Nach Leihmutterschaft im AuslandDas gilt in der Schweiz für Wunscheltern
Zu wem gehört ein Kind nach einer Leihmutterschaft im Ausland? Die Schweizer Behörden entscheiden je nach Geburtsland, genetischer Verwandtschaft und Zivilstand der Leihmutter anders. Die Übersicht.
Leihmutterschaft ist in der Schweiz verboten. Trotzdem lassen Schweizer Paare im Ausland von Leihmüttern Kinder austragen. Bei der Rückkehr mit den Babys in die Heimat ist dann jedoch alles andere als sicher, dass die sogenannten Wunscheltern von den Behörden auch rechtlich als Eltern anerkannt werden. Denn in der Schweiz gilt eigentlich: Die Frau, die ein Kind auf die Welt bringt, ist automatisch die Mutter.
Am Freitag nun hat das Bundesgericht ein Urteil publiziert, das zusätzlich Klarheit bringt, wie die Behörden vorzugehen haben. Eine Rolle spielen dabei verschiedene Faktoren. Genetische, wie von wem Spermien und Eizelle stammen. Aber auch das Geburtsland oder der Zivilstand der Leihmutter. Der aktuelle Fall betraf ein verheiratetes Paar aus dem Kanton Aargau, das in Georgien eine Leihmutter engagiert hatte. (Lesen Sie hier das Porträt der Familie.)
Karin Hochl ist die Anwältin des Paares. Sie hat sich auf Leihmutterschaftsfälle spezialisiert. Bei mehreren wegweisenden Urteilen des Bundesgerichts hat sie die Wunscheltern vertreten. Gemäss Hochl lassen sich aufgrund dieser Urteile folgende Regeln für die Anerkennung der Wunscheltern ableiten:
Wo wurde das Kind geboren?
Entscheidend für das Vorgehen der Behörden ist zunächst, wie das Land, in dem das Kind geboren wurde, die Wunscheltern anerkannt hat. Dazu gibt es zwei Wege: Entweder hat bereits ein Gericht die Elternschaft von der Leihmutter auf die Wunscheltern übertragen – wie zum Beispiel in den USA. Oder es gibt ein Gesetz, das es den Zivilbehörden im Ausland erlaubt, die Wunscheltern direkt anzuerkennen – wie zum Beispiel in Georgien.
Liegt ein Gerichtsentscheid vor, fällt in der Schweiz der Eintrag der Leihmutter ins Personenstandsregister weg. Dies vereinfacht den weiteren Verlauf der Anerkennung der Wunscheltern oft erheblich, wie Anwältin Hochl sagt. Im anderen Fall kommt die Leihmutter in einem ersten Schritt zwingend ins Schweizer Register. Sie erhält damit zunächst das alleinige Sorgerecht, und das Kind erhält ihren Nachnamen.
Besteht eine genetische Verwandtschaft?
Weiter müssen die Schweizer Behörden klären, ob zumindest ein Wunschelternteil genetisch mit dem Kind verwandt ist. Gemäss dem Bundesgericht darf ohne genetische Verwandtschaft kein Eintrag ins Personenstandsregister vorgenommen werden. Die Wunscheltern müssen stattdessen in der Schweiz ein Adoptionsverfahren starten. Laut Anwältin Hochl kann dieses Jahre dauern.
Ist der Wunschvater mit dem Kind verwandt, wird er in der Schweiz direkt ins Register eingetragen (falls im Ausland ein Gericht über die Vaterschaft entschieden hat), oder er muss zuvor seine Vaterschaft anerkennen (falls im Ausland eine Behörde entschieden hat).
Ist die Wunschmutter mit dem Kind verwandt, ist der Registereintrag nur bei der Variante Gericht möglich. Bei der Variante Behörde ist es laut Bundesgericht egal, ob die Eizelle von der Wunschmutter stammt oder von einer Spenderin. Die Wunschmutter muss auf jeden Fall ein Adoptionsverfahren starten.
Noch komplizierter wird es bei der Variante Behörde, wenn die Leihmutter verheiratet ist. Denn dann gelten sie und ihr Partner oder ihre Partnerin nach Schweizer Recht als Eltern des Kindes. Ein Eintrag ins Register ist für den Wunschvater selbst dann nicht möglich, wenn er genetisch mit dem Kind verwandt ist.
Aargauer Paar unterliegt vor Gericht
Im Fall das Aargauer Paares hat das Bundesgericht jetzt entschieden, dass der Wunschvater das Kind anerkennen kann, weil er genetisch mit ihm verwandt ist. Die Wunschmutter muss danach ein Adoptionsverfahren starten. Die Leihmutter behält zunächst das alleinige elterliche Sorgerecht.
Bundesgerichtsurteil: 5A_32/2021
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