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Newcastle in der Premier League
Bis der Öl-Prinz die Geduld verliert

Der ungeliebte Mike Ashley (rechts) bleibt Eigentümer von Newcastle United.
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Die Entscheidung, sich bekennen zu müssen und dabei im Grunde nur verlieren zu können, ist der Premier League abgenommen worden. Seit dem Versuch des saudi-arabischen Kronprinzen Mohammed bin Salman, über den von ihm verwalteten milliardenschweren Staatsfonds seines Landes den Fussballclub Newcastle United zu kaufen, ist die Premier League zum Spielball der geopolitischen Auseinandersetzungen im Mittleren Osten geworden.

Mit dem Interessenkonflikt am Persischen Golf schien die Liga um Geschäftsführer Richard Masters überfordert zu sein. Bei der Genehmigung der spektakulären Übernahme des Traditionsvereins mit seinen schwarz-weiss gestreiften Trikots im Norden der Insel spielte die Premier League mit einer Hinhaltetaktik auf Zeit – und diese Strategie ist jetzt tatsächlich aufgegangen.

Rund 16 Wochen hatte ein an Newcastle United interessiertes Konsortium auf die Freigabe des Deals gewartet. Die Gruppe bestand zu 80 Prozent aus dem Public Investment Fund (PIF) von Saudi-Arabien sowie zu jeweils zehn Prozent aus der Finanzberatungsfirma PCP Capital Partners und den Immobilienmilliardären Reuben. Am Donnerstag nun zog das Konsortium das Angebot für den Club zurück. In langen Verhandlungsrunden mit Mike Ashley, dem bei den Fans umstrittenen Eigentümer und Gründer des Sportartikelimperiums Sports Direct, hatte sich die Investorengruppe im April auf einen Kaufpreis von 310 Millionen Pfund geeinigt. Zuvor war die PCP-Besitzerin Amanda Staveley als öffentliches Gesicht und treibende Kraft hinter dieser Transaktion seit November 2017 bereits mit drei Offerten bei Ashley abgeblitzt. Als verbliebenes Hindernis bei dem ständigen Hickhack galt diesmal der Eigentümer- und Direktorenrest der Premier League. Dieser unterzieht die künftigen Besitzer einer Integritätsprüfung.

Bei diesem Verfahren wand sich die Liga um ein Urteil und forderte immer mehr Dokumente, welche die Unbescholtenheit der neuen Eigentümer bescheinigen sollten. Dieser Verifizierungsprozess, normalerweise eine Sache von wenigen Wochen, zögerte sich so lange hinaus, bis es nun so aussah, als würde dem Vorhaben ohnehin die Akzeptanz verweigert werden. Die Überprüfung ihrer Aufrichtigkeit wollten der saudi-arabische Öl-Prinz und sein Hofstaat offensichtlich nicht länger über sich ergehen lassen. Der mutmasslichen Absage durch die Premier League kam das Konsortium jetzt zuvor: «Leider hat der langwierige Prozess unter den gegenwärtigen Umständen in Verbindung mit der globalen Unsicherheit dazu geführt, dass die potenziellen Investitionen nicht mehr wirtschaftlich rentabel sind», heisst es im gemeinsam verfassten Schreiben.

In Newcastle spielt auch der Schweizer Fabian Schär.

Premier-League-Clubs fürchteten den Einstieg der schwerreichen Wüstenherrscher

Zwar hat Saudi-Arabien bei den Öleinnahmen durch die Corona-Pandemie im zweiten Quartal 2020 einen Rückgang verzeichnet. Aber das heisst natürlich nicht, dass dem auf 400 Milliarden Pfund geschätzten Fonds, zu dem Anteile an British Petroleum, Boeing, Disney und Facebook gehören, plötzlich das Geld ausging. In mehreren Interviews mit englischen Medien legte die niedergeschlagene Amanda Staveley nachher die wahren Gründe offen: «Natürlich geben wir der Premier League die Schuld. Es wird behauptet, dass wir nicht alle Fragen beantwortet haben, aber das haben wir. Die anderen Clubs wollten nicht, dass es passiert.» Das Konsortium beruft sich auf Vorabzusagen der Liga, dass eine Genehmigung in Aussicht stünde - ehe sich die Stimmung im Verlauf der vergangenen Monate gegen den Plan drehte.

Im einem der umstrittensten Vorhaben in der Historie des englischen Fussballs - getauft «Zebra», obwohl Newcastle United den Spitznamen «Magpies» (Elstern) hat - prallte die Investorengruppe aufgrund der Beteiligung der Saudis durch Kronprinz Mohammed bin Salman auf massiven Widerstand. Die Premier-League-Clubs fürchteten aus sportlicher Sicht den Einstieg der schwerreichen Wüstenherrscher, die ankündigten, Newcastle United nach der erfolgreichen Übernahme mit Geldgaben in die Kategorie der Topvereine hieven zu wollen. Darüber hinaus sorgten zahlreiche Organisationen wie Amnesty International für einen Aufschrei, sie verwiesen auf die jämmerliche Menschenrechtsbilanz in Saudi-Arabien. Die Aktivisten geisselten den Plan als «Sportswashing», als Imageverbesserung durch Sport, um von Verfehlungen abzulenken. Im Oktober 2018 soll das Regime den Mord am Journalisten Jamal Khashoggi in Istanbul in Auftrag gegeben haben.

Als Sieger geht der Besitzer Mike Ashley hervor

Und dann stellte sich noch die katarische BeIN Media Group quer, die als offizieller Inhaber der Übertragungsrechte der Premier League für Nordafrika und den Mittleren Osten in drei Jahren eine halbe Milliarde Pfund an die Vereine überweist. Durch den Saudi-Arabien bedienenden Piratensender BeoutQ soll die BeIN Media Group mehrere hundert Millionen Pfund an Einnahmen in der Region verloren haben. Wiederholt hatte das Königreich rechtliche Schritte der Premier League gegen BeoutQ blockiert und zuletzt sogar die Entscheidung der Welthandelsorganisation nicht anerkannt, wonach der BeoutQ-Dienst «von Personen oder Organisationen betrieben wird, die der Strafgerichtsbarkeit Saudi-Arabiens» unterliegen würden. Laut dem WTO-Beschluss habe Saudi-Arabien geistiges Eigentum verletzt, weil der Staat die Piraterie nicht bekämpft habe. Das schien der Premier League bei aller Kritik der grösste Dorn im Auge gewesen zu sein.