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Neue Pläne am Schauspielhaus Zürich
Eine sonnenpralle Jelinek-Uraufführung – und eine Verschlankung

Spielplanpräsentation am Pfauen mit Co-Intendant Nicolas Stemann (ganz links), Dramaturgin Katinka Deecke, den Künstlerinnen Wu Tsang, Suna Gürler und Yana Ross sowie Co-Intendant Benjamin von Blomberg. (Von anderen Theaterschaffenden gabs Videoeinspieler). 
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Drei Saisons am Schauspielhaus Zürich haben die Co-Intendanten Nicolas Stemann und Benjamin von Blomberg hinter sich – und die Corona-Pandemie hemmte sie alle. Dass man während dieser Zeit trotzdem ein gutes Bild von der Arbeit der ursprünglich acht Hausregisseurinnen und Hausregisseure bekam, belegt, wie viel da, gegen alle Widrigkeiten, gestemmt wurde. Jetzt freilich, zum kommenden Neustart in hoffentlich pandemiefreier Zeit, hat man Bilanz gezogen und ein wenig umgebaut.

Am Mittwoch stellten die Co-Intendanten, die Leitende Dramaturgin und verschiedene Regieführende im Pfauen die Pläne für die nächste Spielzeit vor. Gleich geblieben ist das Bekenntnis zur Vielfalt – hinsichtlich der Theaterschaffenden und der Ästhetiken. Tatsächlich hat Zürich eine Tanzcompagnie erhalten, das Schauspielhaus Zürich Dance Ensemble, mit dem Trajal Harrell am 9. September im Pfauen die Saison eröffnen wird; die Gruppe zeigt Federico Lorcas «Das Haus von Bernarda Alba».

«Wie andere Häuser stellen auch wir fest, dass sich das Ritual Theaterbesuch neu einschleifen muss.»

Benjamin von Blomberg

Experimentierfreudig, dass sogar das Familienstück in die Hände einer Performancekünstlerin und ihrer Gruppe gelegt wird: Wu Tsang und das Kollektiv Moved by the Motion setzen «Pinocchio» um und fragen, was es heisst, ein echter Bub zu werden (ab 12.11.). Die zwei amerikanischen Haus-Kunstschaffenden halten Zürich also die Treue. Insgesamt jedoch sind von den einst acht Hausregisseurinnen und -regisseuren ab Herbst nur noch fünf mit von der Partie.

Hausregisseur und Co-Intendant Nicolas Stemann im Herbst 2021.

Vom deutschen Theaterpoetiker Alexander Giesche ist bekannt, dass er sich vom kollektiven Konzept mehr künstlerische Möglichkeiten erhofft hatte. Acht Leute bedeuten viele Bedürfnisse, auf die das Haus Rücksicht nehmen musste: Von Blomberg räumt auf Nachfrage eine allseitige Überforderung ein. Doch dass Leonie Böhm schon im Sommer 2021 gegangen sei und Yana Ross – die sich für drei Jahre verpflichtet habe – nun weiterziehen wolle, spreche nicht gegen den Versuch, alte Strukturen zu transformieren. Auch arbeitet man weiter zusammen; von Böhm wie Ross sind in der nächsten Saison Inszenierungen zu sehen. Bei den Künstlerinnen habe unter anderem auch die Pandemie wohl eine Integration erschwert, sagt von Blomberg.

Statt fixer Reservierungen gibt es deutlich mehr Spontanbesuche.

Dafür gibts von Hausregisseur Christopher Rüping gleich drei statt der üblichen zwei Arbeiten (eine bringt er aus Berlin mit). Mit der Uraufführung «Border» eröffnet er die Schiffbauhalle (16.9.). Für zwei weitere Uraufführungen zeichnet Jelinek-Experte Stemann. Ein Highlight des neuen Schauspielhaus-Programms (und ein düsterer Blick auf die Klimakrise) ist seine Uraufführung von Elfriede Jelineks «Sonne, los jetzt!» (ab 15.12.).

Zum Auftakt wiederum präsentiert er Sophokles’ «König Ödipus» – und fragt nach der Verdrängung von Schuld im Kontext des Klimawandels (ab 11.9.). Gemeinsam mit dem Helmi Puppentheater und dem Theater Hora entwickelt Stemann zudem eine Urinszenierung frei nach Tolkien (ab 22.4.2023). Nicht zuletzt ist Hausregisseurin und Junges-Schauspielhaus-Verantwortliche Suna Gürler mit Neuem vertreten. Das Finale 2023 gestaltet der ukrainische Regisseur Stas Zhyrkov mit Sophokles’ «Antigone». Solidarität solle am Haus nicht nur ein Schlagwort sein, unterstrich Stemann.

Die Intendanz setzt darauf, dass die bewährten Namen die Bindungen wieder stärken, die sich während der Pandemie teils gelockert haben: Seit Ende 2021 habe man eine gewisse Zurückhaltung beim Publikum bemerkt, erzählte von Blomberg auf Anfrage. Statt fixer Reservierungen gebe es deutlich mehr Spontanbesuche. «Wie andere Häuser stellen auch wir fest, dass sich das Ritual Theaterbesuch neu einschleifen muss.» Allenfalls kann eine gelungene sanfte Sanierung des Pfauens – den Hausherren wäre bekanntlich eine Totalrenovation lieber gewesen – zu mehr Theatergenuss beitragen.