Corona im BundeshausDer erste Bundesrat ist in Quarantäne
Wirtschaftsminister Guy Parmelin hat an der Bundesratssitzung per Fernschaltung teilgenommen. Eine Person aus seinem beruflichen Umfeld wurde positiv auf Corona getestet.
An der Sitzung des Bundesrats vom Mittwoch waren nicht alle Pulte besetzt – Guy Parmelin war nicht im Bundeshaus erschienen, sondern schaltete sich nur telefonisch zu, wie Bundeskanzler André Simonazzi bestätigte. Der Volkswirtschaftsminister befinde sich in Quarantäne, nachdem eine Person aus seinem Generalsekretariat, mit der Parmelin Kontakt hatte, positiv auf Corona getestet wurde. Ein Test bei Parmelin sei negativ ausgefallen, er habe keine Symptome, ihm gehe es gut.
Der 60-jährige SVP-Politiker ist das erste Mitglied der Landesregierung, von dem bekannt wird, dass es in Quarantäne gehen musste. Das Virus macht sich jedoch auch in anderen Departementen breit. Im Generalsekretariat von Karin Keller-Sutters Justiz- und Polizeidepartement wurden bereits zwei Personen positiv getestet, eine im September, die zweite diese Woche. Die infizierte Person ist in Isolation, ihr Büropartner in Quarantäne, wie eine Sprecherin mitteilt. Keller-Sutter selbst ist aber nicht in Quarantäne und wohlauf, wie ihr Sprecher sagt. Auch weitere Personen aus ihrem Departement arbeiten nach Absprache mit dem Oberfeldarzt wie bis anhin weiter.
Der mächtigste Arzt in Bern
Damit tritt ein Mann ins Scheinwerferlicht, dessen Funktion in der Öffentlichkeit bisher kaum bekannt war: der Oberfeldarzt der Schweizer Armee, Andreas Stettbacher.
Der Divisionär hat neben seiner militärischen auch eine zivile Funktion. Als sogenannter Beauftragter des Bundesrates für den koordinierten Sanitätsdienst wird er beigezogen, wenn wie in den vergangenen Wochen Angestellte in der Bundesverwaltung positiv auf das Coronavirus getestet werden. Zwar ist auch für sie grundsätzlich der Kantonsarzt des Wohnorts zuständig. Aber bei Schlüsselpositionen und in besonders dringenden Fällen – und als solchen stufte man offenbar den Vorfall im Justiz- und Polizeidepartement ein – wird der Oberfeldarzt beigezogen.
Dieser organisiert zu jeder Tages- und Nachtzeit Corona-Tests und legt fest, wie die Anordnungen des Kantonsarztes konkret umgesetzt werden: Wer alles in Quarantäne gehen muss und wer nicht – hypothetisch bis hin zum gesamten Bundesrat. So gesehen gehört der Oberfeldarzt in besonderen und ausserordentlichen Lagen zu den mächtigsten Personen im Bundeshaus.
Der Oberfeldarzt ist in solchen Lagen auch dafür verantwortlich, wie im Gesundheitswesen im ganzen Land die Mittel eingesetzt werden. Falls es die Situation erfordert und die Kantone allein nicht mehr weiterkommen, ist er es, der den Einsatz von Corona-Tests bis zu Beatmungsgeräten koordiniert.
Stettbacher hatte schon einmal die Aufmerksamkeit der Öffentlichkeit auf sich gezogen: Er geriet 2017 wegen opulenter Weihnachtsessen unter den Verdacht der Spesenritterei. Eine Untersuchung kam jedoch zum Schluss, dass ihm juristisch nichts vorzuwerfen war. Vielmehr rügte das Parlament später, das Verteidigungsdepartement sei unangemessen gegen Stettbacher vorgegangen, auch waren die Spesenregeln unklar formuliert.
Plexiglas schützte Bundesrätin
An einer Quarantäne-Anordnung Stettbachers ist Bundesrätin Keller-Sutter schon vor wenigen Tagen knapp vorbeigeschrammt. Die FDP-Bundesrätin hatte am Montag vergangener Woche an einer Sitzung der Geschäftsprüfungskommission teilgenommen, an der auch SVP-Nationalrat Alfred Heer zugegen war; dieser wurde später positiv auf das Coronavirus getestet und begab sich in Quarantäne, wobei er unter keinen Symptomen litt. Die Bundesrätin war rundum durch Plexiglaswände geschützt und hat sich wie die anderen Teilnehmer nicht testen lassen.
Der Bundesrat halte sich bei allen Sitzungen streng an die Hygieneempfehlungen des Bundesamts für Gesundheit und befolge die Abstandsregeln, versicherte Bundespräsidentin Simonetta Sommaruga schon bei der ersten Welle der Covid-Pandemie im März. Der Bundesrat sei sich bewusst, dass er eine besondere Verantwortung trage. Er hat sich aber auch auf den Fall einer Erkrankung vorbereitet: Er liess bereits vor einiger Zeit eine digitale Konferenz-Infrastruktur installieren, damit seine Mitglieder auch von auswärts mitregieren können.
Selbst wenn ein Bundesratsmitglied ernsthaft erkranken sollte, würden seine Amtsgeschäfte weitergeführt; jedes hat eine Stellvertreterin oder einen Stellvertreter. Letztmals kam eine Stellvertreterin zum Einsatz, als Finanzminister Hans-Rudolf Merz mitten in der Finanzkrise einen Herzinfarkt erlitt und nicht weiterarbeiten konnte. Damals übernahm Eveline Widmer-Schlumpf die Führung des Finanzdepartements und die Rettung der UBS – zuerst vorläufig und später, als das Departement frei wurde, definitiv.
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