Das breiteste Lachen im SchwimmsportDie Frau, die sich anschickt, Michael Phelps zu übertreffen
Katie Ledecky gewann schon mit 15 Olympiagold, jetzt kann die Amerikanerin an der WM die erfolgreichste Schwimmerin überhaupt werden. Dafür musste sie sich neu erfinden.
Es gibt die Momente, da begegnen sie sich am Beckenrand – er im Anzug mit Dutt, sie im Badeanzug mit Kappe. Michael Phelps, der grösste Schwimmer je und mittlerweile 38 Jahre alt, übergibt an der WM in Fukuoka manchmal die Medaillen. Und Katie Ledecky, seine 26-jährige Landsfrau aus den USA, gewinnt noch immer solche. Und nun ist sie plötzlich auf Augenhöhe mit dem GOAT, dem «Greatest of All Time».
Denn am Dienstag, es war nicht nur für sie, sondern für alle Schwimmerinnen ein ausserordentlicher Tag, hat sie mit ihrem Triumph über 1500 m Crawl zu ihm aufgeschlossen. Sie sind nun die erfolgreichsten Einzelschwimmer an Weltmeisterschaften auf der langen Bahn. Beide besitzen 15 Titel. Es sind dies die Auszeichnungen für lange, entbehrungsreiche Karrieren und die Dominanz in gleich mehreren Disziplinen.
Nie von einer grossen Bühne beeindrucken lassen
Ledecky war gerade 15 Jahre alt, als sie an den Olympischen Spielen in London miterlebte, wie Phelps vier Goldmedaillen gewann und dann eher überraschend ein erstes Mal zurücktrat. Sie selber ist eine jener Schwimmerinnen, die sich nicht von einer grossen Bühne beeindrucken lassen. An ihren ersten US-Meisterschaften bei der Elite sicherte sie sich den Olympiastartplatz, und an ihren ersten Spielen wurde sie gleich Olympiasiegerin über 800 m. Sie war damals die Jüngste im gesamten US-Team, es war der Anfang einer unvergleichlichen Karriere.
Am Dienstag hat Ledecky nicht nur zu Phelps aufgeschlossen, es gelang ihr noch ein zweites Kunststück: Seit 2013 gewann sie ihr bereits fünftes WM-Gold über 1500 m, das hat vor ihr niemand erreicht. Und wie schnelllebig ihr Sport sein kann, hat sie in all den Jahren mit dem Auftauchen immer neuer und starker Konkurrentinnen mehrfach erlebt. Zuletzt an der WM vor einem Jahr in Budapest, als mit der ebenfalls erst 15-jährigen Kanadierin Summer McIntosh ein Teenager auftauchte, der sich auch sofort in der Weltspitze festsetzte. Ledecky gewann damals Gold über 400 m Crawl, McIntosh Silber.
Nun geistert die Frage herum, ob am Samstag Ledecky sogar die Grösste sein wird, und das ist nicht überraschend. Denn dann steht in der Marine Messe in Fukuoka der Final über 800 m Crawl an – natürlich mit ihr als Mitfavoritin. Dass es überhaupt so weit hat kommen können, dass sie ein weiteres Mal zu Spitzenleistungen in Serie fähig ist, hat viel – oder nur – mit ihrer Leidenschaft und ihrer Bereitschaft zu tun, sich zu verändern.
Als sie 2021 von den Olympischen Spielen in Tokio nach Hause zurückkehrte mit ihren Goldmedaillen sechs und sieben und auch zwei Silbernen, war sie damit zwar zufrieden. Aber nicht mit den geschwommenen Zeiten. Zusammengezählt war sie in ihren drei Einzelrennen zehn Sekunden langsamer als noch in Rio 2016. Für sie das Zeichen für eine Veränderung, wollte sie weiterhin Erfolg haben.
«Katie, du musst athletischer werden.»
Die Frau mit dem wohl breitesten Lachen in der Schwimmwelt entschied sich für einen Wechsel von Stanford an die Ostküste nach Florida. Und etwas vom Ersten, was ihr der neue Trainer sagte, war: «Katie, du musst athletischer werden.» Das hatte sie nicht erwartet, so aber hat sie es der «Washington Post» vor der WM erzählt. Und weil der Trainer nicht irgendeiner, sondern mit Anthony Nesty ein Olympiasieger von 1988 war, glaubte sie ihm auch. Nun stand fortan auch Treppen rauf- und runterlaufen auf dem Trainingsplan – im riesigen Ben Hill Griffin Stadium, wo sonst Football gespielt wird.
Ledecky hat es geschafft, sich noch einmal neu zu erfinden – dann, wenn andere zurücktreten. Hat zusammen mit ihrem Trainer am Schwimmstil gearbeitet, ist wieder schneller geworden. Und sie hat sich ein elektrisches Keyboard gekauft. Denn klar ist, dass sie nächstes Jahr ein viertes und 2028 in Los Angeles vielleicht sogar ein fünftes Mal an Olympischen Spielen antreten will. Neben dem Sport soll nun aber ein wenig normales Leben Platz haben. Musik beispielsweise, die sie schon als Kind geliebt und dann fürs Schwimmen aufgegeben hat.
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