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Babu’s-Gründerin im Porträt
Die erfolgreiche Gastronomin, die kaum jemand kennt

Sandra Kubista Geschäftsführerin "Babu's" übernimmt das Cafe "NZZ am Bellevue". Fotografiert in den Räumlichkeiten vor der Eröffnung. NICHT AUFREISSEN, STIMMUNG ERHALTEN.

Es gibt im Kanton Zürich mehrere Tausend Gastronominnen und Gastronomen. Sehr wenige von ihnen sind laut, die meisten leise.

Dass ausgerechnet der lauteste und wohl umtriebigste von allen, Michel Péclard, an einer prominenten Lage von einer unbekannten, leisen Gastronomin abgelöst wird, entbehrt nicht einer gewissen Ironie: Letzten Sommer wurde bekannt, dass Péclard das NZZ am Bellevue am Hauptsitz der gleichnamigen Zeitung schliessen musste. Die damalige Eröffnung wurde Monate zuvor angekündigt, und es gab eine riesige Opening Party.

Nach nicht einmal zwei Jahren scheiterte das Projekt im Sommer 2023. Péclard, der am Zürichsee und in der Innenstadt viele Betriebe führt, eröffnete das lang geplante Lokal am Bellevue im September 2021. Doch das Restaurant litt nicht nur an den Nachwehen der Pandemie. Es schien mit seinen 360-Grad-Lichtprojektionen zu viel aufs Mal zu wollen und sollte auch als Club- und Eventlokal fungieren.

Die NZZ machte sich auf die Suche nach einer neuen Mieterin der Gastrofläche. Sandra Kubista bekam den Zuschlag. Am kommenden Montag eröffnet sie bei der Tramstation Opernhaus ihre dritte Babu’s-Filiale. 25 Mitarbeitende hat sie dafür rekrutiert.

Manche warten an der Löwenstrasse anderthalb Stunden

Kaum jemand kennt den Namen und das Gesicht der 58-Jährigen. Sandra Kubistas erste Filiale an der Zürcher Löwenstrasse, das Babu’s, «Coffeehouse & Bakery», ist allerdings den meisten ein Begriff. 2011 gegründet, wurde es nach dem mittlerweile verstorbenen Hund der Inhaberin benannt.

Die aktuelle Baustelle an der Löwenstrasse kann der Warteschlange vor dem Babu’s nicht viel anhaben.

Am Wochenende bildet sich jeweils eine lange Warteschlange vor dem Lokal an der Löwenstrasse. «Manchmal stehen die Leute bis zu anderthalb Stunden an», sagt Sandra Kubista. Dann gebe es Diskussionen mit der Polizei, weil die Leute auf dem Trottoir nicht mehr an den Wartenden vorbeikommen.

Wir treffen die Unternehmerin im Babu’s in der neusten Filiale am NZZ-Stammsitz, wenige Tage vor der Eröffnung. «Ich suche die Öffentlichkeit nicht», hatte sie am Telefon zwecks Terminvereinbarung gesagt. Doch als sie am Tisch sitzt, hört sie nicht auf, zu erzählen. Man könnte ihr ewig zuhören. Die Stadtzürcherin hat die Ausstrahlung einer eleganten Pariserin.

Sämtliche Kernelemente der neusten Filiale sind sichtbar: verschiedene Vintage-Möbel, darunter Tische in allen Grössen, eine Theke aus Glasbaustein im Eingangsbereich sowie ein Terrazzoboden aus Zürichseesteinen. Im Hintereingang stapeln sich Teller mit Blumenmuster, handverlesen aus verschiedenen Brockenhäusern. «Ich mag einen eklektischen Mix aus Vintage- und Brockisachen», sagt Sandra Kubista.

Keine Werbung, fast immer voll

Warum das erste Babu’s an der Löwenstrasse vom ersten Tag an funktionierte, obwohl sie nie dafür Werbung machte, kann Sandra Kubista nur vermuten: «Die Leute mögen wohl, dass sie den ganzen Tag durchgehend Essen bestellen können. Und das selbst gemachte Gebäck fand von Beginn weg Fans.»

So gibt es neben der Rüeblitorte, dem Bestseller, auch Kokos-Gugelhöpfli, Sandwiches oder frisch zubereitete Gerichte wie Eierspeisen und Rösti. Stadtbekannt ist auch der Babu’s-Brunch mit den Etageren, die mit hausgemachtem Sauerteigbrot, Pancakes oder Früchten gefüllt sind.

Am Anfang, erzählt Sandra Kubista, rankte das Babu’s bei Trip Advisor sehr weit oben. «Das half.» Mittlerweile seien Google-Ratings wichtiger geworden. «Wenn dort eine negative Wertung steht, schaue ich sie mit meinem Team sofort an und prüfe, ob sie gerechtfertigt ist.»

Im eng bestuhlten, urbanen Wohnzimmer scheinen sich die Leute zudem wohlzufühlen: An der Löwenstrasse dominiert ein dichtes, scheinbares Chaos aus Secondhandmöbeln und Wandschmuck von der Streifentapete bis zur Ziegelwand. Die Einrichtung ist nicht hip wie andere Zürcher Lokale mit ihren rosa Wänden und Zimmerpflanzen. Aber gemütlich.

Babu's an der Löwenstrasse.

Das Babu’s mit seinen Kaffee- und Gebäckspezialitäten nahm gewissermassen den Zürcher Brot- und Spezialitätenkaffee-Hype vorweg: John Baker startete 2013. Auch die meisten Spezialitätenkaffees, die «Latte Art» betreiben und hübsch verzierten Cappuccino servieren, starteten nach 2011, dem Gründungsjahr von Babu’s.

