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Elektro in der Luxusliga
Wer will schon eine Mona Lisa in Neonfarben?

Elektrische Hypercars wie der Rimac Nevara sind in den klimatisierten Grossgaragen der Superreichen noch ein rares Gut.
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Sein neuer Bugatti Tourbillon ist – so hört man jedenfalls aus der Firmenzentrale in Molsheim – zwei Jahre vor dem Start schon grösstenteils ausverkauft. Doch mit dem Verkauf seines elektrischen Supersportwagens Nevera tut sich Firmenchef Mate Rimac deutlich schwerer, obwohl er mit 2,4 Millionen Euro kaum halb so teuer ist und mit seinen über 1900 PS zudem mehr Leistung hat.

Zwar rühmt sich der neue kroatische Hersteller damit, schon jetzt mehr elektrische Supersportwagen auf die Strasse gebracht zu haben als jeder andere Hersteller. Doch während den Luxusautoherstellern ihre übermotorisierten Vielzylinder förmlich aus den Händen gerissen werden und die Diskussion um das Verbrennerverbot zu einer Torschlusspanik führt, finden die Stromer nur langsam Platz in den klimatisierten Grossgaragen milliardenschwerer Auto-Afficionados.

Wie mit den Uhren

Elektroautos tun sich offenbar schwer in einem Markt, in dem Autos keine Fahrzeuge mehr sind, sondern Sammlerstücke und Investitionsgüter. Zwar sei seine Aussage, «Superreiche wollen keine Elektroautos kaufen», mit der Rimac kürzlich bei einem Kongress in London für Schlagzeilen gesorgt hatte, aus dem Zusammenhang gerissen worden. Ausserdem hätten die elektrischen Hypercars wie der Rimac Nevera die Zielgruppe erweitert und sprächen neben den klassischen Vollgasfreunden auch Menschen an, die sich weniger für Autos als für die neueste Technik begeistern. Doch das kann nicht über eine gewisse Kaufzurückhaltung hinwegtäuschen. Gerade jetzt, wo Elektroautos en vogue sind, wollen viele Superreiche bewusst etwas anderes und halten deshalb noch stärker am Verbrenner fest.

Das ist nicht neu, meint Frank Wilke, der für Classic Analytics in Bochum den Oldtimermarkt beobachtet: «Seit über 50 Jahren gibt es Quarzuhren, die eigentlich alles besser können als mechanische Uhren und darüber hinaus deutlich preiswerter sind. Aber gesammelt werden seit jeher fast ausschliesslich mechanische Uhren. Und je komplizierter sie sind, desto teurer werden sie gehandelt.»

Da die Leidenschaft für Leistung, die Sucht nach Speed und die Freude am Fahren, dort das Engagement für Elektromobilität und eine bessere Welt ‚Äì für Rimac ist das kein Widerspruch

Bei Autos sei das ganz ähnlich. «Schon beim ersten Blick auf den W16-Motor versteht ein Bugatti-Interessent, wie aufwendig es sein muss, einen solchen Motor zu konstruieren und herzustellen. Aber beim Blick auf einen Elektromotor bleibt aber immer der Verdacht, dass jeder chinesische Billighersteller so etwas auch könnte», sagt der Oldtimer-Analyst. Untermalt werden diese Bedenken natürlich durch die Ungewissheit, wie es um die Langzeithaltbarkeit und Funktionsfähigkeit bestellt ist. Die Mona Lisa verzücke auch noch nach Jahrhunderten, ein Edelstein verliere nie seinen Glanz. Aber ob ein Elektroauto in 30, 50 oder gar 100 Jahren noch fährt wie heute ein Bugatti Royale von 1927, das könne niemand sicher sagen. Wer allerdings mehr in ein Auto investiert als die meisten in eine Immobilie, für den sei das eine berechtigte Frage. Und dann bleibt immer noch die Sache mit Geschmack und Stil und mit der Ästhetik des Autos: Wer will schon eine Mona Lisa in Neonfarben?

