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ÖV in der Kritik
Bahnfrust von Ost bis West

Der Um- und Ausbau des Bahnhofs Lausanne hätte ursprünglich 2025 fertig sein sollen. Jetzt soll die Baustelle erst im Jahr 2034 verschwinden. 
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Zürich hat bahntechnisch alles, was man sich auch in St. Gallen und Lausanne wünscht: eine hoch getaktete, topmoderne Bahninfrastruktur. Dank der hohen Kadenz an Fernverkehrszügen können die regionalen Bahnachsen in alle Richtungen dicht befahren werden. Dazu ist der Zürcher Hauptbahnhof gerade im Untergrund weit verzweigt. So vermag er die immer grösser werdenden Pendlerströme problemlos zu schlucken und bietet darüber hinaus interessante Einkaufsmöglichkeiten. Der Zürcher HB ist das Mass aller Dinge.

Neid gegenüber Zürich verspüre sie keinen, versichert die Waadtländer Verkehrsdirektorin Nuria Gorrite (SP). Klar ist aber, viele von Gorrites ÖV-Problemen wären schon heute gelöst, stünde ihr in Lausanne nur ein Teil der Zürcher Bahnkapazitäten zur Verfügung. Die Realität ist aber eine andere. Und das ist ein immenses Problem für die gesamte Romandie. 

Blockiertes Jahrhundertprojekt

Versprochen hat man dem Kanton Waadt nämlich einen 1,3 Milliarden teuren Totalum- und -ausbau des in die Jahre gekommenen Lausanner Bahnhofs: mehr Gleise; neue und längere Perrons; einen neuen unterirdischen Bahnhof für die bestehende Metrolinie M2 und die geplante Linie M3 und eine hochmoderne Shoppinglandschaft. Das Jahrhundertprojekt hätte bis zum Jahr 2025 fertig sein sollen. Doch seit dieser Woche ist klar: Der gesamte Umbau wird voraussichtlich 10 Jahre später und frühestens im Jahr 2034 beendet sein. 

«Der Bahnhof Lausanne ist der wichtigste Verkehrsknotenpunkt der Romandie.»

Nuria Gorrite, Waadtländer Verkehrsdirektorin

Ihren Ärger kann die Waadtländer Regierungsrätin nur schwer verbergen. Gorrite sagt: «Der Bahnhof Lausanne ist der wichtigste Verkehrsknotenpunkt der Romandie.» Mit täglich 130’000 Passagieren habe man die Kapazitätsgrenzen längst erreicht, und in acht Jahren werden es bereits 200’000 Passagiere sein. Die Züge seien genauso voll wie die Unterführungen im Bahnhofsgebäude. Man müsse dringend auch die Frequenzen im Regionalverkehr, insbesondere nach Genf, erhöhen, so die Regierungsrätin. 

Im Bummelzug nach Bern

Gerade auch die Verbindungen nach Bern wollte man in der Waadt verbessern und die Fahrzeiten auf unter eine Stunde verkürzen. Doch auch hier gibt es nun einen Rückschlag. Die SBB setzen bei ihren Zügen die Neigetechnik, auch Wankkompensation genannt, wegen zu häufiger Störungen ausser Kraft. Diese war entwickelt worden, um Kurven schneller fahren zu können. Die Konsequenz: Die Fahrt von Lausanne nach Bern dauert statt weniger als eine Stunde nun wieder satte 72 Minuten. Damit sind auch Gorrites Zugfahrpläne für den Regionalverkehr Makulatur. Hier wollte sie ab 2024 ausbauen, stattdessen muss sie nun abbauen. Das ist aus Gorrites Sicht inakzeptabel. «In der Klimakrise müssen wir die Leute animieren, vom Auto auf den ÖV umzusteigen», sagt sie. 

«Der Bund ist aus Gründen des nationalen Ausgleichs verpflichtet und darf die Romandie nicht links liegen lassen.»

Nuria Gorrite, Waadtländer Verkehrsdirektorin

In ihrem Verdruss hat die Waadtländerin Verkehrsministerin Simonetta Sommaruga eingeschaltet. Sommaruga soll mithelfen, zu klären, warum der Lausanner Umbau sich derart hinzieht. Die Bundesrätin hat ihre Bereitschaft signalisiert. Die Situation ist vertrackt. Für die Verzögerung schieben sich die SBB und das Bundesamt für Verkehr gegenseitig die Schuld zu. Zwischen den diversen am Projekt beteiligten Ingenieuren soll es wegen Statikberechnungen Unstimmigkeiten geben. Um dies alles zu klären und damit die Bauarbeiten endlich richtig beginnen, fordert Gorrite, dass eine Taskforce eingesetzt wird. Sie sagt: «Der Bund ist aus Gründen des nationalen Ausgleichs verpflichtet, allen Projekten die nötigen Ressourcen zur Verfügung zu stellen, und darf die Romandie nicht links liegen lassen.»

Ganze Ostschweiz macht Druck

So tief der Bahnfrust in der Waadt sitzt, in der Ostschweiz sieht es genau gleich aus. Das bestätigt der St. Galler Verkehrsdirektor Beat Tinner (FDP). Er könne mit Gorrite mitfühlen, man unterstütze sich auch gegenseitig, versichert er. Auch in der Ostschweiz verwenden die SBB die Neigetechnik nicht mehr. Auch da dauert die Fahrt von Zürich nach St. Gallen nun wieder eine Stunde statt 54 Minuten, und auch da gibt es beim Verkehrsknotenpunkt St. Gallen deshalb grosse Probleme bei den Verbindungen zu den Fernverkehrslinien wie auch Regionalzügen. Tinner sagt: «Wenn die Zugfahrt von Zürich nach St. Gallen länger dauert und der Anschluss an die Rheintallinie nicht gewährleistet ist, hat sogar die Rhätische Bahn ein Problem mit den Anschlusszügen.»

«Wenn die Fahrzeiten ohne Neigetechnik nicht verkürzt werden können, muss man auf all jenen Bahnabschnitten baulich eingreifen, die noch Defizite aufweisen.»

Beat Tinner, St. Galler Verkehrsdirektor

Für Tinner ist eines klar: «Wenn die Fahrzeiten ohne Neigetechnik nicht verkürzt werden können, muss man auf all jenen Bahnabschnitten baulich eingreifen, die noch Defizite aufweisen.» Das und mehr haben gleich sieben Ostschweizer Kantone, von Schaffhausen bis Graubünden, in diesem Sommer Verkehrsministerin Simonetta Sommaruga in einem gemeinsamen Schreiben mitgeteilt und darum gebeten, sich dafür einzusetzen, dass für den Bahnausbau genügend finanzielle Mittel zur Verfügung stehen.