Faktencheck von Bildern Fake oder nicht? Putins Kniefall und Trumps Festnahme analysiert
In den letzten Tagen erregten Bilder Aufsehen, die Wladimir Putin bei einem Kniefall vor Xi Jinping und Donald Trump bei seiner vermeintlichen Verhaftung zeigen. Wir legen dar, was es mit diesen Bildern auf sich hat.
Ist Donald Trump jetzt wirklich verhaftet worden? Und hat Kriegsherr Wladimir Putin einen Kniefall vor dem chinesischen Präsidenten Xi Jinping gemacht? Solche Fragen sind in Zeiten, in denen immer mehr Menschen Nachrichten nur noch über die sozialen Medien konsumieren, gar nicht so abwegig. Denn die Möglichkeiten, Bilder täuschend echt erscheinen zu lassen, werden immer besser. Text-zu-Bild-Generatoren wie Dall-E, Midjourney und Stable Diffusion erlauben es, anhand von Beschreibungen Bilder zu kreieren, die im besten Fall sehr nahe an fotorealistische Aufnahmen herankommen.
Zwar sind wir noch einige Schritte davon entfernt, dass man manipulierte Bilder gar nicht mehr als solche erkennen könnte, doch weit ist der Weg bis dorthin nicht mehr, wie Beispiele von annähend perfekten Video-Deepfakes von Prominenten zeigen. Diese greifen auf die grosse Menge an frei verfügbarem Bildmaterial der Berühmtheiten zurück. Neben den bildästhetischen Aspekten sind es aber auch einfache Gesichtspunkte wie die Frage, ob ein Ereignis effektiv stattgefunden hat, also in den Tageszeitungen überhaupt thematisiert wird, die ein Fakebild einfach als solches identifizieren lassen. Im Folgenden zeigen wir die gängigsten Methoden zur Verifikation von zweifelhaftem Bildmaterial auf.
Gesunder Menschenverstand
Die ersten Schritte, die Echtheit eines Bildes zu überprüfen, brauchen noch gar keine komplexen Vorgänge wie spezialisierte Computerprogramme oder professionelle Kenntnisse im Faktencheck. Man sollte sich zuerst einfach einmal fragen: Macht dieses Bild anlässlich der aktuellen Begebenheiten überhaupt Sinn? Wurde ein Haftbefehl gegen Trump erlassen? Ist Putin, der sein Land mit eiserner Faust führt, in solcher Bedrängnis, dass er den Ukraine-Krieg ohne chinesische Hilfe nicht mehr weiterführen kann? Das ist natürlich Unsinn. Zur Überprüfung reicht ein kurzer Blick in die Medien.
Komplexer wird es, wenn Situationen gezeigt werden, die tatsächlich so oder ähnlich stattgefunden haben. Putin hat Xi tatsächlich getroffen, könnte eine Kritikerin einwerfen. Daher ist das Bild zumindest theoretisch möglich.
Genaues Hinschauen
Damit sind wir bei der zweiten, noch nicht weiter anspruchsvollen Methode angelangt: Man schaut genauer hin. Beim Bild von Trumps vermeintlicher Verhaftung fällt einem schon nach kurzer Zeit auf, dass einige Details sehr unrealistisch wirken. Trumps Haare wirken wie ausgeschnitten und aufs Bild draufgeklebt. Das Gesicht des Polizisten mit aufgerissenem Mund wirkt ebenfalls wie ein schnell gemachter Scherenschnitt: Der Teint des vorderen Teils des Gesichts ist auffällig anders als der seitliche Teil und durch eine klare Linie getrennt. Am auffälligsten sind aber die Hände der Polizisten im Bildvordergrund. In zwei Fällen haben sie nur vier statt fünf Finger und sind stellenweise anatomisch seltsam verformt. Generell sind Hände, Finger und die korrekte Darstellung von dreidimensionalen Gesten auch für moderne künstliche Intelligenzen (KIs) immer noch ein Problem, da sie genaue Angaben zur abgebildeten Räumlichkeit voraussetzen, die nicht vorhanden sind.
