Rosengarten in OberriedenBei ihr blühen Rosen, die schon im Mittelalter bekannt waren
Doris Guarisco ist den Pflanzen verfallen. In ihrem verwunschenen Gärtchen in Oberrieden hegt sie alte Rosensorten, aber auch laute Spatzen.
Mit funkelnden Augen steht Doris Guarisco an diesem warmen Vormittag in ihrem Garten. Verwunschen liegt es da, ihr kleines Reich auf Oberriedner und Thalwiler Grenzgebiet. In der Morgensonne leuchten Blüten in zartem Rosa, kräftigem Lila oder Weiss.
«Ich bin ein Pflanzenmensch durch und durch.» Wer das Gartentürchen, das vom Oberriednerweg mitten auf dem Feld wegführt, öffnet und Guarisco in ihrem Gärtchen besucht, weiss, wovon sie spricht. Vorsichtig nimmt die Oberriednerin eine rosa Blüte zwischen ihre Finger und dreht sie leicht zu sich. «Das Spezielle an Blüten von alten Rosen ist ihre Vierteilung und die schöne grüne Knospe in der Mitte.» Ein süsser Duft ist wahrnehmbar.
Von dieser Schönheit geschichtsträchtiger Rosensorten lässt sich Guarisco auch heute noch begeistern. Die aufgeweckte 69-Jährige hegt und pflegt seit 23 Jahren historische Rosen oberhalb des Zürichsees.
Knospen öffnen sich ein Mal
Ab Juni beginnen diese, ihre Knospen zu öffnen. Anders als neuere Rosenzüchtungen blühen sie nur einmal im Jahr. Gewisse Züchtungen in Guariscos Garten sind 150-jährig, andere wiederum waren schon im Mittelalter bekannt, wie die Apotheker-Rose.
Meterhohe Rosensträucher oder auch ganz kleine Stauden sind in ihrem biologisch geführten Garten zu finden. Im Zentrum steht ein schattenspendender Pavillon mit einem kleinen Sitzplatz. Er ist vollständig überwuchert mit Rambler-Rosen. «Ich wusste damals noch nicht, dass ein Rambler, das sind sehr wüchsige Kletterrosen, gereicht hätte.» Aus dem Rosendach – Rambler-Rosen gelten nicht als historische Rosen – erfüllt ein Zwitschern den gesamten Garten. Seit drei Jahren würden sich auch die Spatzen dort sehr wohlfühlen. «Die nerven mich aber ein bisschen, sie sind so laut», meint Guarisco lachend.
Inspiration im Beruf
Den symbolisch aufgeladenen Blumen verfallen ist Guarisco wegen ihrer Arbeit. Die pensionierte Journalistin startete ihre Karriere in den 80er-Jahren bei der Zeitschrift «annabelle». Dass sie die Pflanzenwelt liebt, war damals bereits ersichtlich: «Meine Schwerpunkte waren die Biolandwirtschaft und nachhaltiger Konsum.» Diesen Fokus behielt sie auch für freie Arbeiten bei anderen Medien bei.
Mit 42 Jahren kam es zum entscheidenden beruflichen Wechsel: Sie übernahm die Leitung des Gartenmagazins von Bioterra als Chefredaktorin. Bioterra wurde 1947 gegründet und ist eine Organisation für Bio- und Naturgärten in der Schweiz mit rund 16’000 Mitgliedern.
«Wir widmeten uns beim Magazin eine Zeit lang den Rosen, und ich begann, mich auch privat damit auseinanderzusetzen.» Weil sie ihren Rosengarten biologisch führen wollte, stiess sie auf die Vorteile von historischen Rosen. «Die alten Sorten sind kaum krankheitsanfällig.» Guarisco zeigt auf einen hohen Rosenstrauch mit weissen Blüten. «Das ist eine fast perfekte Rose, eine alte Sorte, nie krank und wunderschön.»
Reisemitbringsel sind ein Muss
Seit sechs Jahren ist Guarisco im beruflichen Ruhestand – aber nicht ganz. Ihre Erfahrung ist bei Bioterra noch immer gefragt: «Ich bin noch im Vorstand mit dabei und lese Texte für das Magazin Korrektur.» Und auch ihr Garten ruht nicht: «Es gibt immer etwas zu tun. Setze ich mich einmal hin, sehe ich sogleich wieder Arbeit in einer anderen Ecke.»
Ganz einfach sei das Gärtnern hier auf dem Feld jedoch nicht. «Hier überleben nur die Stärksten. Bei Niederschlag kommt immer wieder sehr viel Wasser vom Hügel herunter und schwemmt die Fläche.» Zudem sei der Garten stark der Witterung ausgesetzt.
Ihr Reich bezeichnet Guarisco als Sammlergarten. «Auf Botanikausflügen und Gartenreisen mit Bioterra muss ich immer wieder eine Pflanze mitnehmen, die mir ganz besonders gefällt.» So habe sich der Garten stetig weiterentwickelt.
Am Oberriednerweg bei Guarisco wuchsen aber auch schon mehr Rosen. Als sie sich bei Bioterra mit Stauden und im Anschluss mit Gräsern auseinandersetzte, fanden auch diese den Weg in ihren Garten. «Meine Liebe für Rosen schwand dabei zeitweise beträchtlich.» Mittlerweile habe sie diese «Rosenkrise» jedoch überwunden. Dennoch: Die Lieblingspflanzen in ihrem Garten sind heute beispielsweise Blausternbusch oder Indigolupine.
Eigenes Reich
Was fasziniert Guarisco am Gärtnern? «Wenn man viel mit Menschen arbeitet, ist der Garten die grösste Erholung. Danach geht es mir wieder gut.» Jedes Mal nimmt sie als Belohnung ein kleines Sträusschen Blumen mit nach Hause.
Letztes Jahr, als sie an Corona litt, wollte sie ihren Garten auflösen. Da fehlte ihr die Kraft für die viele Arbeit. Unterstützung annehmen will sie jedoch nicht. «Das ist mein Reich, und ich gestalte den Garten gerne allein.»
Wie es mit dem Garten weitergeht, weiss sie noch nicht. Dass eines ihrer drei Kinder in Zukunft übernimmt, bezweifelt Guarisco. «Wenn ich jetzt aber über meinen Garten blicke, denke ich noch nicht ans Aufgeben», sagt sie zufrieden. Die nächsten Gartenreisen nach Deutschland und England hat die Oberriednerin bereits organisiert.
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