Bitteres EM-AusDer Schweizer Traum platzt im Penaltyschiessen
Den Schweizern fehlen in der Verlängerung des EM-Viertelfinals Zentimeter zum grossen Triumph. Im Elfmeterschiessen schlagen die angezählten Engländer zurück.
Noch einmal kommen die Schweizer dem Triumph ganz nahe. Nur Zentimeter fehlen ihnen in der Verlängerung des EM-Viertelfinals gegen England zur grossen Erlösung. Die 118. Minute läuft, als der eingewechselte Xherdan Shaqiri einen Corner tritt. Und dass dieser kein gewöhnlicher Spieler ist, zeigt sich jetzt einmal mehr. Er will den Ball nicht einfach zur Mitte bringen, nein, er will ihn direkt im Tor unterbringen. Sein frecher Versuch dreht und dreht, bis er ans Lattenkreuz prallt. Englands Goalie Jordan Pickford wäre chancenlos gewesen. Die Karriere Shaqiris ist beinahe um ein glorioses Tor reicher.
Die Schweiz hat auf das 2:1 gedrückt. Doch die Engländer retten sich ins Penaltyschiessen. Angezählt, aber nicht geschlagen.
Und da liegt das Problem für die Schweizer. Die Engländer fangen sich, sie verwandeln in der ultimativen Entscheidung einen Penalty nach dem anderen souverän. Ihre individuelle Qualität kommt doch noch zum Tragen. Nur einmal kommt Goalie Yann Sommer überhaupt in die Nähe einer erfolgsversprechenden Parade. Und weil Manuel Akanji den ersten Versuch für die Schweizer vergeben hat, liegt das Team von Murat Yakin zurück. Es ist ein Rückstand, der sich nicht mehr korrigieren lässt.
Alexander-Arnold verwandelt auch den fünften Penalty der Engländer, sie halten sich schadlos. Während sie feiernd los stürmen, macht sich bei den Schweizern Konsternation breit. Manche weinen, manche stehen einfach nur da. Zu gross ist die Leere, die sie in diesem Moment zu verarbeiten haben.
Wie an der EM 2021 scheitert die Schweiz im Viertelfinal im Penaltyschiessen, gegen einen Grossen des Weltfussballs. Auch wenn die Engländer diesem Ruf oft nicht gerecht werden. Es ist ein bitteres Ausscheiden, ein sehr bitteres sogar. Es wird diese Schweizer Mannschaft, die auf dem Zenit ist, noch länger beschäftigen. Und ausgerechnet Akanji, in der Verteidigung die grosse Figur des Turniers, ist der Pechvogel. Er hatte bereits vor drei Jahren gegen Spanien nicht getroffen – damals allerdings scheiterten mit Fabian Schär und Ruben Vargas zwei weitere Schweizer.
Die aufbauenden Worte kommen von Granit Xhaka, der Captain beweist in der Niederlage Grösse. Er sagt: «Im Elfmeterschiessen muss es immer jemanden erwischen.» Und dann lobt er Akanji überschwänglich.
Embolos 1:0 reicht nicht
Die Schweizer hatten in diesem Match ihre Zeit gebraucht, um die Zurückhaltung abzulegen. So als wäre ihnen erst im Verlauf des Spiels richtig bewusst geworden, wie gross die Gelegenheit ist, die sich ihnen bietet. Als müssten sie erst begreifen, dass diese Engländer wirklich zu packen sind. Dass der Halbfinaleinzug greifbar nahe ist.
Doch im Verlauf der zweiten Halbzeit legen die Schweizer die Zurückhaltung ab. Sie sind es jetzt, die die Initiative ergreifen – nicht die grossen Stars von der Insel. Sie haben lange Ballbesitzphasen, sie umkreisen den englischen Strafraum. Bloss die zündende Idee haben sie nicht.
Doch dann kommt die 75. Minute. Über Schär und Ndoye gelangt der Ball zur Mitte. Und dort zeigt Embolo, weshalb ihn Yakin für unverzichtbar hält. Der Mittelstürmer wirft sein ganzes Körpergewicht in den Zweikampf und grätscht den Ball ins Tor. Die Schweizer führen, sie haben in Düsseldorf den grossen Triumph vor Augen.
Aber nicht für lange. Wie schon im Achtelfinal haben die Engländer eine Antwort auf den Rückstand bereit. Diesmal nicht erst in der Nachspielzeit, diesmal schlagen sie schon in der 80. Minute zu. Saka, ihr auffälligster Spieler an diesem frühen Abend, verschafft sich am Strafraum Platz und trifft mit einem Schlenzer. Es ist für die Engländer überhaupt der erste Schuss aufs Tor.
Umso bitterer ist der Ausgleich für die Schweizer. Aber sie verlieren darob nicht den Kopf, sie stehen weiterhin kompakt. Und laufen vorerst nicht Gefahr, noch alles zu verspielen.
Der Viertelfinal geht in die Verlängerung, dann ins Penaltyschiessen. Die Schweizer fordern den Engländer alles ab. Sie verlieren. Aber sie können stolz sein.
61’
Schon wieder Corner für die Schweiz. Rieders Versuch missglückt. Aber das Team von Yakin hat hier jetzt die Initiative übernommen.
