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Warnung der Krankenkassen
Es drohen mehrere Jahre mit hohem Prämienanstieg

Die Kosten für ambulante Behandlungen steigen stark an: Ein Arzt führt eine Ultraschalluntersuchung am Bauch einer Patientin durch. 
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Die Gesundheitskosten in der Schweiz steigen derzeit so stark wie schon lange nicht mehr. Für das kommende Jahr rechnet der Kassenverband Santésuisse deshalb mit einem Prämienanstieg von rund 10 Prozent. Zwar können die Erhöhungen je nach Kanton unterschiedlich hoch ausfallen. Santésuisse-Chefökonom Christoph Kilchenmann hält jedoch einen Anstieg im gesamtschweizerischen Schnitt von 10 Prozent für angezeigt, um die aufgelaufenen Kosten zu decken. Keinesfalls sollten die Kassen wie vor einem Jahr den Anstieg mit einem Reservenabbau dämpfen, so Kilchenmann.

Im letzten Herbst konnte Gesundheitsminister Alain Berset dank Reservenabbau der Kassen einen Rückgang  der mittleren Prämie um 0,2 Prozent bekannt geben. Nun bekommen die Versicherten nach Ansicht von Santésuisse die Quittung für die faktische Nullrunde bei den Prämien 2022. Die Gesundheitskosten stiegen hingegen 2021 um 6,4 Prozent an, was unter anderem auf nachgeholte Behandlungen zurückzuführen ist, die während des ersten Corona-Jahres aufgeschoben wurden. Für dieses und nächstes Jahr rechnet Santésuisse mit einem Kostenwachstum von jeweils rund 4 Prozent. 

Eigentlich sollten die Prämienerhöhungen die Kostenentwicklung abbilden. Falls Kassen tatsächlich zu hohe Reserven oder in einem Jahr zu hohe Prämien einkassiert hätten, könnten sie ihren Versicherten nachträglich Geld zurückerstatten, sagte Santésuisse-Direktorin Verena Nold am Dienstag vor den Medien. Dies sei der richtige Weg, und nicht zu tief angesetzte Prämien. «Die Höhe der Reserven darf nicht politisch gelenkt werden, sondern muss Sache der Krankenversicherer sein», sagte Nold.

Kantone sollen weniger Ärzte zulassen

Ohne Gegensteuer drohen den Versicherten nicht nur 2023 happige Prämienaufschläge, sondern auch in den folgenden Jahren. Einer der Kostentreiber sind die ambulanten Behandlungen in Spitälern und Arztpraxen. Nold fordert insbesondere von den Kantonen mit hoher Ärztedichte eine Beschränkung der Zahl der frei praktizierenden Ärztinnen und Ärzte.  

Die Kantone haben die Möglichkeit, für medizinische Fachgebiete oder in bestimmten Regionen die Anzahl der Ärzte und Ärztinnen zu beschränken. Die entsprechende Neuregelung der Zulassungssteuerung ist seit Anfang 2022 in Kraft. «Die Kantone müssen nun rasch handeln», sagte Nold. Jede neue Arztpraxis verursache Kosten von rund einer halben Million Franken pro Jahr. In den letzten zehn Jahren sei die Zahl der Spezialärztinnen und -ärzte um ein Drittel gestiegen. Bei den Hausärztinnen und Hausärzten betrug die Zunahme 17 Prozent, jedoch ist die Stärkung der Hausarztmedizin politisch teilweise gewollt. 

Einsparpotenzial gibt es auch bei den Medikamenten. Vor allem die Generikapreise sind in der Schweiz deutlich höher als in anderen europäischen Ländern. Santésuisse fordert eine Absenkung der Preise auf das ausländische Niveau. Allerdings hat das Parlament einen Vorschlag Bersets abgelehnt, der einen Referenzpreis für Generika beziehungsweise für die enthaltenen Wirkstoffe einführen wollte.

Kostentreibend sind jedoch nicht nur die Generika, sondern auch teure Medikamente mit Patentschutz. Grosse Kostenblöcke sind die Krebstherapeutika und die Immunsuppresiva, die beide mit je über einer Milliarde Franken bei der Grundversicherung zu Buche schlagen. 

Rückschlag für Berset

Um wie viel die Prämien im nächsten Jahr steigen, geben Berset und das Bundesamt für Gesundheit (BAG) voraussichtlich Ende Monat bekannt. Ein Aufschlag im Bereich von 10 Prozent wäre für Berset ein herber Rückschlag, nachdem er in den letzten Jahren unterdurchschnittliche Erhöhungen bekannt geben konnte.

Dies erreichte er unter anderem mit Tarifeingriffen und Medikamentenpreissenkungen. 2021 betrug der Anstieg der mittleren Prämie 0,5 Prozent, 2020 waren es 0,2 Prozent und 2019 1,1 Prozent. Dass nun ein Prämienschock auf den Reservenabbau folgt, scheint jedoch kein Zufall zu sein. 2008 gab der damalige Gesundheitsminister Pascal Couchepin eine Prämiensenkung von 1 Prozent bekannt, die durch Reservenabbau möglich wurde. 2010 musste sein Nachfolger Didier Burkhalter einen Anstieg von 8,5 Prozent hinnehmen. Unter Ruth Dreifuss kam es nach 1998 zu einem solchen Nachholeffekt.