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Die Südostbahn rollt in die Zukunft

Die Vorhänge in den Zugabteilen sind Geschichte, die Zeiten eines leicht nostalgischen Reisegefühls sind vorbei: Der Voralpen-Express der Südostbahn (SOB) ist in der Moderne angekommen. Seit Dienstag rollen neue Züge auf der Strecke von St. Gallen über Rapperswil nach Luzern. Die Südostbahn hat den neuen Fernverkehrszug Traverso in Betrieb genommen. Bis Ende Jahr werden die alten Züge des Voralpen-Expresses komplett durch das neue Rollmaterial ersetzt werden. Später verkehren die Traverso-Züge des Schweizer Herstellers Stadler Rail dann auch von Zürich über die Gotthard-Bergstrecke nach Locarno (ab Dezember 2020) und von Chur über Wädenswil, Thalwil und Zürich nach Bern (ab Dezember 2021).

Viel Platz

Nicht nur für das Bahnunternehmen, sondern auch für die Passagiere ist das neue Rollmaterial ein Quantensprung: Als Erstes sticht von aussen die kupferfarbene Hülle sofort ins Auge. Die Farbe ist auf dem Schweizer Schienennetz einzigartig. Innen wirkt der Zug äusserst grosszügig, auch in der 2. Klasse sind die Sitzplätze mit Steckdosen ausgerüstet. In der 1. Klasse wirkt der Zug noch geräumiger. Einzelne Sitze sind sogar versetzt, damit Passagiere die Beine richtig ausstrecken können. Auch separate Kleiderbügel gibt es in der 1. Klasse.

In zwei Bistrozonen stehen Kaffee- und Snackautomaten zur Verfügung. Genügend Platz ist auch für Velos und Gepäck vorhanden. Abgetrennt gibt es eine Familienzone mit Platz für Kinderwagen. Eine separate Abteiltür sorgt dafür, dass Lärm aus dem Kinderabteil nicht durch den ganzen Zug schallt. Die grossen Fenster laden ein, die vorbeiziehende Landschaft zu betrachten – die Vorhänge mit Kultstatus sind handelsüblichen Rollos gewichen. «Wir haben lange über die Vorhänge diskutiert», sagt SOB-CEO Thomas Küchler. Aus feuerpolizeilichen Gründen haben man aber darauf verzichten müssen.

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Ab Ende Jahr verkehren alle Voralpen-Express-Züge mit dem neuen Rollmaterial. 2020 folgt die Gotthard-Strecke, 2021 jene von Bern nach Chur.
Die erste Klasse besticht durch versetzte Sitze.
Die Passagiere haben viel Platz.

Einzelne Stufen

Rollstuhlfahrer gelangen dank Niederflureinstieg einfach in den Zug. Weil Platz für die Radkästen bleiben muss, ist der Zug aber nicht durchgängig ebenerdig gebaut. Wie in anderen solchen Zügen gewohnt, führen kurze Rampen in den nächsten Wagen. Teilweise wurden aber gar einzelne Stufen bei den Wagenübergängen verbaut. Das ist zwar nicht besonders kundenfreundlich, dürfte aber im Alltag für wenige Probleme sorgen, da auch in den reinen Niederflurzonen viele Sitzplätze zur Verfügung stehen.

Bei Stadler Rail und der Südostbahn ist man stolz darauf, den Zug pünktlich auf die Schiene gebracht zu haben. Das ist mit Blick auf das aktuelle Beschaffungsdebakel der SBB mit den Bombardier-Doppelstockzügen alles andere als selbstverständlich. Schadenfreudig wolle man deswegen aber nicht sein, sagt SOB-Verwaltungsratspräsident Hans Altherr im Rahmen einer Medienfahrt: «Man weiss nie, was passiert.» Aber Altherr stellt auch klar: «Als wir 2015 die Ausschreibung für die neuen Züge machten, wussten wir von ersten Problemen bei den SBB.» Man habe den Anforderungskatalog deshalb bewusst klein gehalten. Weil die Zeit zwischen Bestellung und Auslieferung deutlich kürzer ist als bei den SBB, hätten sich die Anforderungen an den Zug auch weniger verändert.

Viel Lärm im Tunnel

Kinderkrankheiten hat aber auch der neue Südostbahn-Traverso. Im Vergleich zum neuen Doppelstockzug der SBB scheinen diese aber weniger betriebskritisch zu sein. Vielmehr geht es um den Komfort der Passagiere. Der SOB-Zug macht etwa im langen Rickentunnel gehörig Lärm, Passagiere müssen ihre Gespräche lauter fortsetzen. «Die alten Tunnel sind sehr eng gebaut», sagt SOB-CEO Thomas Küchler. Das führe zu mehr Luftdruck. Die Techniker seien daran, den Druckausgleich zu verbessern, verspricht er. Auch die Klimasteuerung des Zuges muss noch optimiert werden.

Entlang der Strecke gibt es ebenfalls Verbesserungspotenzial. Die Südostbahn arbeitet derzeit mit Mobilfunkbetreibern daran, dass die Handynetze ausgebaut werden. Das ist auch nötig, denn an Bord des neuen Zuges gibt es kein WLAN für die Passagiere. Die Fensterscheiben des Zuges wurden aber so entwickelt, dass möglichst guter Handyempfang möglich ist.

34 neue Züge

Über die nächsten Jahre kauft die Südostbahn 34 neue Züge. Bei 24 davon handelt es sich um die achtteiligen Traverso-Züge mit je 359 Sitzplätzen. Dazu kommen zehn vierteilige Verstärkungseinheiten mit 197 Sitzplätzen, die aber auch als kurze S-Bahnen etwa von Wädenswil nach Einsiedeln eingesetzt werden. Die Gesamtinvestitionen betragen rund 480 Millionen Franken.

Mit der Übernahme der zwei Linien von den SBB über den Gotthard, mit dem Markennamen «Treno Gottardo», und von Bern nach Chur, mit dem Namen «Aare Linth», wächst die Südostbahn zünftig an. Heute beschäftigt das Unternehmen rund 600 Mitarbeiter. Mit den neuen Strecken kommen rund 250 weitere dazu. Dieser Schritt sei wichtig, sagt Verwaltungsratspräsident Hans Altherr: «Wir sind überzeugt davon, dass die heutige Südostbahn zu klein wäre, um langfristig zu überleben.» Dank der Partnerschaft mit den SBB könne man nun wachsen. Das Wachstum habe auch direkte finanzielle Vorteile für die Kantone – vor allem Schwyz, St. Gallen und Zürich – sowie den Bund, welche das Angebot im regionalen Personenverkehr finanzieren. CEO Thomas Küchler sagt: «Dank den Synergieeffekten können wir die Abgeltungen um 18 Prozent senken.» Der Steuerzahler werde so um jährlich 9 Millionen Franken entlastet.