Zug-Unfall im Gotthard-TunnelBund warnte schon 2019 vor «Mängeln an den Rädern»
Der verheerende Unfall eines Güterzuges im Gotthard-Basistunnel wird noch länger Auswirkungen auf den Bahnverkehr haben. Ein vier Jahre alter Bericht hatte auf Gefahren aufmerksam gemacht.
Der im Gotthard-Basistunnel am frühen Donnerstagnachmittag bei der Multifunktionsstelle Faido TI entgleiste Güterzug ist offenbar wegen eines Radscheibenbruchs verunfallt. Die Sust hat einige Kilometer vor dem Unfallort Fragmente eines Rads und Entgleisungsspuren gefunden. Über die genauen Ursachen führt die Tessiner Staatsanwaltschaft eine Untersuchung.
Ein jetzt durch die CH-Media-Zeitungen publik gemachter Bericht aus dem Jahr 2019 des Bundesamtes für Verkehr zeigt: Die Sicherheitsmängel waren bereits bekannt. So zitiert die Zeitung aus dem Bericht, dass das «angestrebte Sicherheitsniveau bei Güterzügen noch nicht erreicht» sei. Weiter wird die «zu einem beträchtlichen Teil nicht erreichte Qualität» angeprangert.
Für den aktuellen Fall besonders brisant: Der Bericht des Bundes habe «mangelhafte Bremssohlen», «Löcher in Planen der Ladeeinheiten» und «Mängel an den Rädern» entdeckt. Also genau jenes Problem, welches nach aktuellem Stand zum verheerenden Unfall von letzter Woche geführt hat. Laut einem Sprecher des Bundesamtes für Verkehr hätten die 2019 beanstandeten Mängel die «Schäden an den Laufflächen» betroffen.
Die Folge des Berichts war, dass der Bund die Zusammenarbeit mit ausländischen Kontrollstellen verstärkt habe. Offenbar ohne grosse Wirkung, denn in einem Bericht im Jahr 2020 war erneut von «ungenügenden Abläufen in Verladeterminals im Norden oder Süden der Alpen oder bei Zwischenstationen im Ausland» die Rede.
Das Problem ist also offenbar, dass viele Wagen im europäischen Nord-Süd-Verkehr durch den Gotthard fahren, aber nur ungenügend auf Schäden kontrolliert werden. Dies hat auch versicherungstechnische Auswirkungen im aktuellen Fall. Konkret ist derzeit noch unklar, wer der Halter der Wagen ist und wo diese zuletzt gewartet wurden. Die Tessiner Behörden werden diesen Fragen nachgehen müssen.
Tunnel noch immer nicht geräumt
16 Güterwagen befinden sich nach SBB-Angaben noch immer im Tunnel. Mit den umfangreichen Aufräumarbeiten habe begonnen werden können, eine vollständige Übersicht über die Schäden liege aber noch nicht vor, hiess es in der Mitteilung vom Montagabend.
Die SBB haben die Planung der Reparaturarbeiten aufgenommen. Eine Prognose, wie lange die Behebung der Schäden dauern werde, sei aber noch nicht möglich, erklärte das Bahnunternehmen.
Sicher ist, dass der Gotthard-Basistunnel länger als erwartet für den Bahnverkehr gesperrt bleibt. Die Personen- und Güterzüge würden über den 16. August hinaus umgeleitet, teilten die SBB mit. Die Züge werden über die Bergstrecke umgeleitet, die Güterzüge auch über den Lötschberg.
Die SBB will am Mittwoch über das weitere Vorgehen informieren.
SDA/aeg
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