Der Druck auf die Ladenmieten steigt
Das Ladensterben führt zu Leerstand und sinkenden Mieten in kleinen und mittelgrossen Städten. Einige ergreifen nun Massnahmen.
Sie heissen OVS, Vögele Shoes oder Fogal. Sie alle mussten in den letzten Jahren in der Schweiz Filialen schliessen. Und einige Städte haben es schwer, die freigewordenen Ladenflächen mit neuen Anbietern zu füllen. So auch Olten im Kanton Solothurn. «Die Lage hat sich in den letzten Jahren verschärft, es stehen immer mehr Läden leer, und der Druck auf die Ladenmieten ist hoch», sagt Marc Hilfiker, Vorstandsmitglied des Gewerbeverbandes der Stadt. Auch der Laden, in dem bis Ende 2018 die Billigkleiderkette OVS eingemietet war, findet bis heute keinen Nachmieter.
Vor allem die Modebranche trägt stark zum Ladensterben in Schweizer Städten bei. Das zeigt der neuste Retailmarkt-Bericht 2019. Bei 41 Prozent aller Modeketten schrumpfte die Anzahl Filialen im Jahr 2018. Und mit 68 geschlossenen Läden musste die Schuhbranche besonders viele Federn lassen.
Mit einigen Ausnahmen – einzelne Filialen von C&A oder H&M mussten schliessen – sind die internationalen Marken in der Modebranche jedoch auf dem Vormarsch: Ketten wie Cos, Hunkemöller oder Pull&Bear versuchen ihr Glück am Schweizer Markt. Auch im Sport- oder Haushaltsbereich nimmt die Internationalisierung des Detailhandels zu: Flying Tiger, Muji, XXXLutz oder Decathlon fordern ihren Platz ein.
Über die letzten neun Jahre sind die Ladenmieten in Olten um fast 30 Prozent gesunken.
Doch die grossen Marken lassen sich vornehmlich in Grossstädten wie Zürich oder Genf nieder. Kleine und mittelgrosse Städte wie Olten, Baden oder Solothurn spüren wenig von den internationalen Ketten. Ihre Ladenflächen bleiben leer. Und dadurch geraten die Mieten zunehmend unter Druck: So sind über die letzten neun Jahre die Ladenmieten in Olten um fast 30 Prozent gesunken.
Im Mittel lag der Mietzins pro Quadratmeter im Jahr 2010 zwischen 261 und 337 Franken. In diesem Jahr bewegt er sich zwischen 187 und 245 Franken. Das zeigt eine Auswertung der Immobilienberatungsfirma Wüest Partner.
Hohe Fluktuation
Dass die Mieten nicht noch stärker geschrumpft sind, hat einen einfachen Grund: «Die Ladenmieten in den Gemeinden sind im Vergleich zu anderen Städten nicht besonders hoch. Bis sich die Ladenbesitzer dazu entschliessen, sie zu senken, kann es dauern», sagt Robert Weinert, Leiter Immo-Monitoring bei der Immobilienberatungsfirma Wüest Partner.
«Die Mietpreise sind unter Druck, und ein Anstieg kann darauf hindeuten, dass ein teures Objekt an einer guten Lage einen neuen Mieter sucht.»
Auch wenn die Preisentwicklung über die letzten neun Jahre auf den ersten Blick nicht für eine starke Abschwächung der Mieten spricht, weist Weinert darauf hin, dass die Auswertung anhand von Inseraten gemacht wurde. Und das verfälscht das Bild. Denn kommt eine teure Fläche auf den Markt, schlägt sich dies in einem ansteigenden Mietzins in der Statistik nieder: «Die Mietpreise sind unter Druck, und ein Anstieg kann darauf hindeuten, dass ein teures Objekt an einer guten Lage einen neuen Mieter sucht», sagt Weinert.
Einen einzelnen Trend herauszulesen, sei allerdings schwierig, die Fluktuation auf den Detailhandelsflächen sei hoch. Zwar sei die Nachfrage an Toplagen wie Bahnhöfen und Knotenpunkten gross, einige Hundert Meter weiter könnte die Situation aber schon wieder anders aussehen. «Es kann gut sein, dass eine Fläche ein Vierteljahr leer steht und dann aber wieder einen Mieter findet», sagt der Immobilienexperte. Zudem würden Gastrobetriebe die Lücken immer öfter füllen – zumindest temporär.
Selbst die teuerste Schweizer Einkaufsmeile, die Zürcher Bahnhofstrasse, spürt den Druck. Die Spitzenmieten sinken: Lag die Quadratmetermiete 2016 noch bei über 9200 Franken, sieht Wüest Partner im zweiten Quartal 2019 einen Rückgang auf 8550 Franken.
2016 war der Handlungsbedarf gross
In Baden kümmert sich die Standortförderung um die wirtschaftlichen Belange der Stadt und ist Anlaufstelle für Detailhändler und KMU. Hier kennt man die Sorgen der Detailhändler. Im Jahr 2016 war der Handlungsbedarf besonders gross: Eine Baustelle inmitten der Innenstadt erschwerte die Anfahrt ins Zentrum, zudem nahm der Einkaufstourismus durch den starken Franken zu.
«Die Flanierzone war bekannt für stetig steigende Mietpreise. Doch das ist vorbei»
«Wir setzten uns mit dem Gewerbeverband und zwei Dutzend Detailhändlern zusammen und entwickelten Sofortmassnahmen», sagt Thomas Lütolf, Leiter der Standortförderung Baden. Mit relativ wenig Aufwand wurden Events und Werbeaktionen auf die Beine gestellt: So warben zum Beispiel Händler in ihren Geschäften für andere Läden.
220 Läden und 70 Gastro- und Unterhaltungsbetriebe wie Kinos zählt die Badener Innenstadt. Laut Lütolf stünden aktuell sieben Läden leer. «Vor ein paar Jahren waren es noch mehr», sagt er. Und in manchen Teilen der Einkaufsstrasse sinken die Ladenmieten. Nur in der Badstrasse, der Haupteinkaufszone, kann der Quadratmeter auch heute noch über 1000 Franken im Jahr kosten. «Die Flanierzone war bekannt für stetig steigende Mietpreise. Doch das ist vorbei», sagt Lütolf.
Leerstand vermeiden
So suchen die Immobilienbesitzer den Ausgleich im Wohnbereich, hier schrumpften die Mieten nicht. Denn die Nachfrage nach Wohnungen in der Innenstadt steige. Dem Leerstand der Ladenflächen hilft das wenig. Das Problem: Nicht alle Immobilienbesitzer reagieren prompt. Immobilienfirmen mit grossem Portfolio schmerzt eine einzelne leerstehende Ladenfläche weniger. Hier geht Lütolf mit Ideen auf die Firmen zu: «Wir konnten so Leerstand durch Zwischennutzungen vermeiden.»
Auch in Olten hat die Stadt nun durchgegriffen und eine Projektgruppe gegründet. Mit dem Ziel, die leeren Schaufenster wiederzubeleben. Galerien, Ausstellungen oder Pop-up-Stores sollen wieder Leben in die Innenstadt bringen. Zudem wurde mit dem Lieferdienst Collectors und dem Verein Velo-Dienst Olten ein Projekt gestartet: Um der Konkurrenz durch den Onlinehandel zu trotzen, können die Einkäufe per Velokurier nach Hause geliefert werden.
«Unsere Kunden sollen einkaufen können, ohne schwere Taschen schleppen zu müssen», sagt Marc Hilfiker vom Gewerbeverband. So wolle man wieder mehr Kunden in die Innenstadt und in die Läden holen.
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