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«Das Modell funktioniert»

Erneut im Fokus der Medien: Fachstellenleiter Urs Allemann (links) und Sozialvorsteher Nicloas Galladé (SP) bei der Medienkonferenz am Freitagvormittag.
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«Ich stelle fest: erneut ausverkauftes Haus», bemerkte Sozialvorsteher Nicolas Galladé (SP) zum Auftakt der Pressekonferenz im Superblock. Das Interesse der Medien war erneut gross, als die städtische Fachstelle Extremismus und Gewaltprävention (FSEG) gestern zum zweiten Mal Bilanz zog, diesmal nach einem Jahr. Waren es nach hundert Tagen 17 Fälle gewesen, welche die FSEG begleitet hat, sind es inzwischen 48. Dreimal wurde die «rote Linie» überschritten und die Abteilung Gewaltschutz der Stadtpolizei wurde eingeschaltet. «Dabei hat sich herausgestellt, dass die betroffenen Personen Trittbrettfahrer mit einem psychischen Problem waren, und sich nicht im engeren Sinne radikalisiert hatten», erklärte Urs Allemann, der Leiter der FSEG. Aber ja, er habe schwerpunktmässig Abklärungen wegen religiöser Radikalisierung von Muslimen machen müssen. Politischer Extremismus sei kaum ein Thema gewesen, was wohl dem medialen Fokus geschuldet sei.

Jemanden «deradikalisiert» habe er bislang nicht, sagte Allemann, der vorher drei Jahre lang als Berater beim Winterthurer Kinder- und Jugendhilfezentrum gearbeitet hat. Dafür seien ohnehin die Justizbehörden zuständig. Er sehe sich eher als Aufklärer und Berater. Fast vierzig Referate an Schulen und bei Behörden hat er in Stadt und Kanton gehalten. Der Erfolg von Prävention sei zwar immer schwer messbar. «Aber ich konnte sehr häufig Entwarnung geben.»

«Modell Winterthur»

Auch Galladé zog insgesamt eine positive Bilanz: «Wir haben ein Präventionsmodell, das funktioniert.» Mehrfach verwies er darauf, dass auch André Duvillard, der Delegierte des Sicherheitsverbundes Schweiz, dies Winterthur in einem NZZ-Interview attestiert hatte. Sogar international kenne man das «Winterthurer Modell» inzwischen, Allemann durfte es gar an einem internationalen Kongress in Hannover vorstellen. Auch in Winterthur lauten die Schlüsselwörter «Interdisziplinarität» und «Vernetzung». Ziel ist es, möglichst viele Akteure einzubeziehen. Die Kerngruppe bilden die FSEG, die Fachstelle Integration und der Brückenbauer der Stadtpolizei. Diese stehen übergeordnet wiederum mit zig anderen Stellen in Kontakt, von der Kesb über die Mobile Jugendarbeit Mojawi bis zu den Leitern des 10. Schuljahres (Profil). Seit kurzem können besorgte Jugendliche per App den Extremismusbeauftragten anonym anchatten. «Ein besonders niederschwelliges Angebot, das genutzt wird und auf das wir stolz sind», sagt Allemann.

«Jeder Fall ist anders»

Hinter den 48 Fällen, deren sich die FSEG bisher angenommen hat, hat Allemann kein bestimmtes Radikalisierungs-Muster erkennen können. «Jeder Fall ist anders und steht für sich», sagt er. Und so reiche die Betreuung vom 15-minütigen Gespräch bis zur halbjährigen Begleitung. Zur lokalen Szene oder gar Zelle radikalisierter Muslime könne er nichts sagen. Dies sei Sache der Justiz- und Sicherheitsbehörden. Er könne einzig resümieren: «Zwischen strenggläubigen und gewaltbereiten Muslimen sollte man genau unterscheiden.» Sozialvorsteher Galladé wiederum scheint sich sicher zu sein, dass die Welle der Radikalisierung auch in Winterthur inzwischen am Abebben ist. Ob die bis Ende 2018 befristete Fachstelle weitergeführt wird, werde der Stadtrat zu gegebener Zeit entscheiden.