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Eine Schale, viel Bier und noch mehr Kitsch

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Dank der Gala-Vorstellung wurde also in München gejubelt. Auch ein dritter verdienter Spieler wurde verabschiedet: Rafinha (2.v.l.) verlässt den Rekordmeister.
Der siebte Meistertitel in Folge: Bayern München krönt sich dank einer Gala gegen Frankfurt zum deutschen Meister.
Im Fernduell um den Titel zog Borussia Dortmund den Kürzeren – trotz eines 2:0-Sieges bei Borussia Mönchengladbach.
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Die Schale ist übergeben, als Niko Kovac als Trainer die Besonderheit bayerischer Feierlichkeiten kennen lernt. Er wird von Arjen Robben mit einem Stiefel Bier geduscht. «Es ist kalt, wenn man überrascht wird», berichtet Kovac, «man kriegt fast einen Herzstillstand.»

So schlimm wird es nicht gleich gewesen sein. Jedenfalls ist Kovac nach diesem Samstag auf dem Gipfel seiner Trainerkarriere. Mit dem 5:1 gegen Eintracht Frankfurt hat Bayern München den Titel schliesslich auf souveräne Art gewonnen. Das 2:0 von Dortmund in Mönchengladbach ist nur noch für die Statistik.

Wenigstens zwischendurch ist es einmal spannend, das ist in dem Moment, als die Eintracht in der 50. Minute zum 1:1 ausgleicht. Noch ein Tor von ihr, und Dortmund wäre auf einmal wieder Erster. Drei Minuten dauert Dortmunds Hoffen auf den Coup, dann erzielt David Alaba für Bayern das 2:1, und vier Minuten später folgt das 3:1 durch Renato Sanches.

Schaulaufen und Kitschgeschichte

Der Rest ist Schaulaufen und Kitschgeschichte in einem. Zuerst wird Franck Ribéry eingewechselt, gleich darauf auch Arjen Robben. Das sind die beiden Altmeister, die im letzten Jahrzehnt nicht nur die Geschichte von Bayern geprägt haben, sondern die ganze Bundesliga. Ein besseres Flügelpaar hat es auf deutschem Boden nie gegeben und selbst in Europa selten.

Robben ist inzwischen 35, Ribéry schon 36. Zusammen haben sie bis zu diesem Tag 730 Spiele für die Bayern bestritten und 266 Tore erzielt. Ribéry sagt: «Wir sind zwei grosse Spieler.» Und Robben: «Nicht, dass es kuschelig wird, aber es war mir eine Ehre, mit Franck zusammen zu spielen.»

Jetzt ist Schluss für sie. Aber Kovac gewährt ihnen einen letzten Auftritt in der heimischen Allianz-Arena. Ribéry führt Abraham und Da Costa vor und lupft den Ball zum 4:1 über Goalie Trapp, das Stadion kocht. Robben hat es danach einfacher, er muss nur noch ins leere Tor schieben, das Stadion kocht wieder.

Ein Cüpli für die Bosse – und Sprechchöre für Kovac

Die Bosse, Uli Hoeness und Karl-Heinz Rummenigge, stossen auf der Tribüne mit einem Cüpli auf den Titel an, während unten die Bierduschen weitergehen. Diese Bilder sind die gleichen wie seit 2013 immer, zum siebten Mal in Folge schon haben die Bayern den Titel gewonnen. Bei den ersten sechs waren es 10 bis 25 Punkte Vorsprung, die Liga ächzte unter der Langeweile im Titelkampf.

Als Kovac letzten Sommer aus Frankfurt kam, wusste er, dass er bei den Bayern eine Saison des Umbruchs angehen musste. Einmal nur Zweiter zu werden, das wäre kein Desaster, sagte Präsident Uli Hoeness im Frühjahr. Die eigenen Worte vergass er bald einmal, den Titel wollte er so unbedingt wie Rummenigge, der Vereinsvorsitzende.

