FC Basel: Als arbeite jeder gegen jeden
Nach der Pleite gegen YB haben sich die Spieler bei der Clubführung und Trainer Marcel Koller beschwert. Wie weiter?

Auf dem Trainingsplatz des FC Basel verläuft seit mehreren Wochen eine Linie. Man kann sie nicht sehen, man muss sie sich vorstellen. Und mit ihr am besten gleich noch ein grosses Schild, auf dem steht: «Bis hierhin und nicht weiter.» Marcel Koller hat diese Linie ziehen lassen, damit gelegentliche Besucher nicht das Gefühl haben, dass sie hautnah an die trainierenden Profis heranrücken könnten. Wer sich jetzt in die Gefahrenzone begibt, wird freundlich, aber bestimmt auf die Existenz der imaginären Absperrung hingewiesen.
Am Donnerstag dürfte Koller besonders froh über seine Idee gewesen sein. Das Training der Basler war besser besucht, als man das von einem regnerischen Dezembermorgen erwarten darf. Und die Besucher – alle von ihnen per Zufall Journalisten – waren gekommen, um Koller ganz genau ins Gesicht zu schauen. Ist dort Frust zu erkennen, Enttäuschung oder vielleicht sogar eine Spur von Erleichterung? Wirkt es ehrlich oder aufgesetzt? Und macht Koller den Eindruck, als sei er noch mit vollem Elan bei der Sache oder blickt er bereits teilnahmslos in die Ferne?
Die Zuschauer wollten wissen, ob auch zwischen dem Trainer und seiner Mannschaft eine Linie verläuft, die keiner sieht und die trotzdem existiert. Aber Koller zog sich mit seinen Spielern einfach so weit zurück, dass es aus der Distanz aussah wie eine ganz normale Trainingseinheit.
Mehr als genug Risse
Gestern hat der Blick die Geschichte bekannt gemacht, dass mehrere Basler Spieler sich nach der 1:3-Niederlage am Sonntag gegen den BSC Young Boys bei Koller, Sportchef Marco Streller und sogar bei Bernhard Burgener beschwert haben. Das bestätigen auch Recherchen der «Basler Zeitung». Mit dem Gespräch beim Präsidenten habe Koller die Mannschaft anschliessend konfrontiert – von den Spielern sei dann allerdings keine Rückmeldung mehr gekommen.
Aber auch so ist klar, dass etwas passiert ist in der fragilen Beziehung zwischen Team und Trainer. Und trotzdem greift es deutlich zu kurz, diesen Vorgang nur als Konflikt innerhalb der Kabine zu verstehen und losgelöst von allem anderen, was im Verein passiert.
Denn Risse und Linien gibt es innerhalb des FCB inzwischen mehr als genug. Dass die Spieler nach einem 1:3 im vermeintlichen Spitzenspiel der Super League nicht zufrieden sind, wenn ihr Trainer das Spielkonzept auf den Kopf stellt und versucht, sich gegen einen Gegner wie YB zum Erfolg zu mauern, ist nachvollziehbar. Aber auch die Vereinsführung soll sich ziemlich irritiert die Augen gerieben haben, als Koller bei der Pressekonferenz nach dem Spiel in aller Ruhe erklärte, dass seine Spieler konditionell nicht auf dem erforderlichen Niveau seien – nach etwas mehr als vier Monaten unter seiner Aufsicht.
Zögerlicher Segen
Im August hatte sich die sportliche Führung ja für die Verpflichtung von Marcel Koller entschieden, weil er vor allem eines war: nicht Raphael Wicky. Man wollte mehr Erfahrung und mehr Emotionen an der Seitenlinie. Dafür war man sogar bereit, ein Stück weit vom rotblauen Jugend-Konzept abzurücken und dem ehemaligen Nationaltrainer Österreichs so viele Befugnisse einzuräumen wie lange keinem Trainer.
