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Gasfluss aus Russland
Brüssel rüstet sich für den Ernstfall

Ursula von der Leyen präsentiert ihren Notfallplan für den Fall, dass Wladimir Putin Europa den Gashahn ganz zudreht. 
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So klar hat es Ursula von der Leyen noch selten gesagt: «Russland erpresst uns, Russland setzt Energie als Waffe ein», betonte die Kommissionspräsidentin am Mittwoch. Der Gasfluss aus Russland sei jetzt schon nur ein Drittel der Menge vom vergangenen Jahr.

Der Energiekonzern Gazprom habe sich als unzuverlässiger Partner erwiesen: «Deshalb stellen wir uns auf das schlimmste Szenario ein», so Ursula von der Leyen. Damit meint sie, dass Wladimir Putin der EU vor dem kommenden Winter komplett den Gashahn zudreht und etwa die Pipeline Nord Stream 1 nach der Revision in den nächsten Tagen nicht mehr in Betrieb nimmt. Für dieses Szenario hat Ursula von der Leyen nun ihren Notfallplan vorgelegt – auch wenn am Mittwoch der Netzbetreiber Gascade meldete, dass Donnerstag wieder Gas durch die Pipeline fliessen solle. 

Gefahr für Binnenmarkt

Um für das Schlimmste gerüstet zu sein, sollen in einer ersten Stufe die Mitgliedsstaaten auf freiwilliger Basis 15 Prozent ihres Gasverbrauchs einsparen, als Referenz gilt der Bedarf der letzten fünf Jahren. Die Sparmassnahme soll ab August bis Ende März gelten und helfen, die Gasspeicher zu füllen beziehungsweise am Ende des Winters nicht ganz ohne Reserven dazustehen. 

«Wir müssen proaktiv handeln und für eine volle Unterbrechung der Gaszufuhr gerüstet sein», sagte die Kommissionspräsidentin. Zwar ist die Abhängigkeit von russischem Gas je nach Mitgliedsstaat sehr unterschiedlich. Portugal zum Beispiel setzt zu 100 Prozent auf andere Quellen. Ein russischer Lieferstopp werde aber die ganze EU treffen, betonte Ursula von der Leyen. 

Wenn der Appell zur Freiwilligkeit nicht reicht, will die EU-Kommission die Möglichkeit bekommen, das Einsparziel von 15 Prozent verpflichtend festzulegen. Auslöser könnte sein, wenn zwei oder mehr Mitgliedsstaaten wegen einer Unterversorgung mit Gas eine akute Notsituation befürchten.

Priorität für Haushalte

Wo die Mitgliedsstaaten konkret einsparen wollen, sollen diese selber entscheiden. Brüssel will da keine Vorschriften machen. Das käme wohl auch nicht gut an. Deshalb stehen jetzt im finalen Vorschlag anders als in den ersten Entwürfen keine Vorgaben mehr dafür, im Krisenfall Heizungen oder Klimaanlagen in öffentlichen Gebäuden herunterzuregeln. 

Ob im Ernstfall die Solidarität zwischen den Mitgliedsstaaten funktioniert, ist offen. Bisher gibt es nur fünf bilaterale Solidaritätsvereinbarungen, welche auch die Schweiz mit ihren Nachbarn abschliessen will. Eigentlich müssten alle Mitgliedsstaaten die Rechtsgrundlage für den Notfall bereit haben. Schon jetzt gibt es Mitglieder im Club, die aus der Reihe tanzen.

«Unser schlimmster Feind ist die Fragmentierung.»

Ursula von der Leyen, EU-Kommissionspräsidentin

So hat Ungarn vergangene Woche den Notstand ausgerufen und angekündigt, dass es ab August kein Gas und andere Energieträger mehr an andere EU-Staaten liefern will. Brüssel untersucht den einseitigen Schritt gerade. Im Ernstfall sollen Haushalte Priorität haben vor der Wirtschaft. So müsste etwa die deutsche Industrie Gas an Haushalte eines Nachbarlandes wie Österreich abgeben, wenn es dort für Heizungen in den Privatwohnungen nicht mehr reicht. «Unser schlimmster Feind ist die Fragmentierung», betonte Ursula von der Leyen. Sprich, dass Putin gelingt, mit dem Druckmittel Gas die EU zu spalten. 

Ursula von der Leyen sucht bei Aserbeidschans Präsident Ilham Alijew nach Alternativen zum russischen Gas.