und in einem Punkt sind sich alle einig. Im Spiel nach vorne gibt es noch viel Potenzial.
Die Aufstellung des FCZ
Comeback in der Startelf: Fabian Rohner spielt heute von Beginn an. Nachdem das Eigengewächs zu Beginn des Jahres noch zur U21 geschickt wurde und am letzten Wochenende erstmals seit längerer Zeit wieder bei den Profis mitspielen durfte, steht er heute direkt von Anfang an auf dem Feld. Mirlind Kryeziu ersetzt in der Innenverteidigung den gesperrten Katic und ein weiteres Eigengewächs startet von Anfang an: Calixte Junior Ligue bildet anstelle von Daniel Afriyie die Sturmspitze.
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Lesehinweis
Murat Ural hat sich am vergangenen Freitag in der Pressekonferenz das erste Mal den Fragen der Journalisten gestellt. Lesen Sie hier den Text meines Kollegen Thomas Schifferle dazu.
Hallo…
…und herzlich willkommen zum Spiel des FC Luzern gegen den FC Zürich. In der Innerschweiz wird der FCZ vom Tabellensechsten gefordert, der die Zürcher mit einem Sieg überholen könnte.
Ausgangslage:
Der FC Zürich konnte mit dem 1:0-Derbysieg gegen GC seine Negativserie beenden. Kurz darauf wechselte unter der Woche Trainer Bo Henriksen nach Mainz, und nun stehen das Co-Trainer-Duo Murat Ural und Umberto Romano (fehlt heute erkrankt) an der Seitenlinie des FCZ. Sportchef Milos Malenovic hat in den ersten Trainingseinheiten der neuen Trainer neuen Wind, neue Ideen, Dynamik, Kraft und Energie festgestellt. Ob dies nun auch beim ersten Ernstkampf ersichtlich ist, wird sich zeigen. Heute müssen die Zürcher auf die gesperrten Condé und Katic sowie den verletzten Guerrero verzichten.
Die Luzerner stellen das drittbeste Heimteam der Liga. In elf Spielen zu Hause haben die Innerschweizer erst zweimal verloren. Nach drei Siegen in Serie kassierte das Team von Trainer Mario Frick am letzten Wochenende eine 1:2-Niederlage in Winterthur. Das einzige Tor für die Luzerner erzielte der Neuzugang Adrian Grbic, der heute jedoch krank fehlt. Der aktuelle FCL-Toptorschütze Max Meyer fehlt dem Heimteam, wie auch schon gegen den FC Winterthur, ebenfalls.
Das letzte Aufeinandertreffen der beiden Teams im Letzigrund endete 1:1. Die Zürcher lagen sich in der 93. Minute und nach dem vermeintlichen Siegestreffer schon in den Armen – das Tor wurde jedoch vom VAR wieder aberkannt. Der FCZ will nach dem letzten Wochenende auch eine zweite Serie endlich beenden: die letzten vier Auswärtsspiele wurden allesamt verloren.
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