Das zeigt sich auch bei einem weiteren Bild aus der Serie von Eliot Higgins, der mit der Bild-KI Midjourney die Serie zur Trumps vermeintlicher Verhaftung generiert hat. Auf diesem geht ein Teil von Trumps linker Hand durch den Arm eines vor ihm stehenden Polizisten hindurch.
Dahingegen sind KIs bei der fotorealistischen Erzeugung von menschlichen Gesichtern schon so weit, dass sich fast kein Unterschied mehr zu realen Personen feststellen lässt, wie der Random Face Generator der Seite This Person Does Not Exist aufzeigt. Hier sind es oftmals nur noch Details wie unecht wirkende Übergänge zwischen dem Gesicht und den Ohren oder Accessoires, welche die Bilder als computergeneriert enttarnen lassen.
Effektiver Ort eines Geschehens
Der nächste Schritt ist ein Abgleich mit dem realen Ort und der Zeit, an dem ein Ereignis stattgefunden hat. Im Fall des Treffens von Jinping und Putin existieren zahlreiche Pressebilder der russischen Presseagentur Sputnik, die das Zusammenkommen der beiden Staatschefs festgehalten haben. Hier sieht man bereits nach einem kurzen Blick, dass die reale Situation völlig anders ausgesehen hat: Der Raum, in dem das Gespräch stattgefunden hat, sieht komplett anders aus als auf dem Fakebild. Zudem trägt Xi einen schwarzen und keinen bläulichen Anzug.
Metadaten
Eine weitere, noch immer relativ einfache Methode, den Zeitpunkt einer Aufnahme zu überprüfen, ist, die Metadaten einer Fotografie genauer anzuschauen. Diese werden, wenn es um Parameter wie Uhrzeit, Blende, Belichtungszeit oder Brennweite geht, von der Kamera selber erzeugt und zusammen mit den Bilddaten in Formaten wie XMP, IPTC oder Exif abgespeichert. Die Metadaten lassen sich in der Regel durch einfaches Anwählen einer Bilddatei und das Anzeigen der «Eigenschaften» eines Fotos anzeigen. Diese Metadaten können allerdings mit relativ geringem Aufwand abgeändert werden und sind daher noch keine Garantie für die Echtheit einer Aufnahme.
Professionelles Faktenchecking
Für eine weitergehende Überprüfung der Echtheit eines Bildes stehen spezialisierte Web-Werkzeuge zur Verfügung. So kann man mithilfe von Bildsuchmaschinen wie TinEye oder Google Image herausfinden, wann ein Bild das erste Mal im Internet publiziert wurde, in dem man eine sogenannte Bildrückwärtssuche macht. Das Programm durchsucht das Internet dann auf alle Veröffentlichungen, die in Zusammenhang mit einer Abbildung gemacht wurden. Wenn ein Bild daher bereits lange vor dem effektiven Ereignis im Internet verfügbar war, kann es klar als gefälscht ausgeschlossen werden. Auch liefert solch eine Suche in der Regel zusätzliches Hintergrundwissen, da man überprüfen kann, von was für Personen ein Bild in welchem Kontext verwendet wurde.
Bei einer sogenannten Geolokalisierung versucht man alle Aspekte eines Bildes, die sich rekonstruieren lassen, zu überprüfen. Das fängt an bei der visuellen Verifikation von Details einer Umgebung wie sichtbaren Strassenschildern, Läden oder markanten Gebäudeteilen mit Werkzeugen wie Google Street View oder Mapillary, die es erlauben, Orte virtuell zu begehen. Bei sehr detaillierten Analysen werden das Wetter, der Sonnenstand und die Vegetation zum Aufnahmezeitpunkt eines Bildes akribisch rekonstruiert.
Internetprogramme wie AI Image Detector der auf Machine Learning spezialisierten französischen Firma Hugging Face geben einem Wahrscheinlichkeitsangaben für die Künstlichkeit eines Bildes. Sie tun dies, indem sie nach digitalen Artefakten wie unregelmässigem Bildrauschen oder Unschärfen suchen. Zudem gibt es verschiedene auf Faktencheck spezialisierte Websites, die zweifelhaftes Bildmaterial einer detaillierten Analyse unterziehen.
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