Berufsfeuerwehr testet «Weltneuheit»Die Zürcher Feuerwehr will alternativ unterwegs sein
Bis 2035 soll die städtische Flotte umweltfreundlich sein. Am Dienstag hat die Berufsfeuerwehr die weltweit erste E-Autodrehleiter eingeweiht.
Dichter Rauch steigt am Dienstag von der Wache Süd in Wiedikon auf, wo die Zürcher Berufsfeuerwehr ihren Hauptsitz hat. Ein Einsatzfahrzeug rollt mit Blaulicht aus einer der Garagen in den Innenhof. Zwei Brandbekämpfer fahren die Drehleiter bis zu einem geöffneten Fenster im vierten Stock aus, aus dem es qualmt. Die Feuerwehrleute «retten» eine Frau aus dem Fenster und versprühen das Löschwasser nicht in das Gebäudeinnere auf den vermeintlichen Brandherd, sondern in die Luft.
Verantwortlich für diese nicht alltägliche Show ist eine «Weltneuheit»: Die Zürcher Berufsfeuerwehr nimmt ab Dezember die – laut Angaben von Stadt und Hersteller – weltweit erste elektrisch angetriebene Autodrehleiter in Betrieb. Statt wie sonst üblich mit Diesel wird das 18 Tonnen schwere Einsatzfahrzeug mit der 32 Meter langen Drehleiter mit Strom aus drei Lithium-Ionen-Akkus gespeist. «Die Akkus sind etwa zwei- bis dreimal so leistungsstark wie die eines E-Autos», sagt Markus Zellinger. Er ist Vertreter jenes österreichischen Herstellers, der die elektrische Autodrehleiter konstruiert hat.
100’000 Franken Miete pro Jahr
Zunächst kauft die Berufsfeuerwehr Zürich die 1,2 Millionen Franken teure technische Innovation jedoch nicht an, sondern mietet sie für ein Jahr. Kostenpunkt: 100’000 Franken. Ein Grund, warum die elektrisch betriebene Autodrehleiter zuerst in Zürich zum Einsatz kommt, ist unter anderem die Fahrzeugpolitik der Stadt: Bis zum Jahr 2035 soll die gesamte städtische Flotte nach dem Motto «Netto null» auf umweltfreundliche Antriebe umgestellt werden. Das betrifft auch die Berufsfeuerwehr, wobei für solche sensiblen Bereiche Ausnahmen vorgesehen sind, um keine Abstriche bei der Sicherheit in Kauf nehmen zu müssen.
Die erste Frage bei E-Mobilität sei oft, wie viele Kilometer mit einer Akkuladung zurückgelegt werden könnten. Für Feuerwehren sei die Anzahl der Einsätze entscheidend, so Herstellervertreter Zellinger. Acht bis zehn Brandeinsätze sollen mit der E-Autodrehleiter bei einem angenommenen Anfahrtsweg von vier Kilometern nach einer Akkuladung möglich sein. In ländlichen Gebieten, wo die Anfahrtswege weiter sind, seien es drei bis vier Einsätze.
Mit der technischen Neuheit seien keine Kompromisse beim Schutz der Bevölkerung eingegangen worden, sagt Claudio Corte, der bei der Berufsfeuerwehr für Beschaffungen zuständig ist. In einer einjährigen Pilotphase soll die neue E-Autodrehleiter in allen Teilen der Stadt und auch am Flughafen Kloten getestet werden.
Wann wird die Zürcher Berufsfeuerwehr mit ihren etwa 100 Einsatzfahrzeugen ganz umweltfreundlich unterwegs sein? Manfred Rothlin, der die Dienstgruppe am Flughafen leitet, verweist auf die momentan neuwertigen Einsatzfahrzeuge, die in den Garagen der Berufsfeuerwehr stehen. Deswegen sei mit einer Umstellung auf Stromer erst bei den nächsten geplanten Anschaffungen in den Jahren 2026 oder 2027 zu rechnen. Der letzte Kauf eines Dieselfahrzeugs habe vor etwa zwei Jahren stattgefunden.
Laut dem Kommandanten der Zürcher Berufsfeuerwehr, Peter Wullschleger, haben schon heute etwa zehn Prozent der Flotte einen alternativen Antrieb, sprich Strom, Hybrid oder Gas. Die Zeit arbeite für sie, die Technik von alternativen Antrieben werde immer ausgereifter. «Und wir sind es unseren Kindern schuldig, auf umweltfreundliche Antriebe zu setzen», sagt Wullschleger.
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