Ihr Browser ist veraltet. Bitte aktualisieren Sie Ihren Browser auf die neueste Version, oder wechseln Sie auf einen anderen Browser wie ChromeSafariFirefox oder Edge um Sicherheitslücken zu vermeiden und eine bestmögliche Performance zu gewährleisten.

Zum Hauptinhalt springen

Sogar ein Ferrari ist dabei
Das sind die hässlichsten Formel-1-Autos der Geschichte

Jetzt abonnieren und von der Vorlesefunktion profitieren.
BotTalk


Ästhetik spielt in der Welt der Formel 1 eine grosse Rolle. Glitzer, Pomp, Glanz, wo man hinschaut. Doch ausgerechnet beim Herzstück der Königsklasse, dem Auto, gibt es einige Modelle, die so gar nicht in dieses Bild passen wollen. Eine Auswahl besonders verunglückter Boliden. 

Ligier JS5 – Der Schlumpf

Hätte Gargamel den JS5 gesehen, mit dem Ligier in die Saison 1976 startete, wäre er dem Rennwagen wohl nachgerannt. Der Comic-Bösewicht jagt in der Fernsehserie «Die Schlümpfe» seit Jahrzehnten den kleinen blauen Wesen mit den weissen Mützen nach. Und genau an ein solches gemahnt der JS5 mit seinem blauen Chassis und dem gigantischen Luftfilter, der wie eine Schlumpfmütze hinter dem Fahrer emporragt. Er erhielt den Übernamen «Teekessel», was nicht viel schmeichelhafter war.

«Schlumpf» oder «Teekessel»? Schön jedenfalls geht anders als der Ligier JS5. 

Mit ihm sorgte Ligier damit schon in seiner Debütsaison für Aufsehen. Aus Kostengründen konnte Gründer Guy Ligier nur einen Fahrer an den Start schicken. Die Wahl fiel auf den Franzosen Jacques-Henri Laffite, der sich in jenem Jahr für jedes Rennen qualifizierte und gar drei Podestplätze holte – allerdings war die riesige Haube bald verboten worden. Der Grund für diese war im Übrigen nicht ein technischer, sondern ein finanzieller: Ligier wollte seinem Sponsor, dem Zigarettenhersteller Gitanes, eine möglichst grosse Werbefläche für sein Logo bieten, das eine tanzende Frau zeigt. Der Ligier JS5 wurde deshalb auch als «rasende Plakatwand» bezeichnet.

Lotus 49B Ford – Der Doppeldecker

Die Gebrüder Wright wären vielleicht neidisch geworden, hätten sie die Würfe von Lotus und anderen Teams Ende der 60er-Jahre noch miterlebt. Jo Siffert, der Schweizer Ausnahmepilot, drehte in einem Auto seine Runden, das auch glatt als von den Wrights ertüftelter Doppeldecker durchgegangen wäre: Auf dem Lotus 49B Ford prangten ein Front- und ein Heckflügel auf langen Stelzen.

Trotz dieser Optik kein Überflieger: Jo Siffert 1969 in Brands Hatch im Lotus 49B Ford. 

Durchgesetzt hat sich das gewöhnungsbedürftige Konstrukt, auf das zwischenzeitlich auch Brabham oder McLaren setzten, trotz einiger beachtlicher Resultate nicht. Auch der Versuch, nur den Heckflügel weit oben anzubringen, wurde bald abgebrochen.

Eifelland Typ 21 – Der E.T.-Vorgänger

War es 1972 die Vorankündigung von E.T., dem schrullig-sympathischen Ausserirdischen, der in einem Spielberg-Film zehn Jahre später die Kinos der Welt erobert? Was sich auf der Nase des Eifelland Typ 21 auftürmte, sah jedenfalls aus wie ein langer Hals mit quer liegendem Kopf. In Wahrheit war es ein riesiger Rückspiegel, den der deutsche Rennstall an seinem Auto montiert hatte.

E.T. auf Rädern: In der Mitte des Eiffeland Typ 21 schiesst ein grosser Rückspiegel empor.

Als Basis diente der March 721, der in jener Saison beim Werksteam von Niki Lauda und Ronnie Peterson gefahren wurde. Vielleicht war der Grund für den Missgriff, dass das Kerngeschäft des Teams Eifelland Caravans – wie der Name verrät – im Bau von Wohnwagen lag. In der Formel 1 hielt sich der Rennstall des Deutschen Günther Hennerici nicht lange. Das Auto von Stardesigner Luigi Colani wirkte zwar schnittig und futuristisch, war auf der Strecke aber ein Flop.

March 711 – Das Surfbrett

Die Formel 1 hatte einige verwegene Fahrer, Sonnyboys, die auch gut als Surferboys durchgegangen wären. Vielleicht liess sich der Brite Frank Costin von ihnen inspirieren, als er für March auf die Saison 1971 hin den 711er entwarf. Jedenfalls sah das, was bei einem Rennauto der Frontflügel sein sollte, bei diesem aus wie ein Surfbrett, das verkehrt herum montiert wurde. Oder ein Bügelbrett. Manche nannten es auch Beistelltisch.

