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Belinda Bencic verpasst Matchbälle
«Wenn ich aufwache, wird es noch viel mehr wehtun»

Grossartig gekämpft und trotzdem verloren: Belinda Bencic.
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Belinda Bencic fand ihr Lächeln schnell wieder. Als sie Iga Swiatek nach diesem Tennisthriller die Hand schüttelte, strahlte sie sie an. Und als sie den Centre Court verliess, mit gebrochenem Herzen, tippte sie sich an dieses und winkte ins Publikum. Strahlend. So ist Bencic. Sie kämpft bis zum letzten Punkt, und wenn die Gegnerin besser gewesen ist, akzeptiert sie es und gratuliert ihr anerkennend. So weh es auch tut.

Und diesmal schmerzt es sehr. Der Coup lag in der Luft, die Atmosphäre in diesem Court der Träume vibrierte. Bencic erspielte sich nach gut zwei Stunden bei 7:6, 5:4 zwei Matchbälle. Die Weltnummer 1 wackelte bei eigenem Aufschlag, es stand 15:40. Und man spürte: Viele hätten der Schweizerin den Sieg gegönnt. Bei beiden Matchbällen war sie im Ballwechsel drin – ein Winner der Linie entlang, und das wäre es gewesen. Doch Swiatek war in diesem entscheidenden Moment eine Spur entschlossener, wehrte beide Matchbälle ab und setzte sich noch 6:7 (4:7), 7:6 (7:2), 6:3 durch.

«Ich bereue nichts», sagte Bencic eine Dreiviertelstunde nach der Partie. «Ich bin sehr stolz auf mich. Auch bei den Matchbällen hätte ich rückblickend betrachtet nichts anderes gemacht. Ich spielte zwei gute Returns und zwang sie, zu spielen. Sie zeigte beide Male grossartige Schläge. Das war einfach gut gemacht von ihr.»

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Swiatek wirkte lange angespannt, doch in dieser entscheidenden Phase zeigte sie die Qualität, die Champions ausmacht. Oder eben eine Spielerin, die sich inzwischen gewohnt ist, solche Matches an sich zu reissen. Drei der letzten fünf Grand-Slam-Turniere hat Swiatek gewonnen, nun möchte sie endlich auch in Wimbledon reüssieren. Gegen Bencic überstand sie eine ganz schwierige Partie und zog hier erstmals in den Viertelfinal ein. Das entscheidende Break schaffte sie im dritten Satz zum 3:1, wobei ihr Bencic mit zwei Doppelfehlern half.

War der Ball im Spiel, war die Schweizerin besser. Doch der Aufschlag war ihr grosses Handicap. Insgesamt unterliefen ihr elf Doppelfehler. Sie war eingeschränkt beim Service wegen ihres schmerzenden rechten Arms, den sie dick eingebunden hatte. Doch das mochte sie danach nicht als Ausrede anführen. «Der Arm war okay, sonst hätte ich nicht gespielt», sagte sie im englischen Teil ihrer Pressekonferenz, in dem sie ein polnischer Journalist für ihr Niveau lobte. «Ich spielte gut, aber ich weiss, ich kann auf diesem Level spielen», sagte sie.

Im Stile Federers

Letztlich scheiterte sie im Stile von Roger Federer. Dieser hatte im Wimbledon-Final 2019 gegen Novak Djokovic ja auch zwei Matchbälle gehabt, bei 5:4 und 40:15 im fünften Satz, und noch verloren. Federer verpasste seine Chancen sogar bei eigenem Aufschlag. Bei Bencic war es zwar kein Endspiel, doch es wäre einiges möglich gewesen, wenn sie diese Partie siegreich überstanden hätte. Sie wäre im Viertelfinal auf die Ukrainerin Elina Switolina (WTA 76) getroffen, die daran ist, sich nach ihrer Babypause zurückzukämpfen an die Weltspitze.

Gegenüber den Schweizer Journalisten sagte Bencic: «Es tut schon verdammt weh. Aber ich spielte einen super Match, kämpfte bis zum Schluss. Vorher dachte ich kurz: Hoffentlich ist das nur ein böser Traum, und ich wache daraus wieder auf. Aber vielleicht musste ich diesen Match verlieren, um ein nächstes Mal zu gewinnen. Das ist halt Tennis, und ich bin erfahren und reif genug, dass ich weiss, dass ein Match so laufen kann. Ich habe auch schon nach abgewehrten Matchbällen gewonnen.»

Auf die Frage, wie sie diese Niederlage verarbeite, sagte sie schmunzelnd: «Pimm’s.» Der Likör auf Gin-Basis ist in Wimbledon sehr beliebt, und jetzt, da für sie das Turnier vorbei ist, darf sich Bencic durchaus einen genehmigen. «Es gibt leider kein Geheimrezept, um solche Niederlagen zu verdauen», fuhr sie fort. «Und ich weiss, wenn ich morgen aufwache, wird es noch viel mehr wehtun. Aber in ein paar Tagen sollte es okay sein.»

«Manchmal stand ich beim Aufschlag da und dachte: Wow, besser geht es nicht! Es war trotzdem eine wunderschöne Erfahrung.»

Belinda Bencic

Sie habe es jedenfalls geschafft, ihren zweiten Auftritt auf dem Centre Court Wimbledons zu geniessen. Das habe sie sich auch fest vorgenommen. «Manchmal stand ich beim Aufschlag da und dachte: Wow, besser geht es nicht! Natürlich will ich unbedingt gewinnen. Aber es war trotzdem eine wunderschöne Erfahrung. Und ich hoffe, sie kommt nochmals.»

Hätte man ihr drei Siege in Aussicht gestellt, als sie ohne grosse Vorbereitung nach Wimbledon angereist war, Bencic hätte wohl eingeschlagen. Sie sei sehr froh, dass sie hier wieder ans Niveau habe anknüpfen können, das sie Anfang Jahr gezeigt habe. «Ich bin voll bereit für Amerika. Ich habe ein Ziel, ich möchte in die Top 8 und ans Masters. Und ich tue mein Bestes, um das zu schaffen.»

Kompliziertes Erfolgspuzzle

Vor Wimbledon kaufte Bencic ein Puzzle mit 3000 Teilen, alle bauten daran mit im Miethaus, das sie mit ihrem Team und ihren Eltern teilte. «Ich muss zwei Wochen hierbleiben, damit wir es fertig machen können», sagte sie scherzhaft. «Das ist meine grosse Motivation.» Auch ihr Erfolgspuzzle ist eine grosse Herausforderung. Sie hat eigentlich alle Teile, um einen Grand-Slam-Titel zu gewinnen, aber sie konnte sie bisher an den zweiwöchigen Gipfeltreffen noch nie alle zusammenbringen.

Mit 26 wird sie noch einige Chancen bekommen. Gegen Iga Swiatek hat sie eine weitere verpasst.