Die Zahl der Skeptiker sinktDie Mehrheit will nun die Impfung
Die Impfbereitschaft ist innert nur sechs Wochen stark gestiegen. Sei das Vakzin vor den Sommerferien noch immer knapp, könnte es gar zu einem Verteilkampf kommen, sagt der Präsident der Zürcher Ärztegesellschaft.
Noch im Dezember hätten sich lediglich 41 Prozent der Bevölkerung impfen lassen, hätten sie damals die Möglichkeit gehabt, 39 Prozent hätten sich dagegen entschieden. Heute, nur sechs Wochen später, zeigt sich ein ganz anderes Bild: Knapp 60 Prozent wollen den Impfstoff, nur noch 27 Prozent nicht. 14 Prozent sind unentschlossen. Dies geht aus einem repräsentativen Monitoring der Universität Zürich hervor, das untersucht, wie die Schutzmassnahmen gegen Covid-19 von der Bevölkerung mitgetragen werden.
Was ist in diesen sechs Wochen geschehen? «Diese zweite Welle ist lang und zäh, sie belastet viele Menschen», sagt der Basler Kantonsarzt Thomas Steffen. In dieser Situation sähen viele eine Impfung als Weg aus dieser Krise, zurück in ihr bisheriges Leben. «Diese Überlegung ist stärker ins kollektive Bewusstsein gerückt.» Dabei spiele auch die Sorge um die eigene Gesundheit und um die der Angehörigen sowie das mutierte Virus hinein.
Zudem hat sich die Einstellung zur Impfung geändert. Sie erscheint nicht mehr als etwas, das einem aufgedrängt wird, sondern das viele haben wollen – und von dem zu wenig vorhanden ist. Das Wort «Impfdrängler» etwa war bis Ende Jahr in der Schweizer Mediendatenbank inexistent. «Personen, die bereits eine Impfung bekommen haben, sagen mir, sie empfänden sich als privilegiert», sagt Thomas Steffen. Nach seiner Einschätzung könnte der Kanton Basel-Stadt heute zehnmal mehr Impftermine vergeben – wenn es die entsprechenden Impfdosen gäbe.
Viele Personen waren skeptisch gegenüber den Covid-19-Impfstoffen, weil sie schnell entwickelt wurden. Diese Skepsis ist etwas gewichen, wie Steffen sagt. Es seien keine grösseren Komplikationen aufgetreten, die man nicht erwartet hätte.
Pflegepersonal ist skeptisch
Sorgen bereitet allerdings die tiefe Impfbereitschaft des Pflegepersonals. In manchen Heimen ist nur gerade jede fünfte Pflegefachperson bereit, sich das Vakzin spritzen zu lassen, wie eine Umfrage des Heimverbands Curaviva im Kanton Thurgau ergab. Im besten Fall waren es 50 Prozent.
Die neusten Zahlen aus dem Kanton Bern lassen darauf schliessen, dass auch die Impfbereitschaft unter dem Pflegepersonal – leicht – steigt. Während sich 80 Prozent der Bewohnerinnen und Bewohner impfen lassen wollen, sind es beim Personal 40 Prozent. Dies ergaben Rückmeldungen aller 300 Alters- und Pflegeheime.
Tief ist die Impfbereitschaft auch bei den 18- bis 34-Jährigen, wie eine Umfrage von Tamedia und «20 Minuten» Ende 2020 ergab. Je nachdem, welche Reiseauflagen im Sommer gelten, werden sich aber auch vermehrt Jüngere impfen lassen wollen. «Wenn der Impfstoff vor den Sommerferien noch immer knapp ist, könnte es zu einem eigentlichen Verteilkampf kommen», sagt Josef Widler, Präsident der Zürcher Ärztegesellschaft.
Mit einer Impfbereitschaft von 60 Prozent ist die Schweiz nach Ansicht von Thomas Steffen auf einem guten Weg. Wenn sich tatsächlich all diese Personen impfen liessen, entziehe man dem Virus viel Boden. Allerdings ist nach wie vor nicht geklärt, ob Geimpfte das Virus nicht auch weitergeben können.
Fake News könnten Impfbereitschaft wieder senken
Was aber ist mit den 27 Prozent der Befragten, die sich heute nicht impfen lassen wollen? Studien lassen darauf schliessen, dass rund 2 Prozent der Bevölkerung tatsächlich Impfgegner sind. «Diese wird man nie überzeugen können, ihre Haltung hat fast religiöse Züge», sagt Josef Widler.
Was seiner Ansicht nach zu einem Problem werden könnte, sind Fake News. Es kursierten Legenden, wonach mit dem Impfstoff Chips implantiert würden oder dass dieser unfruchtbar mache. Diese Vorbehalte seien deutlich widerlegt, sagt Widler. Aber: «Sobald Angst im System ist, wird die Logik abgestellt.»
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