Der irre Temporausch von Swisscom und Salt
Die Telekombetreiber bieten Internet-Geschwindigkeiten von 10 Gigabit pro Sekunde an. Aber brauchen das Konsumenten wirklich?
Im Geschwindigkeitsrennen auf dem Festnetz dreht jetzt auch die Swisscom auf. Der blaue Riese erhöht die maximale Surfgeschwindigkeit auf dem Glasfasernetz ab März 2020 auf 10 Gigabit pro Sekunde, wie er vor wenigen Tagen bekannt gab. Bisher hatte das höchste Tempo bei 1 Gigabit pro Sekunde gelegen. Mit der Erhöhung zieht die Swisscom mit Konkurrentin Salt gleich.Was heisst das für die Nutzer? Antworten auf die wichtigsten Fragen.
Warum erhöht die Swisscom die Internetgeschwindigkeit auf ihrem Glasfasernetz auf 10 Gigabit pro Sekunde? Das ist eine Reaktion des Schweizer Marktführers auf Konkurrentin Salt. Der kleinste Mobilfunkanbieter der Schweiz trat im Frühling 2018 in den Festnetzmarkt ein, um als Vollanbieter mit Swisscom, Sunrise und UPC gleichziehen zu können. Salt lancierte ein Glasfaserprodukt mit einer Datenübertragungsrate von 10 Gigabit pro Sekunde. Das war damals die theoretisch höchste Geschwindigkeit für einen Internetanschluss in der Schweiz. Zum Erfolg hält sich Salt bedeckt. Zuletzt war von 50000 Kunden per Ende Juni die Rede. Seither gab das Unternehmenkeine neuen Zahlen bekannt.
Was muss sich der Nutzer unter 10 Gigabit pro Sekunde vorstellen? Ein hochauflösender Film lässt sich mit dieser Geschwindigkeit in etwa vier Sekunden herunterladen. Mit einem herkömmlichen Festnetzanschluss kann das je nach Übertragungsrate mehr als eine Stunde dauern.
Braucht ein Konsument überhaupt eine Internetgeschwindigkeit von 10 Gigabit pro Sekunde? Für eine vierköpfige Familie mit hohem Datenverbrauch reichen für einen Internetanschluss 100 bis 150 Megabit pro Sekunde völlig, sagt Branchenkenner Ralf Beyeler vom Online-Vergleichsdienst Moneyland. Damit könne das Netz ruckelfrei genutzt werden, selbst wenn alle vier Familienmitglieder gleichzeitig intensiv surfen und hochauflösende Serien streamen. Der Wert von 10 Gigabit pro Sekunde ist deshalb als das zu sehen, was er wirklich ist: ein geschicktes Verkaufsargument für die Werbung von Salt und Swisscom.
Profitieren alle Haushalte von der erhöhten Geschwindigkeit? Nein. Nutzen kann die 10 Gigabit pro Sekunde nur, wer direkt an ein Glasfasernetz angeschlossen ist. Das sind aktuell etwa 1,26 Millionen von 3,8 Millionen Schweizer Haushalten. Die klassischen Kupferkabel schaffen dieses Tempo nicht.
Gibt es beim schnellen Angebot von Salt und Swisscom weitere Haken? Allerdings. Bei den 10 Gigabit pro Sekunde handelt es sich um einen theoretischen Wert. In der Praxis setzen Swisscom und Salt eine Technologie ein, bei der sich maximal 32 Anschlüsse die hohe Geschwindigkeit teilen. Laden alle Teilnehmer einen Film herunter, fällt das Tempo also auf unter 300 Megabit pro Sekunde. Ausserdem sind Endgeräte wie Laptops und Smartphones heute meist gar nicht in der Lage, eine Übertragungsrate von 10 Gigabit pro Sekunde zu verarbeiten.
Wie teuer sind die schnellen Angebote von Swisscom und Salt? Salt verlangt knapp 50 Franken pro Monat für Nutzer, die beim Anbieter nicht bereits Mobilfunkkunden sind. Zum Vergleich: Swisscom wird für die gleiche Geschwindigkeit knapp 90 Franken pro Monat berechnen. Der staatsnahe Betrieb hat angekündigt, ab März 2020 das Tempo auf dem Glasfasernetz zu erhöhen.
Welche maximalen Internetgeschwindigkeiten bieten die übrigen grossen Anbieter an? Einen Ruck gab es diesen Herbst vor allem bei den Kabelnetzbetreibern: Der grösste Schweizer Anbieter UPC und der überregionale Verbund Quickline haben ihre Höchstgeschwindigkeiten auf 1 Gigabit pro Sekunde erhöht. Bei Sunrise sind 1 Gigabit pro Sekunde bereits erhältlich.
Lohnen sich die 10 Gigabit pro Sekunde? Telecom-Experte Beyeler hält die Angebote von 1 Gigabit pro Sekunde selbst für Kunden für völlig ausreichend, die ein äusserst temporeiches Internet wünschen. Er verweist auf Filme im aktuell höchstauflösenden 4K-Videoformat. Um solche zu übertragen, sei eine Geschwindigkeit von 50 Megabit pro Sekunde schnell genug.
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