Ihre Tochter Elena, die in ihren späten Zwanzigern ist und seit vier Jahren zum Babu’s-Kernteam gehört, taucht im Laufe des Gesprächs ebenfalls am neuen Standort auf und schreibt die neue Menükarte.

Tochter Elena tüftelt an neuen Produkten

Seit sie Teil des Unternehmens ist, konnte Babu’s expandieren: 2022 wurde in der Binz eine Backstube in Betrieb genommen, deren Produktion Elena Kubista aufgebaut hat. Sie ist heute für die Weiterentwicklung und die Qualitätsüberwachung im Babu’s verantwortlich. Das Gebäck, das in der Binz entsteht, wird in allen drei Babu’s-Filialen verkauft. Zu diesen zählt auch die Babu’s Bakery an der Zentralstrasse beim Zürcher Idaplatz. Diese Filiale gibt es seit 2022.

Wie im Stammhaus in der Innenstadt gibt es auch beim Idaplatz eine Verkaufsauslage mit Käse und Butter: Jede Babu-Filiale ist auch ein kleiner Lebensmittelladen. Zu den Gebäck-Spezialitäten gehören unter anderem mit Schinken und Käse gefüllte Focaccia-Rollen oder Zitronenkuchen.

Was beim Besuch an allen Standorten auffällt: Das Personal bleibt auch bei grossem Andrang freundlich. «Dass unsere Mitarbeitenden motivierte und positive Persönlichkeiten sind, ist mir sehr wichtig. Dieses coole Getue in der Zürcher Gastronomie, das man manchmal vorfindet, mag ich nicht», sagt Sandra Kubista.

Babu's an der Zentralstrass

Auf die Idee mit dem Babu’s kam sie Ende der Nullerjahre. Entscheidend für die Inspiration sei ein Besuch in den USA gewesen. Dort entdeckte sie die Tartine Bakery, eine kalifornische Kaffeehaus-Kette mit Backwaren frisch aus dem Ofen.

Jahrelang im Verkauf tätig – Sandra Kubista hatte im Stadtzentrum die Kinderboutique Bobo L’Escargot aufgebaut –, wollte sie etwas Neues wagen. Als Gründerin eines Cafés mit Bäckerei war sie damals Quereinsteigerin. Ganz branchenfremd war sie allerdings nicht.

Denn Kubista, die einen kaufmännischen Hintergrund hat, stammt aus der Bäckerfamilie Angst. Ihr Vater, Ernst Angst, und bereits ihr Grossvater führten in der Stadt drei Betriebe. Einer davon befand sich beim Lochergut. In der Nähe wuchs Sandra Kubista auch auf. «Ich bin ein Stadtmeitli», sagt sie. Als sie volljährig war, verkaufte ihr Vater das Unternehmen.

Davos als Inspiration

Als Kubista das Babu’s gründete, hatte ihr Vater das Backbusiness schon Jahrzehnte zuvor aufgegeben. Sandra Kubista erzählt, dass die Finanzierung ihrer GmbH, der Kubista Gastro, dank der Unterstützung ihres Mannes möglich war. Er ist im Gastro-Grosshandel tätig. Ein Gastro-Consultant half Kubista bei der Suche nach dem passenden Standort.

Was die Entwicklung des Konzeptes anging, holte sich die Quereinsteigerin Hilfe in Davos, wo sie oft in den Ferien war: Dort gibt es das weit über den Ort bekannte Kaffee Klatsch. Das Kaffee-Klatsch-Team half Kubista beim Aufbau und wurde auch dafür bezahlt.

Wie im Klatsch bestellt man im Babu’s zuerst an der Theke und nimmt erst dann seinen Platz ein. Das Kaffeehaus in Davos ist zudem ähnlich dicht eingerichtet wie jenes in Zürich an der Löwenstrasse. «Wir haben am Anfang viel vom Kaffe Klatsch übernommen, das war sehr wichtig für uns», sagt Sandra Kubista.

Über die Jahre fand das Babu’s zu einem eigenen Stil, und es scheint, als habe er sich mit dem neuesten Standort am NZZ-Hauptsitz im Seefeld weiterentwickelt: Er kommt luftiger und moderner daher als an der Löwenstrasse. Mit über 200 Quadratmetern ist er auch geräumig. Gestaltet wurde er von der jungen Zürcher Interiordesignerin Hanya Leo.

Eine diverse Kundschaft

Es wird interessant sein, zu beobachten, wie sich die Kundschaft im NZZ-Gebäude entwickelt. Denn in den zwei bisherigen Babu’s-Filialen ist die Kundschaft recht divers: An der Löwenstrasse ist das Babu’s so international, dass das Personal Englisch beherrschen muss.

An der Zentralstrasse beim Idaplatz sei die Kundschaft etwas weniger international, dafür «sehr aufmerksam und ein bisschen streng», wie Kubista sagt. Sie erzählt, wie eine Kundin sie schon vor Wochen darauf aufmerksam gemacht habe, dass man ab dem 1. Februar die Herkunft des Gebäcks anschreiben müsse. Tatsächlich ist dies seit diesem Monat Pflicht.

Was augenfällig ist: Bei der Gastro-Unternehmerin kehren besonders gerne Frauen ein. Zumindest tagsüber ist die Frauenquote hoch. «Ich frage mich nie: Was ist in der Gastronomie angesagt oder hip, sondern: Wie fühle ich mich selber am wohlsten?», sagt Sandra Kubista. Diese Leitfrage hat sich ausbezahlt.

Babu’s, Theaterstr. 3, 8001 Zürich (offen ab 19. Februar)