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Keine Ukrainer geflüchtet
Evakuierungspläne in Mariupol gescheitert

Menschen legen sich während eines Raketenangriffs auf den Boden eines Krankenhauses in Mariupol.
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Die geplante Einrichtung eines humanitären Korridors für die Stadt Mariupol im Südosten der Ukraine ist vorerst gescheitert. Das teilte das Internationale Komitee vom Roten Kreuz (IKRK) mit. «Die Szenen in Mariupol und anderen Städten heute brechen einem das Herz», erklärte das IKRK. Die Organisation bleibe im Kontakt mit allen Beteiligten, um einen sicheren Rückzug von Zivilisten aus verschiedenen von dem Konflikt betroffenen Städten zu ermöglichen. Das IKRK sollte nach ukrainischen Angaben die Feuerpause für die eigentlich für diesen Samstag geplanten Evakuierungen garantieren.

Wäre der Plan aufgegangen, hätten – so die Schätzung der Ukraine – 200'000 Zivilisten Mariupol verlassen können und 15'000 weitere die Stadt Wolnowacha. Auf diesem Weg hätten sich die Menschen vor den russischen Angriffen in Sicherheit bringen können. Vertreter Russlands und der Ukraine hatten jüngst die Einrichtung sogenannter humanitärer Korridore vereinbart.

Entsprechend hatte das russische Verteidigungsministerium am Samstagmorgen eine Feuerpause angekündigt. In einem Zeitraum von sieben Stunden hätten Stromtrassen repariert und Hilfsgüter in die beiden ukrainischen Städte transportiert werden können.

Ein junges Paar trauert um ihren 18 Monate alten Sohn, der bei den russischen Angriffen auf Mariupol ums Leben kam.

Aber zur Einrichtung des humanitären Korridors, der etwas mehr als 220 Kilometer von Mariupol in Richtung Südwesten, nach Saporischschja, hätte führen sollen, ist es nicht gekommen, die Evakuierung wurde verschoben. Wie die russische Nachrichtenagentur Ria unter Berufung auf das Verteidigungsministerium in Moskau meldet, haben keine Ukrainer die humanitären Korridore bei Mariupol und Wolnowacha genutzt.

Zudem teilte das Verteidigungsministerium mit, der verabredete humanitäre Korridor sei beschossen worden. Schüsse seien zudem von Mariupol aus im Gebiet Donezk in der Südostukraine auf Stellungen russischer Truppen abgefeuert worden. Separatisten im Gebiet Donezk werfen der Ukraine vor, «ukrainische Nationalisten» würden «Provokationen» vorbereiten.

Umgekehrt erklärte die Stadt Mariupol im Nachrichtenkanal Telegram, die russische Seite halte sich nicht an die Waffenruhe. «Aus Sicherheitsgründen wird deshalb die Evakuierung verschoben.» Welche Seite sich nun nicht an die Vereinbarung gehalten hat, ist schwer nachzuvollziehen.

Ein junger Mann wird ins Spital gebracht, nachdem er bei russischen Angriffen verwundet wurde.

Russlands Aussenminister Sergej Lawrow hat die Ukraine zum Einhalten einer Waffenruhe rund um die Hafenstadt Mariupol und die Stadt Wolnowacha aufgerufen. «Wir zählen darauf, dass dieses Abkommen klar umgesetzt wird, unser Militär hat seine Arbeit dazu getan», sagte Lawrow am Samstag in Moskau der Agentur Interfax zufolge. «Das Wichtigste ist, dass die Menschen durch humanitäre Korridore aus den Städten und Dörfern herauskommen.»

Am Nachmittag dann setzte das russische Militär eigenen Angaben zufolge seine Angriffe auf Mariupol und Wolnowacha fort. Die Kampfhandlungen seien um 16 Uhr (MEZ) nach einer mehrstündigen Feuerpause fortgesetzt worden, teilte das Verteidigungsministerium in Moskau am Samstagabend laut Agentur Interfax mit.

Humanitäre Korridore bergen Risiken

Die Einrichtung humanitärer Korridore birgt – jenseits der schwierigen Koordination zwischen den Kriegsparteien – weitere Risiken. Wenn die Menschen ihre Häuser verlassen, haben die Angreifer von russischer Seite freie Hand. Sei es, um sich in den betroffenen Gebieten festzusetzen, sei es, um sie zu zerstören, ohne Menschen töten zu müssen.

Ebenso könnte die russische Armee im Falle eines humanitären Korridors entlang der Evakuierungszone aufrüsten. Wenn eine solche vorübergehende Feuerpause länger dauere, gebe es die Möglichkeit, ohne eine relative Bedrohung der anderen Seite «Kräfte umzugruppieren oder Kräfte nachzuführen» sowie Nachschub bei der Versorgung zu organisieren, erklärte der frühere Nato-General Egon Ramms im ARD-Morgenmagazin. Dann wäre dies eine Pause zum Atemholen, die auch erlaubt, bestimmte militärische Operationen vorzubereiten.

Vorerst wird das jedoch nicht passieren. Aber ebenso wenig werden sich Tausende Ukrainer in Sicherheit bringen können. Bereits am Mittwoch hatte Bürgermeister Wadym Bojtschenko erklärt, Mariupol sei ohne Wasser, Heizung und Strom. Über einen neuen Zeitplan für die Einrichtung des Korridors ist bislang nichts bekannt. Aus Mariupol hiess es lediglich, man werde weiter verhandeln über eine Feuerpause und die Frage, wie ein «sicherer humanitärer Korridor gewährleistet» werden könne.