Und dieser Rummenigge war es, der Kovacs Position öffentlich schwächte. Die ominöse Aussage hiess: «Es gibt keine Jobgarantie bei Bayern München, für niemanden. Jeder muss liefern.» Seit diesem Tag, es war der 7. April und Stunden nach dem furiosen 5:0 gegen Dortmund, stand die Frage immer im Raum: Darf Kovac über den Sommer hinaus bleiben? Trauen ihm die Bosse wirklich zu, nächste Saison den Angriff auf die europäische Spitze zu orchestrieren? Was ihnen wehgetan hat, war der mutlose Auftritt in der Champions League gegen Liverpool.

«Ich bin überzeugt, dass es weitergeht»

Kovac hat alles stilvoll ertragen, das war schon im Herbst so gewesen, als die eine oder andere Indiskretion aus der Kabine seine Position zu schwächen drohte. Erst vor dem Spiel gegen Frankfurt gewährt er einen Einblick in seine Gefühlswelt: «Wenn ich Ihnen eine kleben würde», sagt er, «hätten Sie kurzzeitig Schmerzen. Aber wissen Sie, was das Schlimme ist: die Seele. Wir müssen dahin kommen, dass wir mehr den Menschen sehen. So wie ich jemanden behandle, möchte ich auch behandelt werden.»

Nach dem 5:1 gegen Frankfurt ist eine der ersten Fragen an ihn: Wie weiter? Bis 2021 läuft sein Vertrag, er hat nächsten Samstag auch noch die Chance, im Cupfinal gegen Leipzig das Double zu gewinnen. Kovac, durchnässt vom Bier, erzählt zuerst, wie er «zu Tränen gerührt» gewesen sei, als die Bayern-Fans ihn während des Spiels mit Sprechchören gefeiert hätten. Dann sagt er: «Ich bin überzeugt, dass es weitergeht.» Und wieso ist er das? «Ich habe Informationen aus erster Hand.» Ein paar Minuten später sagt ­Ribéry über Kovac: «Er ist ein Trainer, der Zeit braucht. Er ist ein guter Mensch. Ich hoffe, er bleibt bei Bayern.» Hoeness stellt sich vor die Mikrofone und erklärt: «Kovac hat einen Vertrag.»

Das Verdienst von Dortmund und Bayerns Schlussspurt

Dass die Bundesliga erst am letzten Tag entschieden wurde, hat viel mit der Borussia aus Dortmund zu tun. Sie hatte eine überragende Vorrunde gespielt, Mitte Dezember lag sie neun Punkte vor Bayern, selbst Anfang Februar, nach der 20. Runde, hatte sie sieben Punkte Reserve. Doch dann begann sie, die wichtigen Spiele zu verlieren, im Cup (gegen Bremen), in der Champions League (gegen Tottenham) und Liga (Bayern und Schalke). Lucien Favre, der Baumeister dieser Mannschaft, war auf einmal wieder der Zauderer. Dafür waren die Bayern wieder die Bayern. Allein die Bilanz ihrer letzten 14 Spiele bringt das zum Ausdruck: 36:6 Punkte, 44:9 Tore.

Auch sonst ist es ein ereignisreicher letzter Spieltag. Bayer Leverkusen sichert sich mit einem 5:1 bei Hertha Berlin den vierten Platz in der Champions League. Der VfL Wolfsburg stürmt mit einem 8:1 gegen ein peinliches Augsburg in die Europa League. Frankfurt verdankt seinen Platz in der Europa League Mainz, weil das gegen Hoffenheim in den letzten sieben Minuten aus einem 1:2 noch ein 4:2 macht – ausgerechnet Mainz, Frankfurts ungeliebter Nachbar.

Es ist an vielen Orten auch der Tag des Abschieds, zum Beispiel von Fabian Lustenberger nach zwölf Jahren bei Hertha Berlin. Tränen fliessen. Oder von Dieter Hecking als Trainer in Gladbach. Er sagt melodramatisch: «Die Seele brennt.»

