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Digitale Gästeliste
Diese Apps helfen Club-Betreibern beim Gäste-Tracing

Contact-Tracing per Handy nach dem Clubbesuch? Zwei neue Apps wollen Veranstaltern und Gästen das Nachtleben erleichtern.
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Schweizer Clubs stehen vor einem Problem, das haben die vergangenen Wochen gezeigt: Die Betreiber müssen sich darauf verlassen, dass Gäste korrekte Namen und Kontaktdaten angeben, sodass im Fall einer Ansteckung an einer Veranstaltung die nötigen Contact-Tracing-Massnahmen greifen können. Leider, so hatte sich gezeigt, wird bei Namen und E-Mail-Adressen zu oft Nonsens angegeben.

Einige Clubs setzen daher auf eine digitale Eintrittskarte, die auf ein Handy geschickt wird. So hat man zumindest schon einmal die Telefonnummer eines Gastes. Einen Schritt weiter möchte eine App namens «Socialpass» gehen. In ihr erfasst der Gast selbst seine Daten: Name, Telefonnummer und E-Mail-Adresse werden abgefragt, die Handynummer muss dabei per SMS-Code bestätigt werden (diese Funktion befindet sich noch in der Umsetzung). Aus den Daten wird dann ein QR-Code generiert, der über die App abgerufen werden kann.

Bislang verhaltenes Interesse von offizieller Seite

Sollte sich ein Veranstalter für den Einsatz von «Socialpass» entscheiden, würde das so funktionieren: Am Eingang wird mit einer Partner-App für Unternehmer namens «Socialscan» der vom Gast mit seinen Daten erstellte QR-Code gescannt. Die Daten werden über eine sichere Verbindung an einen Server der App-Hersteller in Frankreich übermittelt, wo sie 14 Tage lang gelagert werden. Kontaktiert der Kantonsarzt während dieser Zeit den Gastgeber wegen einer Corona-Infektion, kann dieser die Gästeliste des fraglichen Abends einfach als PDF-Datei an die kantonale Stelle schicken. Nach Ablauf der 14 Tage werden die Daten automatisch gelöscht.

Entwickelt hat «Socialscan» der Software-Dienstleister SwissHelios mit Sitz in den Kantonen Zürich und Waadt. Ursprünglich angesichts der Corona-Epidemie für die Gastronomie entwickelt, wurde das Konzept schnell auf andere Gastrobetriebe und Clubs ausgeweitet. Erwin Peter, einer der drei Gründer von SwissHelios, kann sich auch noch weitere Einsatzgebiete vorstellen: «In einem Altersheim, im Theater oder in Trainingsgruppen könnte das auch funktionieren», sagt er.

Eigentlich war angedacht, dass auch die Kantonsärzte die App adaptieren und so direkt auf die Daten zugreifen könnten, doch da sich die Rückmeldungen aus den Ämtern nicht wie gewünscht entwickelte, wurde die PDF-Option implementiert. Überhaupt ist das Interesse an der App von offizieller Stelle bislang noch verhalten. SwissHelios ist nach Angaben von Peter allerdings im Gespräch mit Vertretern aus der Politik und mit diversen Kantonsärzten. Auch von Clubbetreibern habe es mittlerweile Anfragen gegeben, die App ist bisher hauptsächlich in Restaurationsbetrieben in der Westschweiz im Einsatz. Ob mit ihrer Hilfe schon Corona-Fälle erfolgreich nachverfolgt werden konnten, entzieht sich Peters Kenntnis: «Im Normalfall kriegen wir das nicht mit.»

Absolute Datensicherheit herzustellen, ist schwierig

Natürlich stellt sich auch bei dieser App die Frage nach der Privatsphäre und der Datensicherheit. Die verschlüsselte Übertragung der Daten mit einer Schlüssellänge von 256 Bit sowie die Lagerung auf einem firmeneigenen Server (zwar nicht in der Schweiz, aber immerhin im Nachbarland Frankreich) sprechen für die App.

Absolute Datensicherheit lässt sich aber auch hier, wie fast immer, nicht garantieren. Der Clubbetreiber beispielsweise könne die PDF-Listen mit den Gästen einsehen, auch dass ein Administrator der SwissHelios-Server Zugriff erlangen könnte, kann Gründer Peter nicht völlig ausschliessen. Aber, gibt er zu bedenken, das sei immer noch sicherer als die derzeit vielerorts betriebene Zettelwirtschaft in Eingangsbereichen von Veranstaltungsorten. Für Gäste ist die App gratis, für Unternehmer wird die «Socialscan»-App nach einem siebentägigen Gratistest 20 Franken pro Monat und eingesetztem Gerät kosten.

Einen etwas anderen Ansatz, der mehr Anonymität verspricht, verfolgt die App «Mindful Check-in» der Zürcher Agentur Mindnow. Hier erfolgt keine vorherige Anmeldung, Gäste von Kinos oder Restaurants müssen lediglich einen dort angebrachten QR-Code scannen.

Die Daten werden per SSL-Verbindung gesichert übertragen an einen Amazon-Server in der Schweiz und können nur mit einem Schlüssel, der im Falle eines Ansteckungs-Events ausschliesslich dem BAG zur Verfügung gestellt wird, gelesen werden. Die Geräte-ID oder persönliche Daten (sofern der Gastgeber bestimmt hat, dass Name sowie Telefonnummer angegeben werden müssen) werden ebenfalls 14 Tage lang gespeichert und dann gelöscht.

Die App entstand beim firmeninternen Hackathon

Geld verdienen wolle man mit der App nicht, sagt Jean-Paul Saija, Co-CEO von Mindnow. Im Vordergrund stehe das Bestreben, eine zweite Welle zu verhindern. Die Anwendung sei in einem internen Hackathon entstanden und werde gut angenommen. Die Website von Mindnow vermerkt über 30 Restaurants, die sich in den 24 Stunden nach der Lancierung angemeldet haben. Mittlerweile hätte sogar ein Unternehmen aus Grossbritannien Interesse bekundet, bemerkt Saija.

Bei den Superspreader-Events der vergangenen Wochen hat sich gezeigt, dass eine reine Verfolgung durch die Swiss-Covid-App nicht wirksam ist, solange sie nicht von einem Grossteil der Bevölkerung genutzt wird. Nachtclubs, aber auch Bars, Beizen und Restaurants sind derzeit noch auf Kundendaten angewiesen, Apps wie «Socialpass» oder «Mindful Check-in» könnten dabei helfen.

So interessant beide Ansätze sind: Dienstleister aus der Gastro- und Unterhaltungsbranche müssen die Konzepte annehmen und einsetzen, sonst wird es nichts mit einem effektiven, digitalen Tracing.

«Socialpass» und «Mindful Check-in» sind für iOS und Android erhältlich