Verkehr am ZürichseeGegen Elterntaxis hilft in vielen Gemeinden nur noch die Polizei
Immer öfter fangen Beamte Elterntaxis vor den Schulen ab. Während Langnau die Polizeikontrolle nun testet, führt sie Wädenswil mittlerweile täglich durch.
- Elterntaxis sind nicht verboten, führen aber oft zu brenzligen Situationen im Verkehr.
- Durch regelmässige Polizeipräsenz soll ein langfristiger Lerneffekt erzielt werden.
- Die Kontrollen haben in Wädenswil bereits Wirkung gezeigt, darauf hoffen nun auch andere Gemeinden.
Das Phänomen Elterntaxi ist in den Gemeinden rund um den Zürichsee schon lange keine Neuerscheinung mehr. Immer wieder stehen Eltern in der Kritik, die ihre Kinder mit dem Auto bis fast vor die Schulzimmertür chauffieren. Zudem spitzt sich das Problem jedes Jahr zu, sobald das Herbstwetter Einzug hält.
Gerade nach den Herbstferien stauen sich die Autos vor manchen Schulhäusern ungehemmt, und der gut gemeinte Transport führt zu Verkehrschaos und gefährlichen Situationen im Halbdunkel. Kampagnenplakate weisen in mehreren Gemeinden auf diese Probleme hin und ermuntern zum Schulweg «z Fuess».
Doch neben Prävention und Information scheint sich nun auch eine Praxis zu etablieren, die mehr Eindruck hinterlässt als ein Plakat: Polizeipräsenz.
Schulen klagen an beiden Seeufern
Mehr und mehr Gemeinden erzielen durch Beamte vor den Schulen kleine Erfolge. Denn Elterntaxis sind zwar per se nicht verboten, führen aber oft zu strafbaren Handlungen wie verbotenem Parkieren oder fehlenden Kindersitzen. Die Polizei regt bei den Kontrollen vor allem an, dass die Eltern ihren Fahrdienst reflektieren. Sie kann bei missachteten Verkehrsregeln aber auch Bussen ausstellen.
Die Stadt Wädenswil führte zum Beispiel bereits zu Beginn des Schuljahres eine erste Polizeikontrolle vor Schulhäusern durch. Und auch die Schule Erlenbach bestätigt auf Nachfrage, jeweils nach den Sommerferien auf «regelmässige Polizeipräsenz» zu setzen. Elterntaxis seien in der Gemeinde zwar ein Dauerbrenner, Fahr- oder Halteverbote vor dem Erlenbacher Campus aber momentan keine Option, heisst es.
Ähnlich klingt es in Stäfa. «Die Schulleitungen predigen die Bedeutung des Schulweges gebetsmühlenartig an jedem Elternabend», sagt der Leiter Bildung, Patrick Rüedi. Von einem Problem spricht er derzeit nicht, doch auch in Stäfa sei die Polizei «ab und zu vor Ort», um Präsenz zu markieren.
Alles andere «hat nicht gefruchtet»
Jüngst griff nun auch die Gemeinde Langnau zu diesem Mittel. Dort hat die Schulpflege schon vieles probiert, von Aufforderungen in der Gemeindezeitung bis hin zu speziellen Elternabenden mit Verkehrsinstruktoren. «Aber nichts hat gefruchtet», erzählt Langnaus Schulpräsidentin und Gemeinderätin (FDP) Claudia Lauber. «Im Gegenteil, die Elterntaxis nehmen laufend zu.»
So postierte sich die Schulpflege diese Woche gemeinsam mit der Kommunalpolizei Adliswil-Langnau bei den Elterntaxi-«Hotspots». Auf dem Dorfplatz und beim Schwerzi-Parkplatz trat man mit den Eltern in einen Dialog. «Das war für uns ein Schritt auf die nächste Ebene», sagt Lauber. Es wurde deutlich: Die Eltern direkt anzusprechen und nach ihren Beweggründen zu fragen, hat eine stärkere Wirkung als ein Zettel im Briefkasten.
Thema Sicherheit ist heute emotionaler
Dass es am Zürichsee generell immer mehr Elterntaxis gibt, hat laut der Langnauer Schulpräsidentin auch damit zu tun, dass das Thema Sicherheit heute emotionaler behandelt wird als früher.
So würden viele Eltern etwa Gefahren im Verkehr oder Kriminalität stärker wahrnehmen und ihren Kindern den Schulweg nicht allein zumuten. «Aber auch Gewohnheiten anderer Kulturen, Zeitdruck oder ein mit Freizeitaktivitäten gespickter Tagesplan können eine Rolle spielen», sagt sie.
Die Langnauer Schulpflege kann sich nun vorstellen, die Beamten künftig erneut um Hilfe zu bitten. «Ich glaube, es wäre eine Illusion, zu denken, dass wir Elterntaxis ganz vermeiden können», sagt Lauber. Denn verständliche Ausnahmesituationen gebe es immer. Aber Polizeipräsenz sei das erste Mittel, das in Langnau etwas Bewegung in die Sache bringe.
Kontrollen in Wädenswil ausgeweitet
Dass dieses Mittel eine effektive Wirkung hat, illustriert das Beispiel der Stadt Wädenswil. Seit sich die Wädenswiler Stadtpolizei kurz nach den Sommerferien mit dem Elternrat und Stadtrat Daniel Tanner (SP) vor der Schuleinheit Au postierte, ist in den Strassen etwas Ruhe eingekehrt.
«Die Aktion hat sehr viel gebracht», bilanziert der Wädenswiler Polizeichef Martin Heer einen guten Monat nach der eintägigen Aktion. Mittlerweile habe sein Korps die Kontrollen auf alle Kindergarten- und Primarschuleinheiten der ganzen Stadt ausgeweitet.
«Wir sind nun nach Möglichkeit jeden Tag vor einem anderen Schulhaus präsent», sagt er. Denn man habe schnell gemerkt: «Das ist das Einzige, was wirklich etwas bringt.» Sobald die Kontrollen zu Bring- und Abholzeiten nachliessen, würden die Taxidienste wieder zunehmen.
Langfristiger Lerneffekt
Der Einsatz vor den Wädenswiler Schulen erfolgt nach wie vor in Zusammenarbeit mit Elternräten, die die Eltern am Steuer oft auch persönlich kennen. Eine Routine oder fixe Wochentage pro Schulhaus gibt es dabei nicht.
Die Polizeipräsenz solle häufig, aber unberechenbar sein, erklärt Heer. Damit sich Eltern grundsätzlich damit anfreunden, die Kinder zu Fuss in die Schule zu schicken. «Nun geht es darum, einen langfristigen Lerneffekt zu erzielen.»
Die Patrouillen will Wädenswil deshalb vorerst unbefristet weiterführen. Da die Stadtpolizei ohnehin jeden Tag im Ausseneinsatz stehe, ergebe sich kein zusätzlicher Personalaufwand, sagt der Polizeichef. Bei Notrufen ist die Schulpatrouille aber zweitrangig. «Und langfristig wäre natürlich der Wunsch, dass es sie gar nicht mehr braucht.» Damit dürfte Heer wohl für viele andere Seegemeinden sprechen.
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