Bencic fordert auch Gauff«Es ist bitter, wenn das Tennis da ist, aber die Beine nicht»
Die Schweizerin knöpft Coco Gauff am Australian Open als Erste in diesem Jahr einen Satz ab. Eine Stunde lang ist sie Weltklasse, dann baut sie ab. Nun freut sie sich auf eine Belohnung.
- Belinda Bencic beeindruckt beim Australian Open trotz Niederlage gegen Coco Gauff.
- Sie gewinnt als Erste in diesem Jahr einen Satz gegen die Amerikaner.
- Bencic zeigt nach ihrer Babypause eine schnelle Rückkehr zu Weltklasse-Leistungen.
- Nach nur sechs Turnieren ist sie in die Nähe der Top 150 zurückgekehrt.
Zeitweise durfte man sogar davon träumen, dass Belinda Bencic auch Coco Gauff schlagen könnte. Sie hielt dem Druck der Amerikanerin zunächst stand, ging wenn immer möglich selbst in die Offensive und schaffte es, ihre Gegnerin zu verunsichern. So schlichen sich bei Gauff gegen Ende des ersten Satzes etwas mehr Fehler ein, und Bencic sicherte sich den ersten Durchgang mit 7:5.
Das allein war schon eine grosse Leistung, denn das hatte in diesem Jahr noch keine der ersten acht Gegnerinnen gegen die formstarke Gauff geschafft. Am United-Cup war auch Iga Swiatek gegen die 20-Jährige chancenlos geblieben.
In diesen 62 Minuten zeigte Bencic, dass sie nur zweieinhalb Monate nach ihrem Comeback bereits wieder absolute Weltklasse ist. Denn Gauff ist die Spielerin der Stunde, sie hat inzwischen 13 Matches in Folge gewonnen. Ihre eindrückliche Serie begann sie am WTA-Finale in Riad, wo sie nacheinander die Weltnummern 6, 2, 1 und 7 schlug.
Gauff bog die Partie mit roher Gewalt um
Die Amerikanerin ist derzeit voller Selbstvertrauen, und so schlug sie nach dem verlorenen Startsatz und einer taktischen WC-Pause noch härter auf den Ball ein als zuvor, vor allem beim Return. Mit roher Gewalt zwang sie das Momentum auf ihre Seite. Gauff ging im zweiten Satz schnell 3:0 in Führung, Bencic blieb dran, so gut es ging, und verkürzte auf 2:4. Doch Gauff blieb am Drücker und gewann acht der letzten neun Games und die Partie 5:7, 6:2, 6:1.
«Es war ein super Match», sagte Bencic gegenüber Denise Langenegger, der rasenden SRF-Reporterin in Melbourne. «Mein Level habe ich definitiv gezeigt. Leider bin ich noch nicht fit genug. Es ist bitter, wenn das Tennis da ist, aber die Beine nicht. Schon bei 4:3 im ersten Satz war ich am Limit, aber ich pushte mich durch. Dazu kam die Hitze. Es fühlte sich an, als sei es 45 Grad. Schade, konnte ich den Anfang des zweiten Satzes nicht besser gestalten. Aber ich muss realistisch sein. Es war viel, viel besser, als ich erwartet hatte. Und ich werde nur noch fitter.»
Das Resultat war am Schluss etwas gar brutal, konnte doch Bencic die Favoritin immer noch in zahlreiche längere Ballwechsel verwickeln. Gauff schlug insgesamt 42 Winner bei 45 unerzwungenen Fehlern, was ihre offensive Haltung unterstreicht. Bencic gelangen 13 Winner.
Die 27-Jährige bewegt sich nur neun Monate nach der Geburt ihrer Tochter Bella zwar schon wieder exzellent. Aber sie hat noch nicht die Fitness, die es braucht, um in einem Duell mit einer Topathletin wie Gauff über zwei, drei Stunden die Intensität hochzuhalten.
Es ist aber verblüffend, wie schnell Bencic nach ihrer Babypause bereits wieder mit den Besten mithalten kann. Die Schläge, der Aufbau der Punkte, die Antizipation – all das funktioniert schon wieder hervorragend. Und der Aufschlag ist sogar noch leicht besser als zuvor.
So hat sie sich im Nu in der Weltrangliste wieder nach oben gespielt. Am Australian Open als Nummer 294 angetreten, wird sie nach nur sechs Turnierstarts bereits wieder um Rang 150 landen. Und sie hat noch viele Möglichkeiten, ihr geschütztes Ranking einzusetzen.
«Ich weiss selber, dass es unglaublich ist, was ich leiste», sagte sie gegenüber SRF. «Ich bewunderte Switolina, dass sie so früh zurückkehrte. Und auch Osaka kam recht früh zurück. Damals fragte ich mich: Wie ist das möglich? Nach der Geburt dachte ich definitiv nicht, dass ich das schaffen könnte. Ich ging die Dinge langsam an. Aber mein Körper erinnerte sich recht schnell wieder. Und hatte viel Unterstützung vom ganzen Team und von den Ärzten. Ich bin mega dankbar, dass es mir so schnell wieder so gut läuft.»
Sie werde nun ein paar Tage Pause machen, ehe es im Februar mit den nächsten Turnieren weitergehe, so Bencic. Sie sei auch sehr motiviert fürs Training, sagte sie. Sie wolle unbedingt weiter an ihrer Fitness arbeiten. Fürs Erste freue sie sich aber nun auf ein Gläschen Wein. In Australien ist die Auswahl an guten Tropfen ja reichhaltig.
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