Auf Erdogans WunschSchweizer Beamte schreiben Türkiye statt Türkei
Aussendepartement und Migrationsamt verwenden für das Land seit kurzem die türkische Schreibweise. Jetzt pfeift sie die Sprachhüterin des Bundes zurück.
Wer auf der Website des Schweizer Aussendepartements (EDA) nach Reisehinweisen für die Türkei sucht, findet das Land seit kurzem nur noch unter dem Namen Türkiye. Auch die Schweizer Botschaft steht neu nicht mehr in der Türkei, sondern in Türkiye. Und das Staatssekretariat für Migration (SEM) vermeldete am Donnerstag für den Juni 406 neue Asylgesuche aus Türkiye, einen Monat zuvor waren es noch 346 aus der Türkei.
In den letzten Wochen ist das Wort Türkei nach und nach von Websites des Bundes verschwunden. Auch Turquie, Turchia oder Turkey auf den französischen, italienischen oder englischen Versionen dieser Seiten sind weg. Das gipfelt dann in Wortkombinationen wie Swiss Business Hub Türkiye auf der Website der Schweizer Organisation für Standortförderung.
So kam es dazu: Die Türkei habe Ende Mai einen offiziellen Antrag zur Namensänderung an die UNO sowie ihre Mitgliedsstaaten gerichtet, indem sie dazu aufruft, als neuen offiziellen Namen Türkiye oder Republik Türkiye zu verwenden. Dies teilt die Bundeskanzlei auf Anfrage mit. Sie ist die oberste Sprachhüterin des Bundes.
Statt «Made in Turkey» heisst es inzwischen auch «Made in Türkiye».
Die englische Schreibweise soll mit ein Grund dafür sein, dass der türkische Präsident Recep Tayyip Erdogan schon seit einiger Zeit versucht, die Welt von Türkiye zu überzeugen. Wer will denn schon gleich gerufen werden wie ein eher unansehnlicher Vogel? Statt «Made in Turkey» heisst es inzwischen auch «Made in Türkiye». Kritiker Erdogans sehen hinter dessen Sprachoffensive vor allem ein populistisches Manöver. Solche symbolischen Erfolge sollen demnach dem Präsidenten bei den Wahlen im nächsten Jahr helfen und von den grossen wirtschaftlichen Problemen des Landes ablenken.
Die UNO jedenfalls hat den Antrag der Türkei Anfang Juni angenommen. Auch andere internationale Organisationen wie die Nato verwenden seither die türkische Schreibweise für das Land.
Und kurz darauf machten sich auch Beamte in Bundesbern daran, die Online-Auftritte ihrer Amtsstellen anzupassen. Voreilig, wie sich jetzt herausstellt.
Nach der Anfrage dieser Zeitung hat die Bundeskanzlei sie nämlich zurückgepfiffen. Die türkische Schreibweise soll seit Juni nur im internationalen Schriftverkehr der Schweiz verwendet werden, teilt die Bundeskanzlei mit. In amtlichen Publikationen und den weiteren für die Öffentlichkeit bestimmten Texten seien dagegen weiter die in den Amtssprachen gebräuchlichen Orts- oder Länderbezeichnungen zu gebrauchen. Das Gesetz verpflichte die Behörden zu einer Sprache, «die für die Bürgerinnen und Bürger verständlich ist».
Das SEM reagiert umgehend. In der Medienmitteilung zu den Asylgesuchen ist seit Freitag wieder von der Türkei die Rede. Und auch das EDA wird seine Website wohl überarbeiten müssen.
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