Ronnie Peterson bei rasender Fahrt: Der March 711 war nicht nur hässlich, sondern auch schnell. 

Doch die Hauptaufgabe eines Rennwagens erfüllte der March 711: Er war schnell. Der Schwede Ronnie Peterson wurde mit fünf Podestplätzen WM-Zweiter hinter Jackie Stewart, der im Tyrrell die Saison dominierte. Einen Sieg verpasste Peterson allerdings – einmal aber äusserst knapp. Beim GP von Italien schoss er nur eine Hundertstel nach Sieger Peter Gethin im B.R.M ins Ziel.

Peterson sorgte auf der Strecke in Monza aber auch für eine Tragödie. Beim Grand Prix 1978 war er mit seinem Lotus in eine Massenkarambolage verwickelt, sein Auto fing Feuer. Peterson konnte noch seinen Gurt öffnen, wegen gebrochener Beine aber nicht selbst aus dem Cockpit steigen. James Hunt, der Schweizer Clay Regazzoni und Patrick Depailler zogen ihn aus dem Wrack. Eigentlich war Peterson nicht in Lebensgefahr, während der Operation der Beine allerdings verschlechterte sich sein Zustand, wenige Stunden später starb er an den Folgen einer Fettembolie.

Ensign N179 – Der Waschbrettbauch

Dass ein Rennwagen auch Kühler braucht, dürfte Luftfahrzeugingenieur John Baldwin und Designer Shahab Ahmed erst spät in den Sinn gekommen sein. Zumindest machte das Auto, das die beiden für das britische Team Ensign und die Saison 1979 bauten, genau diesen Eindruck. Die Kühler waren auf der Fahrzeugnase angebracht – es wirkte wie eine Notlösung und sah aus wie drei Waschbretter. Diese hatten eigentlich die Funktion, den Motor zu kühlen. Doch das gelang nicht, die Hitze staute sich, worunter Fahrer Derek Daly litt, der in seinem Arbeitsgerät mächtig ins Schwitzen geriet.

Kühler, die nicht kühlen: Derek Daly 1979 im eigenwilligen und warmen Ensign N179. 

Auch deshalb kam während des Jahres immer wieder das Vor-Vorgängermodell N177 zum Einsatz. Mit diesem erlebte der Schweizer Marc Surer in jenem Jahr 1979 seine Premiere in der Formel 1, als er für die letzten drei Rennen aufgeboten wurde. Jedoch hatte auch der Baselbieter nicht allzu viel Glück. In Monza und Montreal verpasste er die Qualifikation für die Rennen, zum abschliessenden GP der USA in Watkins Glen konnte er zwar antreten, schied allerdings mit einem Motorschaden aus.

Brabham BT34 – Das Walross

Hummerschere? Walross? Es sind nicht unbedingt Bezeichnungen, die sich ein Designer wünscht, wenn er ein neues Auto präsentiert. Doch genau so erging es dem australischen Ingenieur Ron Tauranac, als er für seinen Landsmann Jack Brabham das Modell BT34 entwarf. Rundliche, seitliche Kühler und in der Mitte ein Flügel, der viel zu viel Abstand hatte zum Boden, brachten dem Rennwagen diesen Namen ein.

Ein Auto mit Hummerscheren: Graham Hill 1971 im Brabham BT34.

Wäre er wenigstens schnell gewesen, hätte wohl auch der zweifache Weltmeister Graham Hill darüber hinweggesehen, der unter anderem im Cockpit des BT34 sass. Doch dieser war nicht nur optisch ein Fehlgriff, sondern auch bezüglich Aerodynamik. Hill musste sich in jener Saison 1971 mit zwei Punkten und Rang 21 zufriedengeben.

Ferrari 312 B3 – Der Schneepflug

Vielleicht schämten sich die Verantwortlichen von Ferrari ja selbst ein wenig. Jedenfalls wurde das Fahrzeug namens 312 B3 nie im Rennbetrieb eingesetzt – und Konstrukteur Mauro Forghieri kurzerhand abgesetzt. Allerdings sollen die Leistungen des 1972 präsentierten Autos der Grund dafür gewesen sein, nicht die Optik. Es sah aber auch speziell aus. Eine schaufelförmige Nase brachte ihm den Namen «spazzaneve» ein, Italienisch für Schneepflug.

Nur zu Test- und Nostalgiezwecken unterwegs: Der Schneepflug von Ferrari, der 312 B3. 

