Kommentar zum F-35-Kauf
Das ist eine demokratiefeindliche Zwängerei
Die Initiative «Stopp F-35» ist vom Tisch. Nun liegt die Verantwortung bei den politischen Siegern. Sie haben das Volksbegehren mit fragwürdigen Mitteln ausgehebelt.
Der Kauf von 36 Kampfjets aus den USA ist seit Montag unter Dach und Fach, rechtskräftig besiegelt. Die Promotorinnen der Initiative «Stopp F-35» haben ihr Anliegen entnervt zurückgezogen. Alles gut also?
Nein.
Die Art und Weise, wie Bundesrat und Parlament den Kauf dieser F-35 durchgepaukt haben, hinterlässt mehr als nur einen schalen Nachgeschmack. Mit dieser Machtdemonstration hat die Mehrheit des Parlaments und des Bundesrats die Schweizer Demokratie beschädigt.
Was Grund zur Sorge bereitet, ist weniger die Härte, mit der die politischen Auseinandersetzungen rund um den Kampfjetkauf geführt wurden. Grund zur Sorge bereitet, wie die Volksinitiative «Stopp F-35» zuerst torpediert und dann ausgehebelt wurde.
Anfang März rief Verteidigungsministerin Viola Amherd die Initianten dazu auf, ihr Volksbegehren zurückzuziehen. Mitten während der Sammelphase. Das hat es so vorher noch nie gegeben und ist im negativen Sinn einzigartig. Es gehört sich für ein Bundesratsmitglied nicht, Volksinitiativen im Keim ersticken zu wollen – egal, wie missliebig sie sind, egal, wie fest sie stören. Bundesräte sind Dienstleisterinnen und Dienstleister, sie müssen vollziehen, was Legislative und Volk beschliessen (oder noch beschliessen werden).
Demokratiepolitisch schädlich ist auch, dass der Eindruck bleibt, Verteidigungsministerium und Bundesrat hätten nicht alles unternommen, um die Initiative vor der Unterzeichnung der Kaufverträge mit den USA zur Abstimmung zu bringen. Die USA haben nie signalisiert, unsere direktdemokratischen Eigenheiten nicht akzeptieren zu wollen. In Absprache mit den USA wäre es wohl möglich gewesen, den Kaufvertrag vor Ablauf der Offertenfrist im März zu unterschreiben – einfach mit dem Vorbehalt einer Zustimmung durch das Stimmvolk. Der geplante Produktionsslot für die 36 Schweizer Maschinen wäre so erhalten geblieben, der Zeitplan wäre nicht durcheinandergeraten. Die 36 Jets hätten, die absehbare Ablehnung der Initiative vorausgesetzt, plangemäss zwischen 2027 und 2030 landen können.
Unhaltbar ist auch der moralische Druck, den Jet-Befürworter und Bundesrat auf die Initiantinnen und Initianten ausgeübt haben. Ihnen wurde laufend der Eindruck vermittelt, mit der Unterschriftensammlung etwas Staatsgefährdendes zu tun, sollten sie ihre Unterschriften nicht innert Rekordfrist einreichen. Als stünden die Russen bei Diepoldsau und Kreuzlingen an der Landesgrenze.
In Wahrheit ist es so: Mit der F-35-Debatte ist es dem Verteidigungsdepartement gelungen, von den tatsächlichen Problemen der Schweizer Armee abzulenken. Diese ist seit Jahren nicht mehr in der Lage, das Land zu verteidigen. Daran ändert auch die rasche Unterschrift unter die Kaufverträge für die Jets nichts. Es wird im Idealfall bis ins Jahr 2030 dauern, bis alle 36 Stück F-35 in der Schweiz gelandet sind, danach weitere Jahre, bis die Jets ihre volle Kampfkraft entfalten können. Dazu sind viele Trainings- und Einsatzstunden nötig. Der Ukraine-Krieg ist bis dann hoffentlich längst Geschichte.
Unsere politische Kultur ist normalerweise geprägt von einer gewissen Rücksichtnahme auf Minderheiten und politisch Andersdenkende. Die rasche Unterzeichnung der Kampfjet-Verträge hat diese Kultur ziemlich ramponiert.
Die Verantwortung dafür tragen die politischen Sieger, die den F-35 durchgepaukt haben. Sie tragen jetzt auch die Verantwortung für das teuerste Rüstungsprojekt aller Zeiten: finanziell, operationell, sicherheitstechnisch. Wenn das nur gut kommt.
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