Pro und kontra Salary-Cap im EishockeyEndlich Fair Play! Nein, das ist Planwirtschaft!
Die Eishockeyclubs diskutieren am Mittwoch über die Einführung einer Salärobergrenze pro Team. Das Wundermittel, um die Löhne zu senken? Oder eine hemmende Gleichmacherei?
«Die Dringlichkeit ist so hoch wie nie.»
Die Vernunft hat gesiegt. Hundertfach gehört und gelesen. Doch eigentlich verhält es sich im Sport eher so: Das Streben nach Siegen macht unvernünftig.
Die höchste Schweizer Liga ist attraktiv, die Stadien sind hervorragend ausgelastet. Dennoch sind Zuwendungen von Mäzenen und betriebsfremde Einnahmen für die Vertreter der National League existenziell. Weil Ausgaben und Löhne zu hoch sind. Und weil bei den Verantwortlichen die Vernunft spätestens dann weicht, wenn sie um (fast) jeden Preis den Abstieg verhindern oder den Titel holen wollen.
Etliche Ligavertreter haben in der Vergangenheit bewiesen, dass es mit der Selbstverantwortung nicht weit her ist, sie mit der Kostenkontrolle überfordert sind, sobald ein überdurchschnittlicher Spieler feilgeboten wird. Ebendiese Selbstverantwortung wäre gerade jetzt gefragt, weil einigen Clubs durch die Folgen von Corona der Verlust der Liquidität droht. Andere können dem finanziellen Minus mit einem beachtlichen Plus an Abstützung und Geldgebern entgegenwirken. Womit die Liga kurz- und mittelfristig zu verlieren droht, was sie populär gemacht hat: Wettbewerb und Ausgeglichenheit. Deshalb braucht die National League ein unabhängiges, regulierendes Instrument: den Salary-Cap light.
Der Vorschlag mit Salärobergrenze und Luxussteuer wird nicht für die totale Ausgeglichenheit sorgen – zum Glück nicht. Aber er kann das Biotop National League im Gleichgewicht halten. Natürlich stehen in Bezug auf die Umsetzung viele Fragen offen. Die Antworten müssen gefunden werden – jetzt. Die Dringlichkeit ist hoch wie nie zuvor!
Das treffende Zitat liefert der frühere irische Schriftsteller Bernard Shaw: «Der einzige Mensch, der sich vernünftig benimmt, ist mein Schneider. Er nimmt jedes Mal neu Mass, wenn er mich trifft, während alle anderen die alten Massstäbe anlegen – in der Meinung, sie passten auch heute noch.»
«Das Schweizer Eishockey ist kein Versuchslabor.»
Das Vorhaben einiger National-League-Clubs, mit einem Salary-Cap light nach nordamerikanischem Vorbild die Spielerlöhne zu senken und für (noch) mehr Parität zu sorgen, ist gut gemeint. Doch gut gemeint ist oft das Gegenteil von gut gemacht. So auch hier. Es gibt kein Wundermittel, um eine vernünftige Unternehmensführung zu erzwingen. Jedes System ist nur so gut wie jene, die es ausführen. Wie auch das Beispiel der NHL zeigt, findet sich schnell eine Vielzahl legaler Schlupflöcher. Und dann ist der ganze Aufwand umsonst gewesen.
Das Schweizer Eishockey zum Versuchslabor für den europäischen Clubsport zu machen, ist sogar gefährlich. Man kann nicht eine Komponente eines komplett anderen Sportsystems isoliert übernehmen. Ist die NHL eine geschlossene, zentral geführte und vermarktete Profiliga, lebt die National League gerade von ihrer Diversität. Kein Club funktioniert wie der andere, jeder sucht seinen eigenen Weg, angepasst an die lokalen Gegebenheiten.
Setzt der eine auf ein Gastromodell, profitiert ein anderer von einem breiten Donatorenclub oder einem Mäzen, andere suchen ihr Glück bei ausländischen Investoren. Alle stets getrieben davon, es besser zu machen als der andere. Das Schweizer Eishockey lebt von diesen Rivalitäten, auf wie neben dem Eis. Alle über einen Kamm zu scheren, wäre hemmend. Zumal die Liga zuletzt so ausgeglichen war wie noch nie – auch ohne «Financial Fair Play». Von Planwirtschaft zu sprechen, wäre treffender.
Kommt dazu, dass hinter die praktische Umsetzbarkeit grosse Fragezeichen zu setzen sind. Sollte ein Club oder ein Spieler ausscheren, ein juristisches Hickhack wäre garantiert. Und stellen Sie sich vor, ein Club hat in den letzten Runden der Qualifikation nichts mehr zu gewinnen (oder zu verlieren) und setzt nur noch Junioren ein, um die Salärlimite nicht zu überschreiten. Dann hätten wir die Bescherung.
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