Telegramme:

Bayern München - Eintracht Frankfurt 5:1 (1:0). 75'000 Zuschauer.–Tore: 4. Coman 1:0. 51. Haller 1:1. 53. Alaba 2:1. 58. Sanches 3:1. 72. Ribéry 4:1. 78. Robben 5:1. - Bemerkung: Frankfurt mit Fernandes.

Schalke 04 - Stuttgart 0:0. 61'676 Zuschauer. - Bemerkungen: Schalke bis 63. mit Embolo, Stuttgart ohne Zuber (verletzt).

Borussia Mönchengladbach - Borussia Dortmund 0:2 (0:1). 54'022 Zuschauer.–Tore: 45. Sancho 0:1. 54. Reus 0:2. - Bemerkungen: Mönchengladbach mit Sommer, Elvedi, Zakaria und Drmic, ohne Lang (Ersatz), Dortmund mit Bürki und Akanji, ohne Hitz (Ersatz).

Hertha Berlin - Bayer Leverkusen 1:5 (1:2). 59'287 Zuschauer.–Tor: 28. Havertz 0:1. 34. Lazaro 1:1. 38. Alario 1:2. 54. Brandt 1:3. 72. Alario 1:4. 88. Alario 1:5. - Bemerkung: Hertha mit Lustenberger.

Werder Bremen - RB Leipzig 2:1 (1:0). 42'100 Zuschauer.–Tore: 42. Rashica (Foulpenalty) 1:0. 86. Mukiele 1:1. 88. Pizarro 2:1. - Bemerkung: Leipzig mit Mvogo.

Freiburg - 1. FC Nürnberg 5:1 (2:0). 24'000 Zuschauer.–Tore: 7. Terrazzino 1:0. 34. Waldschmidt 2:0. 54. Petersen 3:0. 56. Petersen 4:0. 61. Grifo 5:0. 69. Löwen 5:1.

Mainz - Hoffenheim 4:2 (0:2). Zuschauer.–Tore: 12. Belfodil 0:1. 34. Kramaric 0:2. 66. Brosinski (Foulpenalty) 1:2. 83. Boëtius 2:2. 90. Boëtius 3:2. 93. Mateta 4:2. - Bemerkung: 41. Gelb-Rote Karte gegen Baumgartner (Hoffenheim/Unsportlichkeit).

Wolfsburg - Augsburg 8:1 (3:0). 28'000 Zuschauer.–Tore: 21. Weghorst 1:0. 37. Weghorst 2:0. 41. Koche 3:0. 55. Weghorst 4:0. 57. Ginczek 5:0. 60. Rexhbecaj 6:0. 82. Schieber 6:1. 85. Brekalo 7:1. 89. Danso (Eigentor) 8:1. - Bemerkungen: Wolfsburg bis 69. mit Mehmedi, ohne Steffen (verletzt), Augsburg mit Kobel.

Fortuna Düsseldorf - Hannover 96 2:1 (0:0). 48'000 Zuschauer.–Tore: 56. Hennings 1:0. 60. Karaman 2:0. 78. Müller 2:1. - Bemerkung: Hannover mit Schwegler.

Rangliste:1. Bayern München 34/78 (88:32). 2. Borussia Dortmund 34/76 (81:44). 3. RB Leipzig 34/66 (63:29). 4. Bayer Leverkusen 34/58 (69:52). 5. Borussia Mönchengladbach 34/55 (55:42). 6. Wolfsburg 34/55 (62:50). 7. Eintracht Frankfurt 34/54 (60:48). 8. Werder Bremen 34/53 (58:49). 9. Hoffenheim 34/51 (70:52). 10. Fortuna Düsseldorf 34/44 (49:65). 11. Hertha Berlin 34/43 (49:57). 12. Mainz 05 34/43 (46:57). 13. SC Freiburg 34/36 (46:61). 14. Schalke 04 34/33 (37:55). 15. Augsburg 34/32 (51:71). 16. VfB Stuttgart 34/28 (32:70). 17. Hannover 96 34/21 (31:71). 18. 1. FC Nürnberg 34/19 (26:68).