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Neuer Bundesanwalt
Diese vier Schwerpunkte will Stefan Blättler setzen

«Ich will mich für eine sichere und rechtsstaatliche Schweiz einsetzen»: Der neue Bundesanwalt Stefan Blättler an der Medienkonferenz.
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Es ist selten, dass die Medienkonferenz einer Bundesbehörde zu früh beginnt. Am Freitagmorgen um 8.59 Uhr ergreift der neue Bundesanwalt Stefan Blättler an seinem ersten öffentlichen Auftritt das Wort. Seine überpünktliche Ansprache steht für das Bild, das er von sich abgibt: ein uneitler Teamplayer im Dienst der Institution. Dazu passt, dass sich Blättler von seinen beiden Stellvertretern Ruedi Montanari und Jacques Rayroud begleiten lässt.

Damit ist auch schon einer der grössten Unterschiede zu Blättlers Vorgänger Michael Lauber klar, der vor bald zwei Jahren nach Sololäufen und groben Verstössen gegen die Regeln der Strafverfolgung abtreten musste. Blättler geht es nicht um seine Person, sondern um die Sache. «Ich will mich für eine sichere und rechtsstaatliche Schweiz einsetzen. Verbrechen dürfen sich nicht lohnen, denn sie führen zu Leid», so die ersten Worte von Blättler.

Mit dem ehemaligen Kommandanten der Berner Kantonspolizei Blättler sind keine Revolutionen zu erwarten. «Im Moment sehe ich keine Bereiche, wo ich die Bundesanwaltschaft neu organisieren oder ausrichten müsste», sagte er. Seine Aufgabe ist es tatsächlich, die krisengeschüttelte Institution weiter in ruhigeren Gewässern zu halten. Dennoch skizzierte Blättler vier Schwerpunkte, wo er Akzente setzen will.

Die vier Schwerpunkte

  1. Kriminelle Organisationen. Die Schweiz sei ein attraktiver Standort für die organisierte Kriminalität, sagte Blättler. Als Beispiel nannte er die Mafia. Deshalb sei die Zusammenarbeit mit dem Ausland so wichtig. Und darum seien seine ersten Reisen im Amt diesen Februar und März auch nach Mailand und Rom gegangen.

  2. Wirtschaftskriminalität, Geldwäscherei und internationale Korruption. Dieser Bereich sei insbesondere wichtig, um den Schweizer Finanzplatz zu schützen. «Am Schluss geht es um die Reputation der Schweiz», sagte Blättler. Eine Zahl macht die Dimension dieses Bereichs deutlich. In laufenden Strafverfahren der Bundesanwaltschaft sind derzeit rund 5 Milliarden Franken auf Schweizer Bankkonten eingefroren.

  3. Terrorbekämpfung. Diese Thematik sei angesichts des Kriegs in der Ukraine etwas in den Hintergrund geraten, jedoch nach wie vor virulent, so Blättler. Die Ermittlungen zeigten, dass es meist vorbestrafte oder polizeibekannte Personen seien, die im Bereich Terror auf den Radar kämen. Hier sei die Zusammenarbeit mit den Kantonen zentral. «Das Ziel muss sein, vermehrt gemeinsame Ermittlungsgruppen einzurichten», sagte Blättler.

  4. Völkerstrafrecht. Hier geht es insbesondere um Kriegsverbrecher. Die Schweiz müsse «alles in der Macht Stehende» tun, um diese zu bestrafen, so Blättler. Deshalb habe er auch schon eine Taskforce auf die Beine gestellt, die im Zusammenhang mit dem Krieg in der Ukraine Zeugenaussagen sammle, die auf mögliche Kriegsverbrechen hindeuten.

Stellvertreter Montanari machte auch klar, was die Bundesanwaltschaft in Zukunft weniger machen möchte: Bagatellfälle mit Sprengstoff und Gewalt gegen Beamte. «Für die Verfolgung von Robidog-Sprengungen oder Aggression gegen Zugbegleiter braucht es die Bundesanwaltschaft nicht», sagte er. Diese Zuständigkeit möchte die Bundesanwaltschaft an die Kantone abtreten. Das Parlament evaluiert derzeit, ob Organisation und Kompetenzen in der Strafverfolgung angepasst werden sollen.

Stefan Blättler flankiert von seinen Stellvertretern Ruedi Montanari (links) und Jacques Rayroud.

Kein Wort über Lauber

Über seinen Vorgänger Lauber wollte Blättler kein Wort verlieren. «Ich bin nicht gekommen, um Vergangenheitsbewältigung zu betreiben. Schauen wir doch endlich vorwärts. Ich habe meine Arbeit am 1. Januar dieses Jahres angefangen und eine gut geführte und professionell aufgestellte Organisation mit motivierten Mitarbeitern angetroffen», sagte er. Die Frage, wie er zu informellen, nicht protokollierten Treffen stehe, die Lauber etwa mit Fifa-Chef Gianni Infantino abhielt, bezeichnete er als «Selbstläufer». «Ich halte mich an die Strafprozessordnung – und meine Mitarbeiter auch, das ist selbstverständlich», sagte Blättler.

«Ich bin nicht gekommen, um Vergangenheitsbewältigung zu betreiben. Schauen wir doch endlich vorwärts.»

Bundesanwalt Stefan Blättler

Seinen beiden Stellvertretern Montanari und Rayroud, die von einigen mitverantwortlich gemacht wurden für die Verfehlungen Laubers, drückte Blättler sein volles Vertrauen aus. Es ist ihnen offenbar gelungen, sich genügend vom ehemaligen Chef zu distanzieren. Davon zeugt eine Antwort Montanaris auf eine Journalistenfrage: «Unsere primäre Aufgabe ist es, loyal zu sein mit dem Chef. Die Bundesanwaltschaft hat nur einen Chef, und der sagt, wo es langgeht. Da können wir Stellvertreter noch so lange sagen: «Wir haben Bedenken» – Handlungsmöglichkeiten haben wir keine.»

Der erste Auftritt des neuen Chefs Blättler stimmt zuversichtlich, dass die Stellvertreter künftig weniger oft ihre Bedenken anbringen müssen.