Sportchef Streller soll damals schon einige Zeit gebraucht haben, um sich vollends von der Personalakte Kollers überzeugen zu lassen. Aber letztlich gab auch er seinen Segen zu der Verpflichtung des 58-Jährigen.
Vorläufiges Ergebnis
Zwei Dinge hat man sich von Kollers Verpflichtung versprochen: Dass er die Mannschaft dank seiner Erfahrung im Griff hat und jene Autorität ausstrahlt, die bei Wicky manchmal noch vermisst wurde. Und natürlich, dass der Zürcher schnell positive Ergebnisse liefert. Das tat Koller auch – allerdings nur bis zur Niederlage gegen Limassol. Seitdem ist er oft mit rätselhaften Entscheidungen aufgefallen, was seine Aufstellungen, seine Personalwahl und seine Verbundenheit mit dem Club betrifft. Auch nach vier Monaten in Basel wirkt Koller immer noch so, als sei er nie beim FCB angekommen; das sagen auch Stimmen innerhalb des Vereins.
Das vorläufige Ergebnis liest sich nun so: Der erste Europacup-lose Herbst seit 17 Jahren. Tabellenplatz 4, imposante 19 Punkte Rückstand auf die Young Boys und damit die Gewissheit, dass es auch in dieser Saison kaum etwas wird mit dem Meistertitel. Es sind weder Handschrift des Trainers noch Entwicklung der Spieler zu erkennen. Und damit einher geht die Erkenntnis, dass es so nicht weitergehen kann.
Das Konstrukt namens FC Basel ist in seiner aktuellen Anordnung so verwoben, dass sportlicher Erfolg nahezu ausgeschlossen ist. Im Moment wirkt es so, als arbeite jeder gegen jeden. Da ist Koller, der sich einem grösstenteils verärgerten Team gegenüber sieht. Da ist Streller, der neben dem Trainer nicht so funktionieren kann, wie das ein regulärer Sportchef eigentlich tun sollte. Da ist das kuriose Hierarchiekonstrukt mit COO Roland Heri, der zwar dem Sportchef Streller überstellt ist, dem Verwaltungsrat Streller jedoch unterstellt. Und nicht zuletzt ist da ein Präsident, der in einigem Abstand über den Entwicklungen in seinem Club schwebt.
Mächtige Frage
Um zehn Millionen Franken hat Burgener die Personalkosten gesenkt, soll seinem Sportchef aber nur punktuelle Investitionen genehmigen, statt ein Budget vorzugeben, mit dem Streller arbeiten und seine Vorstellungen verwirklichen kann. Zwar soll es bereits ein klärendes Gespräch zwischen Streller und Burgener gegeben haben. Aber es passt zur aktuellen Situation und seiner gesamten Amtszeit, dass Burgener im Ausland weilte, während in Basel sein Cheftrainer auf jegliche Gefühlsregungen abgetastet wurde.
Zwei Spiele bleiben dem FC Basel in diesem Jahr noch, um seine sportliche Situation zu verbessern (oder zu verschlechtern). Am Sonntag kommt der FC Zürich zum Klassiker, eine Woche später steht das Auswärtsspiel bei Murat Yakin und seinem FC Sion auf dem Programm. Aber spätestens seit Donnerstag (6. Dezember) ist ohnehin klar, dass die beiden Partien von einer viel mächtigeren Frage in den Hintergrund gedrängt werden: Wie reagiert der FC Basel?
Am Donnerstag gab es vonseiten des Clubs nur den unverfänglichen Verweis, dass intern Gespräche geführt würden – so wie immer interne Gespräche geführt werden. Aber es ist offensichtlich, dass der Verein vor oder in der Winterpause personelle Konsequenzen ziehen muss, um die aktuelle Situation aufzulösen. Jetzt geht es darum, unter all den entstandenen Linien innerhalb des Vereins eine zu finden, der alle folgen können.
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