Talkmaster mit ÜberraschungserfolgFrank Elstner wird mit 78 Jahren zum Netflix-Star
«Wetten, das war’s..?» – Fünf Gründe, warum man die Abschiedsshow der deutschen TV-Legende Frank Elstner gesehen haben muss.
Ausgerechnet er, der unaufgeregte nette Onkel, der überbescheidene Allesversteher, hat es mit seiner selbst produzierten Show «Wetten, das war’s..?» zu Netflix geschafft. Kein Harald Schmidt also, keine Anne Will, kein Jan Böhmermann, nein, es ist der distinguierte, inzwischen 78-jährige Frank Elstner, der auf dem Film- und Serienportal mit fünf Prominenten talkt – und das auf eine Art, wie man es sympathischer nicht machen kann. Die Show zeigt die fünf Topqualitäten dieses Entertainers geradezu exemplarisch:
Offenheit
Es ist noch keine Minute vergangen, da kullern bei der einstigen ESC-Siegerin Lena Meyer-Landrut («Satellite») die Tränen. Warum? Weil Elstner sich als Erstes bei ihr entschuldigt. Er sei damals, als er sie vor dem ESC 2011 interviewt habe, zu wenig gut vorbereitet gewesen. Jenes Gespräch, in dem Meyer-Landrut Elstner fortlaufend korrigierte, trug ihr den Ruf als Superzicke ein. Elstner tut jetzt den ersten Schritt und nimmt die Schuld auf sich. Das spricht für die Grösse eines Gastgebers.
Intimität
Man könnte glauben, dass Elstner seit Jahren darauf hingearbeitet hat: Als Erfinder und Erstmoderator von «Wetten, dass..?» (1981–87) unterhielt er ein Massenpublikum, in «Menschen der Woche» (2000–2015) gab er seinen Gästen in geselliger Studiorunde eine Bühne. Jetzt, in «Wetten, das war’s..?», stehen zwar noch Stühle da, aber Publikum gibt es keines mehr, nur noch Elstner und seinen Gast am langen Tisch – und das nicht etwa Corona-bedingt, sondern als Konzept: Im intimen Rahmen werden auch Promis lockerer. Zum Beispiel Daniel Brühl, der erzählt, wie er nach dem Film «Rush» (wo er Niki Lauda spielt) von einem argentinischen Taxifahrer genötigt wurde, sein Auto durchs Verkehrschaos in Buenos Aires zu steuern.
Interesse
Ein Moderator wie Thomas Gottschalk brauchte Gäste, um sich selbst grösser zu machen. Ein Moderator wie Elstner lädt Leute ein, um sich auf Augenhöhe mit ihnen zu unterhalten. Das wird dann keine routinierte Abfragerei, sondern ein Pingpong, in dem auch der Moderator mit seinen Ansichten nicht hinter dem Berg hält. Gegenüber Charlotte Roche gibt Elstner zu, dass er ihren Roman «Feuchtgebiete» nach 80 Seiten in den Müll geschmissen habe. Aber, o Wunder, man kann dem Mann nicht böse sein, weil er sofort ein Gegenargument aus dem Hut zaubert, warum das Buch eben doch wichtig sei.
Einfühlsamkeit
Ob es für die Karriere förderlich sei, wenn man mit seinem Team höflich umgehe, will Klaas Heufer-Umlauf wissen. Elstner zögert keine Sekunde: «Natürlich, das ist wie in der Schule. Wenn der Lehrer blöd ist, lernen die Schüler nicht gerne.» Auch sonst reagiert Elstner, der aufgrund seiner Parkinson-Erkrankung langsamer spricht als früher und dessen Hände leicht zittern, sehr schnell: Als Charlotte Roche sagt, dass sie seit vier Jahren keinen Alkohol mehr anrühre, stellt er sofort die Rotweingläser beiseite und bietet ihr Mineralwasser an.
Nahbarkeit
Einer wie Elstner hätte viel zu erzählen, aber er tut das nur, wenn es passt. Als Klaas Heufer-Umlauf meint «Du hast das Talent, sehr seriös zu wirken, aber ich kann mir nicht vorstellen, dass du immer seriös warst», kontert der Moderator: «Du bist jetzt 37, und mit 40 macht man die erste grosse Dummheit.» Er habe sich damals ein schweres Motorrad gekauft und sei mit ein paar Rockern nach Spanien bis zu seinem Haus gefahren – worauf sein Sohn zum Fenster rausgeschaut und gesagt habe: «Mama, er dreht durch.»
Frank Elstner «Wetten, das war’s..?» läuft auf Netflix
Fehler gefunden?Jetzt melden.