Verdacht auf FinanzbetrugWie Manager fette Gewinne mit Corona-Impfstoffen machen
Biotechfirmen in den USA nutzen die Subventionen der Regierung aus und machen schnelle Profite in Millionenhöhe. Jetzt ermittelt die Börsenaufsicht.
«Wir glauben, wir haben einen Gewinner.» Diese kühne Prognose wagte kürzlich US-Präsident Donald Trump, als er die grösste Staatssubvention für die Entwicklung eines Corona-Impfstoffes begründete. Die deutsche Biotech-Firma BioNTech und der US-Pharmariese Pfizer sollen für 1,95 Milliarden Dollar 100 Millionen Dosen des Impfstoffes herstellen, mit der Option, 500 Millionen weitere Dosen liefern zu können.
Nachdem zu Wochenbeginn selbst der sonst zurückhaltende Epidemiologieexperte Anthony Fauci einen Durchbruch bereits für Oktober oder November vorausgesagt hatte, sind die Hoffnungen auf einen raschen Erfolg weiter gestiegen.
Börsenaufsicht ist aktiv
Das kann den subventionierten Firmen nur recht sein. Rund ein Dutzend hat die aufgeblähten Aktienpreise bereits zum Kassieren von über einer Milliarde Dollar Gewinn genutzt. Die Börsenaufsicht soll nun prüfen, ob die Profite unter Vorspiegelung falscher Tatsachen gemacht wurden.
Schnell auf die Euphorie haben winzige Biotech-Firmen reagiert, die seit Jahren mit Impfstoffen experimentiert und noch nie ein Produkt auf den Markt gebracht haben. Beispiel Moderna: Die zehn Jahre alte Firma kündigte Ende Januar an, einen Corona-Impfstoff zu entwickeln, und rollte sofort eine intensive PR-Kampagne auf, die in fast wöchentlichen Mitteilungen über die scheinbar unbremsbaren Fortschritte berichtete.
Der Aktienpreis klettere rapide und zog nach einer ersten Subventionszusage durch die Regierung Ende April weiter an. In wenigen Monaten war Moderna zu einem Schwergewicht mit einem Marktwert von fast 30 Milliarden Dollar geworden, was Insider dazu nutzten zu kassieren. Das Kader stiess Aktien für 248 Millionen Dollar ab; und der Flagship-Ventures-Fonds sicherte sich ebenfalls einen schnellen Profit von 85 Millionen, wie eine Marktanalyse von Equilar im Auftrag der «New York Times» zeigt.
Die Vaxart-Aktie kletterte unaufhaltsam um bis zu 3600 Prozent.
Beispiel Novavax: Das Management und die Belegschaft erhielten Optionen im Wert von über 100 Millionen Dollar, und dies gerade rechtzeitig mit der Ankündigung einer Staatshilfe von 1,6 Milliarden Dollar. Die Novavax-Aktie ist seither um das Sechsfache gestiegen. Ob das Unternehmen aber je erfolgreich wird oder nicht, das Optionsprogramm kommt den Managern zu Hilfe. Sie können die Optionen schon im nächsten Jahr einlösen und damit den Aufpreis auf den Aktien kassieren.
Dies steht im Widerspruch zur gängigen Praxis, wonach Optionen risikogerecht mit Laufzeiten von mehreren Jahren gewährt werden. Beispiel Vaxart: Das Miniunternehmen mit nur fünfzehn Angestellten entwickelte nie ein marktreifes Produkt. Die Aktien dümpelten zu Jahresbeginn bei 35 Cents, als das Management entschied, die Gunst der Stunde zu nutzen und sich an die Operation Warp Speed, das Regierungsprogramm zur raschen Impfstoffherstellung, anzuhängen.
Es kündigte an, dass der Vaxart-Impfstoff bereits für das Programm ausgewählt worden sei, obwohl es bisher keine Staatsgelder erhalten hat, um einen Impfstoff zu entwickeln. Die Vaxart-Aktie kletterte dennoch unaufhaltsam um bis zu 3600 Prozent. Davon profitierte unter anderen der Hedgefonds Armistice Capitak. Nachdem die beiden Fondsbesitzer die Kontrolle über Vaxart gewonnen und Aktien für 30 Cents gekauft hatten, änderte das Unternehmen im Juni die Bezugsrechte zum Vorteil des Fonds. Das erlaubte einen schnellen Gewinn von 197 Millionen Dollar.
Verdacht auf Aktien-Manipulation
Solche Transaktionen haben Mitarbeiter im Gesundheitsministerium aufgeschreckt. Sie vermuten, dass einige Firmen ihre Aktie manipulieren wollen, indem sie ihren Beitrag zur Forschung oder ihre Rolle im Regierungsprogramm übertrieben darstellen. Das Gesundheitsministerium hat gemäss Medienberichten diese Verdachtsmomente an die Börsenaufsicht SEC weitergeleitet. Eine Untersuchung verlangt auch die Konsumentenschutzorganisation Accountable US.
Sie wirft Moderna vor, bei den Aktienpreisen Finanzbetrug begangen zu haben, da Topmanager zuerst den Aktienpreis getrieben und nach der Ankündigung von positiven Testresultaten dicke Aktienpakete verkauft hätten.
Subventionen verdoppelt
Moderna wies die Vorwürfe zurück: Die Transaktionen seien unverdächtig, da sie seit langem und unabhängig von den Forschungsresultaten geplant gewesen seien. Moderna will nun an 30’000 Testpersonen beweisen, dass der Impfstoff wirkt und ungefährlich ist, und glaubt, ihn schon Ende Jahr einsetzen zu können.
Das wäre ein unerhörter Erfolg, hat die Entwicklung von Impfstoffen bisher Jahre gebraucht. Ein wirksamer Impfstoff gegen Aids ist auch nach 25 Jahren Forschung noch nicht gefunden worden. Die Regierung scheint über die Vorwürfe an Moderna nicht besorgt. Sie verdoppelte die Subventionen für das Unternehmen am Wochenende auf fast eine Milliarde Dollar – und die Aktie zog um weitere 10 Prozent an.
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