59’
Das war eine gute Kontermöglichkeit für die Schweiz. Ndoye kriegt einen langen Ball auf der rechten Seite, doch er verpasst den richtigen Zeitpunkt für das Zuspiel auf Rieder. Immerhin gibt es nun Eckball.
Keine Garanten für Spektakel
Heute noch keinen Torschuss und in den letzten vier EM-Spielen erst insgesamt 13. Für eine solch klangvolle Offensive, wie sie die Engländer haben, ist das eine sehr schwache Ausbeute. Den Schweizern kann es recht sein.
57’ Chance Embolo
Die Schweizer werden gefährlicher. Eine Flanke fliegt in die Mitte, und dort kann sich der bullige Embolo durchsetzen. Nur der Hechtkopfball glückt ihm nicht.
55’
Langer Ball von Schär auf Vargas, dieser kann den Ball nur schwer annehmen und den Angriff abbrechen. Es folgt der Pass auf Xhaka und der Ballverlust.
Was sich bereits sagen lässt
Diese Engländer sind kein Gegner, wie es die Spanier im EM-Viertelfinal 2021 waren. Natürlich, die Namen der Engländer, ihre individuelle Qualität, die sind beeindruckend. Aber vieles bleibt Stückwerk. Die Schweizer sollten sich vor Augen führen: Eine solch grosse Gelegenheit, Geschichte zu schreiben, werden sie womöglich für sehr lange nicht mehr erhalten.
51’ Erster Torschuss
Und das war er, der erste Torschuss des Spiels: Embolo wird im Strafraum von Freuler angespielt und kann aus der Drehung abziehen. Doch der Ball rollt in die Arme von Goalie Pickford.
50’ Lagebesprechung
Kurzer Spielunterbruch nach einem Foul an Vargas. Dieser wird von Xhaka genutzt um die Bandage zu richten und mit Yakin eine kurze Lagebesprechung durchzuführen.
47’
Zweite Halbzeit, gleiches Bild: Wieder hat Aebischer auf links einiges zu tun mit Saka. Doch der Schweizer kann den Abschluss gerade noch blocken.
Hohes Pressing
Die Schweizer haben in der eigenen Hälfte Ballbesitz und die Engländer erschweren mit einem hohen Pressing einen geordneten Aufbau. Die Folge: Fehlpass Sommer.
Es geht weiter!
Keine Wechsel zur Halbzeit. Die Schweiz hat Anspiel! Und weiter gehts!
Gute Nachricht
Immerhin Starstürmer Kane haben die Schweizer gut im Griff. Der Angreifer von Bayern München kommt bisher nur auf 9 Ballkontakte. Zwischen der 25. und 45. Minute berührte er den Ball sogar kein einziges Mal.
Meine Kollegen um Florian Raz werden auch dieses Spiel der Schweiz ausführlich im Podcast «Dritte Halbzeit» besprechen. Hören Sie rein!
Pause
Es ist ein zähes Unterfangen bislang. Torchance sind rar und so auch das Spektakel. Die Schweizer stehen in der Defensive sehr kompakt, versuchen sich zeitweise auch im hohen Pressing, doch mit dem Ball gelingt dem Team von Trainer Murat Yakin noch sehr wenig. Und wenn der Ball einmal in die Gefahrenzone gebracht wird, ist der letzte Pass ungenügend.
Die Engländer ihrerseits sind an dieser EM ohnehin noch nicht bekannt als die grossen Unterhalten, so auch heute. Einzig Bukayo Saka kann ab und an auf dem rechten Flügel für etwas Aufregung sorgen, doch seine Hereingaben in den Strafraum finden oft keinen Mitspieler. Doch kurz vor der Halbzeit müssen sich die Schweizer bei Captain Xhaka bedanken, der den Schuss von Mainoo gerade noch blocken kann.
Ein weiterer kleiner Aufreger war die Penalty-Forderung von Captain Kane nach einem Zweikampf mit Schär. Doch Schiedsrichter Orsato war wenig beeindruckt und liess weiterspielen. Ein gerechtes Unentschieden mit Steigerungspotenzial auf beiden Seiten.
45’ Chance England
Saka dribbelt sich einmal mehr an Aebischer vorbei und nähert sich bedrohlich dem Schweizer Tor. Doch dann kommt Xhaka und rettet mit einer Grätsche. Starke Szene des Captains.
41’
Beinahe kann Rieder in der gegnerischen Hälfte Rice den Ball abluchsen. Aber nur beinahe: Rieder verwirft enttäuscht die Arme. Das hätte gefährlich werden können.
38’
Wir würden gerne einen Schweizer Angriff vermelden. Aber das können wir nicht. Die Engländer haben sich gut auf Yakins Team eingestellt.
Bellingham
Der englische Star trägt die 10, wie einst sein Idol Zidane im Dress der Franzosen. Und Bellingham macht jetzt auch eine Pirouette à la Zizou. Er düpiert die Schweizer und spielt Saka frei. Doch der englische Flügel macht herzlich wenig aus der schönen Vorlage.
35’
Nun versucht sich Schär als Flankengott. Und scheitert kläglich. Er muss selbst ein wenig lachen, ob seines Versuchs.
Gelbe Karte für Schär
Der Schweizer Verteidiger fährt gegen Bellingham den Arm aus. Und wird verwarnt. Es ist die erste Gelbe Karte des Spiels.
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