Dennoch wurde Forghieri bald nach seiner Entlassung von Ferrari zurückgeholt, um auf der Basis des 312 B3 ein neues Auto zu entwickeln. Das tat er – und erst noch erfolgreich. Mit dem B3-74 gewannen Regazzoni und Niki Lauda 1974 drei Rennen, im Folgejahr wurde der Österreicher gar Weltmeister und sorgte zusammen mit dem Schweizer für den Triumph in der Konstrukteurswertung. Allzu hübsch waren allerdings auch die Nachfolger des Prototyps nicht, was an einer übergrossen Airbox, sprich einem übergrossen Luftfilter hinter dem Cockpit lag. Zur Verteidigung Forghieris muss angefügt werden: Damals fuhren sämtliche Teams mit Airboxen jener Art.

Auch nicht nur schön: Der Nachfolger des Ferrari 312 B3, der B3-74 für die Saison 1974 mit riesiger Airbox und bolzengeradem Frontflügel – daneben der Schweizer Rennfahrer Clay Regazzoni. 

Arrows A2 – Die rasende Zigarre

Ein Flügelauto ohne Flügel? Auch das gab es. Die britischen Ingenieure Dave Wass und Tony Southgate konstruierten für die zweite Saisonhälfte 1979 einen Rennwagen, der auch als rasende Zigarre in die Geschichtsbücher der Formel 1 hätte eingehen können. Die Heckpartie wurde nach oben gezogen gestaltet, Getriebe und Motor waren leicht nach vorn geneigt, damit das Auto trotz fehlender Flügel den nötigen Abtrieb generierte.

Mehr Zigarre als Auto: Jochen Mass im Arrows A2 1979 in Silverstone. 

Allerdings erhöhte sich dadurch der Schwerpunkt, das Fahrverhalten war schwierig, der Wagen aerodynamisch instabil. Die Fahrer Jochen Mass und Riccardo Patrese nannten die Handhabe des Autos «grauenvoll». Der Versuch wurde nach einer Saison abgebrochen.

Caterham CT05 – Der Nasenaffe

Die Autos von 2014 veranlassten Beobachter zu einer Menge Kreativität bei der Namensfindung. «Pinocchio», «Ameisenbär», «Staubsauger», «Grillspiess» oder «Nasenaffe», so hiessen die Boliden der neuen Generation. Grund für die speziellen Erscheinungsbilder war eine Regeländerung, die eine deutliche Absenkung der Nasenspitze vorsah. Entsprechend wild waren die Konstruktionen der Teams im Nasenbereich.

Schon der Teamchef warnte: «Es wird richtig hässlich.» Der Caterham CT05 bei den Testtagen 2014 in Jerez.

Optisch besonders missglückt war der CT05 von Caterham. Schon vor der Präsentation seines Autos versprach Teamchef Cyril Abiteboul: «Es wird richtig hässlich.» Die Rennwagen würden ihn an die Filme mit Aliens erinnern, «in denen ihnen etwas aus dem Mund kriecht. Kinder sollten eigentlich zu träumen beginnen, wenn sie ein Formel-1-Auto sehen, aber ich weiss nicht, ob sie jetzt eher Albträume kriegen.»

Wenigstens wurde das Reglement auf die Folgesaison angepasst. Der Caterham CT05 übrigens holte keinen einzigen Punkt – war damit aber nicht einmal allein. Sauber leistete den Malaysiern Gesellschaft am Ende der Tabelle.

Tyrrell P34 – Der sechsfache Hingucker

Zugegeben: Der Tyrrell P34 hat etwas. Man muss ihn nicht einmal hässlich finden. An Skurrilität aber ist er kaum zu überbieten.

Es gab tatsächlich Zeiten in der Formel 1, die heute oft als überreguliert gilt mit ihren Regelbüchern so dick wie Lexika, da war nicht einmal niedergeschrieben, dass ein Auto vier Räder haben sollte. Also wagte der britische Rennstall Tyrrell in den 70er-Jahren das Unvorstellbare und startete mit einem sechsrädrigen Rennwagen in die Saison, vier kleine Räder vorn, zwei grosse hinten. Die kleinen sollten verhindern, dass der Luftwiderstand zu gross wird. Allerdings wäre die Bodenhaftung zu gering gewesen, hätte es davon nur zwei gegeben. Deshalb verdoppelte Renningenieur Derek Gardner deren Anzahl.

Ein echter Hingucker: Ronnie Peterson 1977 im Tyrrell P34, dem einzigen sechsrädrigen Formel-1-Auto, das in einem Grand Prix zum Einsatz kam. 

Und der Bolide war nicht nur ein Hingucker, er war tatsächlich auch pfeilschnell. So feierten Jody Scheckter und Patrick Depailler im Premierenjahr 1976 in Schweden gar einen Doppelsieg. Auch Ferrari, Williams und March testeten Autos mit sechs Rädern, eingesetzt wurden sie aber nie. Und auch der Tyrrell P34 verschwand 1977 bereits wieder von der Bühne. Aber nur, weil die Erfolge danach ausblieben. Dass ein Formel-1-Auto vier Räder haben muss, wurde erst 1983 festgelegt.