Baumängel beim Zürcher StadionDer Millionen-Streit mit Implenia um den Letzigrund ist beendet
Die Stadt Zürich und Implenia bekämpften sich über zehn Jahre lang vor Gericht. Nun haben sie sich geeinigt.
Es war ein epischer Krach zwischen der Baufirma Implenia und der Stadt Zürich, der in der Causa Stadion Letzigrund während Jahren tobte. Diverse Verfahren wurden geführt, durch alle Instanzen – aber im Kern ging es eigentlich immer ums Gleiche: um Baumängel und vor allem ums Geld. Um zusätzliche Millionenbeträge, die beim Bau des Stadions entstanden sind, oder um die knapp 2 Millionen für die Dachträger und die Untersuchungen, welche die Stadt durchführen liess, weil sie einen Riss in einer stählernen Stütze entdeckt hatte.
Nun meldet die Baufirma: «Implenia und die Stadt Zürich haben sich in den noch offenen Punkten geeinigt und hängige Verfahren im gegenseitigen Einvernehmen beendet.» Damit ist das letzte Verfahren im über zehn Jahre dauernden Streit beendet.
Bei diesem Verfahren ging es um die sogenannte Gewährleistungsgarantie von 12 Millionen Franken. Implenia hatte diesen Betrag beim Bau hinterlegt für mögliche Mängel am Stadion. Weil die Dachstützen Risse hatten, kassierte die Stadt die Millionen ein. Das passte Implenia nicht, sie klagte und forderte dieses Geld von der Stadt zurück. Das Verfahren war bis zur Einigung hängig.
Implenia verzichtet auf 12 Millionen
Wie die Einigung im Detail aussieht, verrät die knapp gehaltene Implenia-Medienmitteilung vom Mittwoch nicht. Urs Spinner, Departementssekretär des Zürcher Hochbaudepartements, wird auf Nachfrage konkreter: «Implenia hat auf ihre offene Forderung von 12 Millionen Franken verzichtet.» Die Stadt wird keine allfälligen weiteren Mängel einklagen.
Spinner ist froh darüber, dass nun nach 11 Jahren endlich ein Schlussstrich unter den Letzigrundbau gezogen werden kann und eine Einigung gefunden wurde. «Der lange juristische Kampf war richtig, die Stadt konnte so abwenden, dass der Steuerzahler tief in die Tasche hätte greifen müssen.»
Wie alles begann
Am Anfang des langjährigen Streits stand ein Bau in rekordverdächtiger Zeit. Damit 2008 drei Spiele der Fussballeuropameisterschaften in der Stadt Zürich ausgetragen werden konnten, baute Implenia für die Stadt im Eiltempo den neuen Letzigrund. 2006 fuhren die Bagger auf, 2007 wurde das Stadion eingeweiht, Frankreich, Italien, Rumänien konnten sich während der EM 2008 duellieren, 2009 spielte der FCZ eine Meistersaison im neuen Stadion. Alles schien in Ordnung
Doch im Februar 2010 kippte die Stimmung. Der Letzigrund hatte einen Dachschaden. Die Stadt entdeckte einen 15 Zentimeter langen Riss in einem der Träger und Schweissnähte, die nicht die vereinbarte Qualität aufwiesen. Bauarbeiter rückten an, stellten Stützen auf. Hochbauvorsteher André Odermatt (SP) stieg für eine Medienkonferenz aufs Dach und präsentierte die Risse. Implenia hielt den ganzen Wirbel für unnötig.
Ab da wurde mit harten Bandagen gekämpft. Denn es ging um viel Geld. Insgesamt standen gemäss Hochbaudepartement in den verschiedenen Verfahren mit Zinseszinsen Forderungen von rund 50 Millionen Franken im Raum.
Um den grössten Brocken ging es im Streit um die Schlussabrechnung. Die Stadt vereinbarte mit dem Generalunternehmer einen Pauschalpreis von 96,6 Millionen Franken für den neuen Letzi. Am Ende verlangte Implenia aber 119,5 Millionen. Die Generalunternehmerin machte die Stadt für die Mehrkosten verantwortlich, sie habe immer neue Wünsche angebracht, insgesamt 1392 Planänderungen. Implenia wollte die 23 Millionen Franken von der Stadt kassieren, zog im September 2018 aber nach einem wilden Ritt durch verschiedene Instanzen und diversen Niederlagen die Klage zurück.
Auch im Streit um die Kosten für die provisorischen Dachkrücken und einen mangelhaften Belag innerhalb des Stadions siegte die Stadt vor Gericht. Kostenpunkt: rund 4 Millionen Franken.
Teure Verfahren für die Stadt
Zum Schluss kann die Stadt nun die 12 Millionen Franken der Gewährleistungsgarantie behalten. Dieser Entscheid habe den Knoten im Streit gelöst, sagt Spinner vom Hochbaudepartement. «André Odermatt hat schon vor längerer Zeit eine solche Lösung bei Implenia vorgeschlagen, nun ist aber Implenia auf uns zugekommen.» Das Verhältnis zu Implenia sei auch nach elf Jahren Rechtsstreit gut, versichert Spinner. Die Beteiligten hätten stets die professionelle Distanz wahren können. «Implenia war es schliesslich auch zu verdanken, dass der Letzi für die Euro überhaupt bereit war, das war gute Arbeit», sagt Spinner.Wie viel der lange Rechtsstreit die Stadt gekostet hat, verrät Spinner nicht. Nur so viel: Es war ein einstelliger Millionenbetrag.
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