Marokkos WM-Held Sofiane BoufalEr tanzt mit seiner Mutter und sagt: «Sie ist meine Lunge»
Dieses Bild geht um die Welt: Marokkos Sofiane Boufal feiert den Viertelfinalerfolg gegen Portugal mit seiner Mutter. Ihr hat er alles zu verdanken.
Sofiane Boufal tanzt. Mit Marcos Llorente, dem Spanier, der das eigentlich gar nicht will. Aber es geht jetzt halt nicht anders. Boufal tanzt nach links, dann tanzt er nach rechts, dann tanzt er an Llorente vorbei. Einfach so.
Sofiane Boufal tanzt. Mit Amadou Onana, dem Belgier, dem das irgendwie alles zu schnell geht. Ein kleiner Wackler mit der Hüfte, dann steht auch er allein auf dem Rasen und muss mit ansehen, wie Boufal auf seinen nächsten Gegner zutanzt.
Sofiane Boufal tanzt. Mit Bruno Fernandes, dem Portugiesen, der ja selbst ein ganz hervorragender Tänzer ist. Doch dieses Mal kann der nur zuschauen, wie Boufal den Ball vom einen Fuss auf den anderen legt, mit der Hacke. Danach sprintet er davon.
Man wird in vielen Jahren zurückdenken an diese WM in Katar und man wird sich an Marokko erinnern. Das erste afrikanische Team, das es bis in den Halbfinal geschafft hat. Man wird sich an die Tore erinnern, die Freude, die Einheit. Und an Sofiane Boufal.
Seinen bislang schönsten Tanz hat er sich für den Sieg im Viertelfinal gegen Portugal aufgehoben. Nach dem Schlusspfiff stehen die Spieler Marokkos auf dem Rasen, sie singen, sie tanzen, sie jubeln. Mittendrin steht Boufal und tanzt mit seiner Mutter.
Zoubida Belmoulat ist der Grund, dass Boufal es so weit geschafft hat. Sie zieht ihn und seine Geschwister in einem Stadtteil von Angers allein auf, nachdem sie und ihr Mann sich getrennt haben. Während sie mit den drei Kindern in Frankreich bleibt, geht der Vater nach Marokko. Inzwischen ist er verstorben.
Jeden Morgen um 6 Uhr verlässt Zoubida Belmoulat das Haus, um die Wohnungen anderer zu reinigen und Geld zu verdienen. Erst am Abend kehrt sie zurück. Sie tut alles für die Kinder, und trotzdem wird am Ende jedes Monats das Geld knapp.
Boufal will einen Teil zurückgeben
«Wenn jemand alles für dich opfert, dann ist es das Mindeste, immer alles zu geben», hat Boufal vor einigen Jahren mal gesagt. «Ich wollte es für meine Mutter schaffen.» Er ist früh von der Schule gegangen, um zu Hause zu helfen, und er hat auch sonst viel verzichtet.
Während seine Mitspieler am Abend ins Kino gehen, auf Partys oder sich mit Mädchen treffen, gibt es für Boufal immer nur Fussball. «Ich wollte für meine Mutter Profi werden. Um ihr zumindest einen Teil von dem zurückzugeben, was sie mir gegeben hat», sagt Boufal.
Als er seinen ersten Profivertrag bei Angers unterschreibt, behält er jeden Monat 200 Euro für sich, der Rest ist für die Familie. Als er 2015 nach Lille wechselt, ist für ihn klar, dass seine Mutter nicht mehr arbeiten soll. 2016 wechselt er für 18 Millionen Euro zu Southampton in die Premier League. Er hat es geschafft.
In Katar erlebt Boufal im Trikot von Marokko seinen grössten Erfolg. Er hat nie eine solche Karriere gemacht wie Marcos Llorente, Amadou Onana oder Bruno Fernandes, seine Tanzpartner. Inzwischen spielt er wieder für Angers, den Tabellenletzten der Ligue 1. Doch das alles ist gerade weit weg.
Boufal und Marokko haben Geschichte geschrieben und können sie am Mittwochabend im Halbfinal gegen Frankreich fortsetzen. Die Energie wird immer weniger, das hat man im Spiel gegen Portugal gespürt. Doch der Wille der Spieler scheint umso grösser.
Um Sofiane Boufal muss man sich ohnehin keine Sorgen machen. Lange vor dem Freudentanz mit seiner Mutter auf der grössten Bühne des Fussballs hat er vor vielen Jahren gesagt, dass seine Mutter ihm immer die nötige Kraft gebe. «Sie ist meine Lunge.»
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