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Amber Heard vor Gericht
«Er wird mich töten und es nicht einmal merken»

Verlor bei ihrer Aussage immer wieder die Fassung: Amber Heard im Zeugenstand.
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Es war der vorläufige Höhepunkt im Gerichtsspektakel zwischen den ehemaligen Eheleuten Amber Heard und Johnny Depp. Erstmals betrat sie am Mittwoch nach beinahe fünf Wochen den Zeugenstand, um ihre Seite zu schildern.

Die Haare in blonde Wellen gelegt wie ein Filmstar der Vierzigerjahre und gekleidet in ein ecrufarbenes, hochgeschlossenes Seidenkleid und ein dunkles Jäckchen, erzählte die Schauspielerin den ganzen Mittwoch und Donnerstag, wie sie von Johnny Depp über Jahre missbraucht worden sei. 

Soll Heard mehrfach die Nase gebrochen haben: Johnny Depp vor Gericht.

Gemäss Heards Erzählung muss ihre Beziehung von Anfang an stürmisch gewesen sein. Anfangs habe Depp sie und ihre Familie mit Geschenken überhäuft, habe ihren ganzen Freundeskreis bei sich aufgenommen und sei unheimlich grosszügig gewesen. Abgesehen davon aber habe sich von Anfang an auch seine dunkle Seite gezeigt. Heards Team verwendete viel Zeit darauf, auf Depps angeblichen Alkohol- und Drogenmissbrauch einzugehen. Die Drogen seiner Wahl seien dabei Cannabis, Kokain und schliesslich opiathaltige Schmerzmittel gewesen.

Beschimpfungen, Ohrfeigen, Prügelattacken

Fast von Anfang an sei es auch zu Übergriffen gekommen, so Heard weiter, beginnend mit Beschimpfungen und Ohrfeigen, sich steigernd zu brutalen Prügelattacken. Er habe sich bei verschiedenen Gelegenheiten auf sie geworfen, ihren Kopf gegen die Wand geschlagen und an den Haaren gerissen. Mehrmals habe er ihr auch die Nase gebrochen. «Er wird mich töten», habe sie sich bei einer dieser Attacken gedacht, «und er wird es nicht einmal realisieren.»

Heard machte während ihrer Aussage zunächst einen unnahbaren Eindruck, wurde mit der Zeit aber aufgebracht. Sie schluchzte immer wieder auf, ohne dass tatsächlich Tränen geflossen wären, und blickte auch verschiedentlich zu ihrem Ex-Mann. Dieser aber lauschte ihren Worten mit gesenktem Kopf und vermied es, sie direkt anzuschauen.

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Wie bei Depp gipfelte auch Heards Aussage im Bericht jener ominösen Nacht in Australien, als Depp einen Teil seines Fingers verlor. Er hatte behauptet, Heard habe ihn abgetrennt, als sie ihn mit einer Flasche attackierte.

Heard schilderte es vollkommen anders: Depp habe im Vorfeld während dreier Tage Alkohol und Drogen konsumiert, ohne zu schlafen. Dann habe er sie aus dem Nichts angegriffen. Er habe sie gewürgt, geschlagen, bedroht. Er habe mit der Faust an die Wand geschlagen, dabei ein Telefon zerstört und sie mit zahllosen Flaschen beworfen. Dann habe er sie durch die Scherben geschleift und sie schliesslich mit einer abgebrochenen Flasche bedroht, die er ihr an den Hals gepresst habe. Irgendwann sei sie schlafen gegangen, und als sie am nächsten Morgen aufgestanden sei, habe sie das Haus zerstört vorgefunden, voller Blut und mit kryptischen Botschaften an den Wänden.

Auch beim zeitlichen Ablauf gerät ihre Erzählung immer wieder durcheinander. 

Anders als Depp, der zwar stockend, aber sehr ruhig und kohärent war bei seiner Aussage, verlor Heard bei diesem Bericht mehrfach die Fassung und musste die Aussage unterbrechen, um sich wieder zu sammeln. «Ich will das nicht tun», schluchzte sie zweimal, bevor sie die Erzählung wieder aufnahm.

Kryptische Botschaften: Fotos vom Vorfall in Australien.

Noch wurde Heard von Depps Team nicht ins Kreuzverhör genommen. Dies steht erst übernächste Woche an, denn der Prozess wird nun für eine Woche ausgesetzt, bevor er am 16. Mai weitergeht. Aber jetzt schon ist klar, dass Heard im Kreuzverhör einen schweren Stand haben wird.

Zunächst sind ihre Aussagen im Vergleich zu denen von Depp nicht besonders detailliert oder konsistent. So sagt sie zum Beispiel immer wieder, sie könne sich nicht genau erinnern, wo er sie getroffen und wie er sie verletzt habe, wogegen er den Hergang sehr anschaulich erzählte. Auch beim zeitlichen Ablauf gerät ihre Erzählung immer wieder durcheinander. Und sie blendet ihre eigene aggressive Rolle, die durch die zahlreichen Audioaufnahmen belegt sind, vollständig aus. 

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Die Jury wird auch ein genaues Auge auf Heards Reaktionsmuster haben, denn sollte sie tatsächlich unter den von Depps Team diagnostizierten Persönlichkeitsstörungen leiden, wird es ihr schwerfallen, ihre Gefühle dabei unter Kontrolle zu halten. Entscheidend aber wird eine andere Frage sein: Hat Amber Heard durch ihren Artikel Depps Karriere zerstört – oder war er das selbst mit seinem Alkohol- und Drogenmissbrauch? Und hat er nie, kein einziges Mal, Heard geschlagen, so wie er behauptete? Die Woche vom 16. Mai wird hoffentlich darüber Aufschluss geben.