Bundesrat plant FörderprogrammSchnelles Internet selbst im entlegenen Safiental: Rösti will dafür Hunderte Millionen investieren
Einige Randregionen haben heute noch schlechte Verbindungen – und beim Ausbau des Glasfasernetzes hinkt die Schweiz hinterher. Nun will der Bundesrat 750 Millionen Franken investieren.

- Der Bund will den Internetausbau in entlegenen Gebieten mit 750 Millionen Franken fördern.
- Ziel ist ein landesweiter Ausbau auf mindestens 1 Gigabit pro Sekunde.
- Glasfaser wird bevorzugt wegen der Zuverlässigkeit, Mobilfunk ist die Alternative.
- Das Förderprogramm soll die digitale Kluft zwischen Stadt und Land verringern.
Eine Handvoll Häuser. Eine weitere Handvoll Ställe. Rund 20 Einwohnerinnen und Einwohner, rundum die Bündner Berglandschaft. Das ist Ober Dutjen im Safiental. Ein Dörfchen, das tatsächlich noch so schlecht digital erschlossen ist, dass Mails Minuten brauchen, bis sie den Postausgang verlassen. Googeln? Nur mit viel Geduld. Ein Bild oder eine Karte aus dem Internet laden? Dafür reicht die Leistung nicht aus.
Diese Beispiele erzählt Georg Joos, Landwirt in Ober Dutjen. Sie sind keine Erinnerung an die Frühphase des Internets. Der Ladebalken auf dem PC von Joos würde immer noch drehen, hätte er nicht vor zwei Jahren eine Antenne auf dem Futtersilo installiert, die ihn über Satellit zuverlässig ins Internet bringt. «Ansonsten hätten wir nur die Kupferleitung des Festnetzanschlusses», sagt er. «Auch der Handyempfang ist hier in der Mulde reine Glückssache», so Joos. Denn die Hügel, die die alte Siedlung früher vor Wind schützten, halten heute die Mobilfunkwellen auf. Er wünschte sich von einem guten Service public, dass auch die Randregionen möglichst gut versorgt würden.
Für diese Versorgung in den entlegensten Tälern will der Bundesrat nun mit schnellem Internet sorgen. Infrastrukturminister Albert Rösti hat am Freitag die entsprechende Vorlage präsentiert. Der Bund will mit einer Anschubförderung nachhelfen, wo die Telecomanbieter nicht von sich aus ins Netz investieren.
Profitieren werden 700 Gemeinden
Insgesamt sind dafür 750 Millionen Franken vorgesehen, wobei der Bund die Hälfte und die betroffenen Gemeinden sowie Kantone die andere Hälfte beisteuern müssen. Diese Erschliessung solle dem digitalen Stadt-Land-Graben entgegenwirken, sagte Rösti. Der Bund will seinen Anteil mit den Einnahmen aus den nächsten Vergaben der Mobilfunklizenzen finanzieren.
Von der Förderung profitieren dürften in der ganzen Schweiz rund 700 Gemeinden mit insgesamt 650’000 Gebäuden. Ziel ist der landesweite Ausbau für eine Übertragungsrate von mindestens 1 Gigabit pro Sekunde. Dies soll weiterhin in erster Linie durch die Telecomfirmen und ohne staatliche Gelder erfolgen. Fördergelder werden nur dort bewilligt, wo sich ein Ausbau mit einer Leistung von 1 Gbit/s für die Unternehmen nicht lohnt.
Die Anschubfinanzierung soll in erster Linie in den Ausbau von Glasfasernetzen fliessen. Auf Mobilfunknetze wird dort gesetzt, wo ein Glasfasernetz unverhältnismässig teuer wäre. Dies dürfte in rund 3 Prozent der Gemeinden der Fall sein, wo vor allem Einzelhöfe stehen, für die kaum Glasfaserleitungen in den Boden verlegt werden – wie etwa in Ober Dutjen. Entscheidend sei diese digitale Erschliessung auch, weil sonst mit der geplanten Abschaltung des alten Kupferkabelnetzes einige Gebiete ganz abgehängt würden, sagt Rösti.
Zwar ist die Glasfasertechnologie teurer als die Erschliessung mit Mobilfunk. Dennoch gibt der Bundesrat den Kabeln den Vorrang, weil sie zuverlässiger und energieschonender sind. Im Gegensatz zum Festnetz ist das Handynetz zudem eine geteilte Infrastruktur. Das heisst: Bei einer steigenden Zahl von Smartphone-Nutzern sinkt die Übertragungsgeschwindigkeit. Beim Festnetzinternet hingegen haben die Haushalte eine garantierte Bandbreite zur Verfügung.

Bei der Abdeckung mit mittlerer Geschwindigkeit ist die Versorgung in der Schweiz bereits heute hervorragend. Über 80 Prozent der Gebäude verfügen über einen solchen Anschluss, womit die Schweiz europaweit auf Rang 3 steht. Auch die Mobilfunkabdeckung mit 5G-Standard ist hoch. Beim Glasfasernetz hinkt die Schweiz jedoch hinterher.
Dem ländlichen Raum biete das schnelle Internet grosse wirtschaftliche Chancen, sagte Rösti. Ziel sei es, dass auch in den Randgebieten moderne Arbeitsplätze geschaffen würden und bestehende erhalten blieben. So soll auch Homeoffice in entlegenen Gebieten ermöglicht werden. Die digitale Erschliessung entlaste auch die Verkehrswege, weil weniger Menschen zur Arbeit pendeln müssten.
Das Förderprogramm geht nun in die Konsultation. Die Swisscom als Grundversorgerin sowie Suissedigital, der Verband der Festnetzbetreiber, gaben sich am Freitag zugeknöpft. Man wolle erst das Ergebnis der Vernehmlassung abwarten, sagte ein Verbandssprecher.
In der Vergangenheit hatte sich Suissedigital indes dahin gehend geäussert, dass er offen ist für den Bezug von staatlichen Fördergeldern durch seine Mitglieder. Die Eidgenossenschaft dürfe durch ihren Fördertopf aber keine privaten Netzbetreiber konkurrenzieren und so den Wettbewerb behindern.
Rösti hofft auf flächendeckende Versorgung bis 2035
Marktführerin Swisscom, die kein Mitglied von Suissedigital ist, begrüsst im Grundsatz die Gigabitstrategie des Bundes. Ein Firmensprecher lehnte es jedoch ab, zu erläutern, mit welchen Anliegen sich der staatsnahe Betrieb in die Vernehmlassung einbringen will. Dabei verwies er auf das eigene Programm der Swisscom für den Glasfaserausbau, das bis zum Jahr 2035 eine Geschwindigkeit 1 Gigabit pro Sekunde für jeden Haushalt vorsieht.

Die Fördergelder werden frühestens ab 2028 fliessen. Dann kann das Breitbandfördergesetz im Idealfall in Kraft treten. Das Förderprogramm wird auf sieben Jahre befristet sein. Falls in dieser Frist nicht alle Gelder abgeholt werden, kann das Programm um drei Jahre verlängert werden. Röstis Ziel ist es, dass bis 2035 die Schweiz flächendeckend mit schnellem Internet versorgt ist.
Mit dem Ausbau des schnellen Internets folgt die Schweiz dem benachbarten Ausland. Die Europäische Kommission verfolgt ebenfalls das Ziel einer flächendeckenden Versorgung mit 1 Gigabit pro Sekunde. Bis 2030 sollen alle Bürgerinnen und Bürger in der EU Zugang zu Gigabitinternet haben.
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