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Bestmarke an den Brit Awards
Raye wird spät belohnt – dafür aber richtig

epa11195392 Raye (R) onstage with her grandmother Agatha after winning the Album of the Year award during the 2024 BRIT Awards ceremony at The O2 arena in London, Britain, 02 March 2024. The annual pop music awards are presented by the British Phonographic Industry (BPI).  EPA/TOLGA AKMEN
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Jetzt stehe sie da «und weine hässlich und landesweit am Fernsehen», sagte sie, als sie die sechste Auszeichnung an diesem Abend abholte. Das ist ein Rekord bei den Brit Awards, der wichtigsten Preisverleihung der britischen Musikindustrie. Die 26-jährige Londoner Sängerin und Songschreiberin Rachel Agatha Keen, die sich Raye nennt, wurde am Wochenende gleich in sechs Kategorien ausgezeichnet, so viele hat niemand sonst bei den Brit Awards abgeholt. Raye wurde unter anderem als «British Artist of the Year» und «Best New Artist» gefeiert, Auszeichnungen holte sie auch mit ihrem Album «21st Century Blues» und der Single, die nach dem genauen Gegenteil ihrer Karriere klingt: «Escapism».

Tatsächlich hat die Musikerin, Tochter einer ghanaisch-schweizerischen Mutter und eines englischen Vaters, lange hart an ihrem Talent gearbeitet, ohne dass sie dafür belohnt wurde. Das ging so weit, dass selbst ihre eigene Plattenfirma ihr erstes Album während Jahren zurückhielt. Raye trennte sich von Polydor und schaffte es als unabhängige Künstlerin trotzdem. In der britischen Presse wird das Versagen der Firma als weiteren aus einer Reihe von vielen Belegen für die Taubheit der Branche angeführt.

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Das Versagen von Polydor ist schon deshalb unverständlich, weil die Musikerin schon als Songschreiberin für andere Künstlerinnen und Künstler Erfolg hatte. Dennoch traute man ihr offenbar nicht zu, auch als Interpretin ihrer eigenen Lieder Erfolg zu haben.

Wem das bekannt vorkommt, dieser Kontrast von Talent und fehlender Unterstützung, der wird sich an Carole King erinnern. Die Amerikanerin hatte während Jahren mit ihrem Mann zahlreiche Lieder für andere geschrieben, bis sie endlich Platten unter ihrem eigenen Namen aufnehmen durfte. Der Film «Grace of My Heart» wird ihr gerecht. Das Album «Tapestry» erschien 1971 und verkaufte sich 25 Millionen Mal.

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Dieser Rekord wird Raye nicht gelingen, aber als sechsfache Preisträgerin der Brit Awards hat sie ihren eigenen auf sicher. Was aber zeichnet ihre Musik aus, das ihre Plattenfirma überhörte und Millionen Fans überzeugte? Es mag ein wenig arrogant klingen, aber man kann ihrem ersten eigenen Album anhören, warum Polydor nicht auf sie setzte. Die Sängerin kombiniert zwar virtuos Elemente von Soul, Pop und Hip-Hop mit einer modernen Produktion. Aber neu klingt das alles nicht und nicht einmal neu zusammengesetzt.

Aber ach, dieser Vocoder-Effekt

Erschwerend kommt hinzu, dass Raye ihre meisten Songs durch den Vocoder singt, ein Gerät für gesangliche Verfremdung, das die deutsche Gruppe Kraftwerk bereits in den Siebzigerjahren einsetzte, um das Mechanische ihrer Musik zu betonen. Die Technik wurde ursprünglich, wie so vieles, für militärische Zwecke entwickelt, um eine verschlüsselte Nachrichtenübertragung zu garantieren.

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In der Musik wird der Effekt aber von so vielen Sängerinnen und Sängern eingesetzt, dass er schnell ermüdet. Das hat Raye nicht daran gehindert, ihre ausdrucksstarke Stimme fast durchgängig mit der elektronischen, roboterhaft klingenden Vocoder-Technik zu schmücken.

Nicht zum Vorteil der Sängerin, muss man sagen, denn das Verfahren nivelliert ihre Stimme und bringt sie um die gesangliche Individualität, über die sie offensichtlich verfügt. Vielleicht wird man später einmal den Vocoder-Klang ebenso steril finden wie das elektronische Schlagzeug in den Achtzigerjahren, das so viele Platten jener Zeit ruinierte. Raye kann das egal sein, und wenn man ihr etwas gönnen mag, dann ihren Erfolg.