Je teurer, desto besser

Jan Burgard vom Strategieberater Alix Partners hält die Beobachtung, dass Superreiche nicht an E-Mobilität interessiert seien, für einen Trugschluss. «Es hängt teilweise schlichtweg am fehlenden Angebot in diesem Segment», ist der Analyst überzeugt. Denn von Kleinstserien wie dem Nevera und seinem Schwestermodell Pininfarina Battista abgesehen, sei aktuell der Rolls-Royce Spectre für rund 400’000 Franken das einzige Auto, das für diese Zielgruppe infrage käme. Je mehr Super-Elektroautos angeboten würden, desto mehr würden auch gekauft, ist er überzeugt: «Dabei spielt in vielen Fällen weniger der Antrieb eine Rolle als die Marke, die Historie und der Preis.» Und da gelte: je teurer, desto besser.

Mechanische Kunstwerke wie der über 4 Millionen Franken teure Bugatti Tourbillon erfreuen sich einer steigenden Beliebtheit.

Wenn Burgard recht hat, wird sich der Markt bald entwickeln. Denn aller Zurückhaltung der oberen Zehntausend zum Trotz können und wollen sich die Edelmarken der Elektrifizierung nicht verschliessen: Die VW-Töchter Bentley und Lamborghini arbeiten längst an ihren ersten Stromern, und selbst Ferrari hat gerade erst sein neues E-Building eingeweiht, in dem wohl ab Ende nächsten Jahres das erste Elektroauto im Zeichen des Cavallino Rampante produziert werden soll. Und wenn die Gerüchte stimmen und der E-Ferrari wirklich über 500’000 Franken kosten wird, dann sind Burghards Kriterien ja erfüllt.

Mehr Handwerk und Authentizität

Stehen also doch alle Zeichen auf E? Nicht ganz. Denn gerade das Super-Luxussegment lebt von ein paar Marken, neben denen selbst Rolls-Royce oder Ferrari noch Massenhersteller sind, von Lamborghini, Bentley oder Aston Martin ganz zu schweigen. Und da sieht die Sache dann schon wieder ganz anders aus. Ja, auch der neue Bugatti Tourbillon kann mit seinem Plug-in-Hybrid ein paar Kilometer rein elektrisch fahren. Doch was den weit über 4 Millionen Franken teuren Überflieger eigentlich ausmacht, das ist ein komplett neu entwickelter V16-Sauger mit 8,3 Liter Hubraum und 1000 PS, wie es ihn so noch nie gegeben hat.

Elektrische Luxusautos wie der Rolls-Royce Spectre tun sich schwer, ihre superreiche Klientel von sich zu überzeugen.

Genau wie mit den analogen Instrumenten im Stil Schweizer Luxusuhren macht sich Bugatti-Chef Mate Rimac, als Vater des ersten elektrischen Super-Sportwagens Nevera ganz sicher kein Ewiggestriger, damit stark für einen Trend hin zu mehr Handwerk und Authentizität. So wie in einer kleinen, feinen Nische für horrende Preise wieder Plattenspieler verkauft werden, Spiegelreflex- oder gar Mittelformatkameras und natürlich mechanische Uhren, so sieht diese exklusive Klientel einen Motor eben nicht nur als Kraft-, sondern als Kunstwerk – was bei einer E-Maschine vergleichsweise schwerfallen dürfte.

Maximale Mechanisierung

«Ja, auch wir können uns der Elektrifizierung nicht ganz verschliessen», sagt denn auch Christian Koenigsegg, der in Schweden Hypercars wie den Jesko mit 1600 PS baut. Doch während er mit Hybrid-Bausteinen die Minimalanforderungen an Political Correctness erfüllt, predigt er die maximale Mechanisierung in einer Zeit, in der viel zu viel digital sei. Zumindest in der Liga, in der seine Autos unterwegs seien, ergebe ein Stromer auch gar keinen Sinn. Denn der CO2-Rucksack aus der Produktion der Batterien sei so gross, dass der E-Antrieb bei der geringen Laufleistung von Supersportwagen nie und nimmer seinen CO2-Vorteil herausfahren könne. Erst recht nicht, wenn man die Autos dann auch noch mit E-Fuel betreibe.

Allen, denen das nicht genug ist, macht Koenigsegg Hoffnung auf eine bald noch bessere Bilanz: «Wir arbeiten an einem Treibstoff, der sogar CO2-negativ ist.» Der werde zwar erst mal ein Vermögen kosten. Aber dann könne man mit jedem Kilometer in einem Koenigsegg einen positiven Beitrag zum Klimaschutz leisten – und sein Elektroauto erst recht stehen lassen.

Rekordschneller Bugatti-Rivale – Der Koenigsegg Jesko soll Tempo 531 erreichen