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Arte-Serie «DJ Mehdi»
Ein DJ aus der Banlieue starb mit 34, fast unbekannt – und wird nun zum Star

DJ Mehdi performs during Day 2 of 2010 Electric Zoo held at Randall's Island Park on September 5, 2010 in New York City. *** Local Caption ***
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In Kürze:
  • Eine sechsteilige Dokuserie auf Arte dokumentiert DJ Mehdis Leben und Werk.
  • DJ Mehdi revolutionierte den französischen Rap durch unkonventionelle, eklektische Beats und beeinflusste auch die Elektromusik.
  • Der Musikproduzent starb 2011 34-jährig an den Folgen eines Unfalls.

Es gibt jetzt Franzosen, die meinen, DJ Mehdi gehöre ins Panthéon, in die Ruhmeshalle der Republik. Neben die grossen Philosophen, die Physiker, Schriftsteller, Widerstandskämpfer, neben Josephine Baker auch, neben Herrschaften, die Frankreich erstrahlen liessen, die für Frankreich standen, für seine Grösse, seine Ideale. Und das ist schon eine bemerkenswerte Volte.

DJ Mehdi?

Das war der Bühnenname des Musikproduzenten Mehdi Favéris-Essadi, Sohn einer Tunesierin und eines Franzosen, aufgewachsen in der Pariser Banlieue. 2011, mit nur 34 Jahren, fiel er durch ein gebrochenes Glasdach seiner Wohnung im 20. Arrondissement, acht Meter in die Tiefe, er starb an den Folgen der Verletzungen. Ein Unfall.

Millionen entdecken mit DJ Mehdi auch sich selbst

Damals war er gerade auf dem Höhepunkt seiner Kunst. DJ Mehdi machte den Sound, zu dem die halbe Welt tanzte, er legte ihn auf in Tokio, Barcelona, New York. Davon erfuhren aber nur die Eingeweihten, sein Publikum in den Clubs und auf den Festivals. Und natürlich die Künstler, die französischen und internationalen, die süchtig waren nach den einzigartigen Beats von DJ Mehdi.

Nun, mit der sechsteiligen Serie «DJ Mehdi – der Visionär des ‹French Touch›», wissen das zumindest in Frankreich Millionen, und sie entdecken noch viel mehr als die Geschichte eines viel zu jung gestorbenen Mannes – über sich selbst und eine Epoche.

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Gedreht hat die Serie Thibaut de Longeville, ein Freund von DJ Mehdi. Der hatte eigentlich einen Film im Sinn, 90 Minuten, Indie, etwas für die Nische. Er ging dann mit der Idee zu Arte, und der Kultursender sah in dem Stoff das Potenzial für eine Serie. In wenigen Wochen hatte sie schon fünf Millionen Visualisierungen, offenbar ein aussergewöhnlich grosser Erfolg für das Genre des Biopics. Es ist ja auch eine aussergewöhnliche Geschichte.

DJ Mehdi revolutioniert den französischen Rap

Mehdi aus Colombes, nordwestliche Vorstadt von Paris, ist ein stiller Junge, gut in der Schule, er drückt sich schon früh gewählt aus. Er hat eine Passion für Musik, die Beatles zunächst, und alles, ziemlich random, was zu Hause an Platten in den Gestellen steht. Und für den Rap der Banlieue, politischer Protest und Gangster, Welten von ihm entfernt. Einen Sampler kann er sich nicht leisten, er ist noch Kind, so bastelt er sich mit den Apparaten, die daheim rumstehen, ein Gerät, mit dem er «Instrus» aufnimmt, Instrumentalstrecken. Es kommt dabei ein Sound heraus, den es bis dahin noch nicht gegeben hat in der Szene, sehr eklektisch, sehr speziell, auf Audiokassetten.

Ende der Neunzigerjahre gründet DJ Mehdi mit Jugendfreunden eigene Bands, die werden aber nie so gross wie die Rapper und Rapperkollektive, die auf seinen «Instrus» rappen, 113 und Mafia K’1 Fry vor allem. Der stille Junge aus Colombes revolutioniert den französischen Rap, mixt ihm Melodien bei aus Nordafrika, da fliesst plötzlich alles zusammen. Der Rap aus der Banlieue erfasst die Stadt, überwindet die Grenzen: Frankreich, wie es auch sein kann.

1998, als Frankreichs Fussballer Weltmeister werden und das Land (minus Le Pen und die extreme Rechte) sich als eine multikulturelle Gemeinschaft feiert, so sehr «Black-blanc-beur» wie «Bleu-blanc-rouge», «Schwarz-weiss-arabisch» wie «Blau-weiss-rot», liefert DJ Mehdi, damals 21, die Tonstrecke zum Gefühl.

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Dann taucht er ab in die Elektromusik, etwas Neues, wieder mischt er vermeintlich Unvermischbares und prägt den «French Touch» mit, diese Welteroberung. Die Rapper finden, er komme vom Weg ab, die weisse Elektroszene bedient sich bei seinem lächelnden Genie. Er ist jetzt ein charismatischer Intellektueller des Sounds, in beiden Welten, bleibt aber der stille, bescheidene Junge. Einmal sagt er, er fühle sich wie ein Hochstapler, wenn er Werke sample, und dass seine «Instrus» schnell verblassen, wenn sich mal die Stimme eines Rappers drauflege. Dann höre man nur den Rapper.

In der Serie gibt es oft Momente, in denen man sich sagt: Ach, das ist von DJ Mehdi? Und das, das ist auch von DJ Mehdi?

Nostalgische Beats und Bilder

Regisseur Thibaut de Longeville hat einen Haufen Archivmaterial gefunden, das war gar nicht so einfach. In den Neunzigern gab es noch keine Handys, mit denen man sich mal schnell filmte. Manches fand er auf Videokassetten bei sich zu Hause, anderes auf den Festplatten alter Computer von Jugendfreunden, die auch dank ihm zu Stars wurden, Kery James, Rim’K, MC Solaar, Pedro Winter, Cassius. Er hat sie alle interviewt für die Serie, für eine Hommage.

Sie lebt vom Rhythmus der Beats und Bilder, von Flashbacks in die analoge Zeit. Sie handelt von der Zufälligkeit des Lebens, vom Auftauchen aus dem Underground, wenn man nur will. Und von Frankreich, das schon mal viel weiter zu sein schien, als es heute ist, mit der neuen Stärke von Le Pen und der extremen Rechten. DJ Mehdis Mutter sagt in der Serie, ihr Sohn habe Menschen zusammengebracht, das habe ihn getrieben. DJ Mehdi ins Panthéon!

«DJ Mehdi – Der Visionär des ‹French Touch›», alle sechs Folgen auf Arte.