Nachruf auf ElektropionierEr war ein Roboter
Kraftwerk haben mit ihrer elektronischen Musik ganze Generationen von Musikern geprägt. Jetzt ist Gründungsmitglied Florian Schneider im Alter von 73 Jahren an Krebs gestorben.
Er ist vermutlich der berühmteste Unbekannte der letzten fünfzig Jahre Popgeschichte, und das liegt unter anderem daran, dass Florian Schneider (fast) nie Interviews gab, sondern alles dem «heimlichen» Kraftwerk-Frontmann Ralf Hütter überliess. Und nein, Reden war auch dessen Sache nicht.
Hütter und Schneider, die Gründerväter dieser wegweisenden deutschen Band, fanden 1968 zusammen, zunächst unter dem Namen Organisation, später wurde daraus Kraftwerk. Und Schneider hatte massgeblichen Anteil daran, dass sich die Band vom damals gängigen Krautrock löste, Mitmusiker ein- und auswechselte und sich schliesslich als Vorreiter des synthetischen Klanggewands positionierte.
Das Industrielle im Klang – es war sozusagen die Erbmasse aus der Industriestadt Düsseldorf und vielleicht auch die seines Vaters, eines Architekten, die den 1947 geborenen Schneider antrieben und ihn zum Multiinstrumentalisten werden liessen. Aus der Querflöte entwickelte er eine elektronische Flöte, er spielte Geige und experimentierte mit künstlichen Stimmen und Effekten.
Der Vergleich mit den Beatles ist eine Untertreibung
Schneider war, gemeinsam mit Hütter, Hauptverantwortlicher für den episch-minimalistischen Durchbruch der Band, den 22-minütigen Song «Autobahn» (1974). Nur ein Jahr später folgte «Radioaktivität». Monotonie und Melancholie vereinten sich da im Gewand einer anonymen Roboterbrigade. Oder wie es der britische Künstler David Hockney formulierte: «Wer Musik verstehen will, muss diese Stille verstehen.» Kam hinzu, dass Kraftwerk statt des gängigen Starkults eine Entpersonalisierung ihrer selbst betrieben und der totalen Unsichtbarkeit zustrebten.
Im Verlauf der Jahre perfektionierte die Band ihr Sounddesign im eigenen Kling-Klang-Studio, und man avancierte, wie es die «New York Times» treffend bezeichnete, zu den «Beatles der elektronischen Tanzmusik». Eine Untertreibung, natürlich.
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Depeche Mode, Duran Duran, Moby, Daft Punk, Rammstein – die Bands und Künstler, die ohne Kraftwerk undenkbar gewesen wären, sind ohne Zahl. New Order benannten einen Song nach ihnen («Krafty»), David Bowie ehrte den jetzt Verstorbenen mit dem Song «V-2-Schneider», und sogar im Kultfilm «The Big Lebowski» der Coen-Brothers wird eine Band namens Autobahn erwähnt.
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2009 verliess Schneider Kraftwerk, die Mitteilung bestand aus sechs dürren Sätzen. Minimalismus pur, selbst im Abschied. Was wiederum an die Anfangszeit von «Ralf und Florian» (der Name eines frühes Kraftwerk-Albums) denken liess, die mal sagten: «Wir können nicht so gut reden, darum machen wir Musik.» Schneider wurde 1998 als Professor für Medienkunst und Performance nach Karlsruhe berufen. Laut einem Sprecher der Hochschule soll er die Stelle allerdings nie angetreten haben. Für einen Öffentlichkeitsscheuen wie Schneider wäre das typisch. Jetzt ist er im Alter von 73 Jahren an Krebs gestorben.
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