Starkes Comeback als MutterBencic verblüfft weiter – und erinnert allmählich an Federer
Die Ostschweizerin schlägt am Australian Open auch Naomi Osaka, die nach verlorenem Startsatz aufgibt. Mit ihrer Lockerheit weckt sie Erinnerungen an ein anderes grosses Comeback.
Das Australian Open ist ein guter Ort für grosse Comebacks. Fragen Sie nur Roger Federer, der hier 2017 nach sechsmonatiger Verletzungspause triumphierte und damit den goldenen Herbst seiner Karriere einleitete. Belinda Bencic war noch um einiges länger weg von der grössten Tennisbühne, über 16 Monate, und verblüfft nun in Melbourne immer mehr. Gegen die stark aufspielende Naomi Osaka befreite sie sich nach einem schwierigen Start eindrücklich und riss den ersten Satz im Tiebreak an sich, ehe die Japanerin aufgab.
Wenn Osaka den Ball gut trifft, ist gegen sie fast nichts auszurichten. So gewann sie auch ihre vier Grand-Slam-Titel, davon zwei in Melbourne (2019, 2022). Doch Bencic liess sich davon im Duell der Mütter nicht entmutigen, blieb nach einem 1:4 und einem 2:5 dran und verstand es zusehends, Osaka in die Defensive zu drängen. Die Schweizerin glich auf 5:5 aus, ihre Gegnerin wirkte nun plötzlich angeschlagen und suchte ihr Heil in der totalen Offensive. Doch Bencic verteidigte sich exzellent, zwang Osaka vermehrt zu Fehlern und gewann den Satz mit einem 7:3 im Tiebreak.
Bencic blieb konzentriert und zog es durch
Osaka hatte sich beim Seitenwechsel bei einer 6:5-Führung kurz behandeln lassen und eine Schmerztablette geschluckt. Ihre Bauchmuskelzerrung, die sie Anfang Jahr in Auckland erlitten hatte, schien wieder aufgerissen zu sein. Da hatte sie im Final gegen die Dänin Clara Tauson nach gewonnenem Startsatz aufgegeben. Ausser beim Aufschlag war ihr gegen Bencic indes nicht viel anzumerken, in den Ballwechseln spielte sie weiter druckvoll auf. Bencic liess sich davon nicht irritieren, blieb konzentriert und griff an, wann immer möglich.
Nach 57 Minuten hatte die Ostschweizerin den ersten Satz gewonnen, und Osaka setzte sich zunächst auf die Bank. Nach einer kurzen Besprechung mit Coach Patrick Mouratoglou entschied sie sich dann aber für die Aufgabe, um ihre Verletzung nicht noch zu verschlimmern. Sie ging zu Bencic und gratulierte ihr. Die beiden umarmten sich kurz, dann verliess Osaka enttäuscht den Court.
Bencic bedauert im Platzinterview die Aufgabe der Japanerin und wünscht ihr alles Gute. «Ich merkte, dass sie gegen Ende des ersten Satzes etwas Mühe hatte», sagt sie. «Ich hoffe, sie erholt sich gut und spielt noch eine gute Saison.» Mit ihrer Leistung zeigt sich Bencic sehr zufrieden: «Sie startete besser als ich, aber dann fand ich meinen Rhythmus. Ich kann mich sicher noch verbessern, aber ich bin happy, wie ich spiele.»
Das kann sie in der Tat sein. Sie hat auf Anhieb ihre Qualitäten wieder gefunden, die sie vor ihrer Babypause ausgezeichnet hatten: Sie antizipiert exzellent, lässt sich nicht hinter die Grundlinie drängen und begeht kaum leichte Fehler. Gegen Osaka war auch ihr Aufschlag stabil. Und sie ist, nicht einmal drei Monate nach ihrer Rückkehr in den Tenniszirkus, schon erstaunlich fit und agil.
Gegen Osaka blieb sie auch ruhig, als sie den wuchtigen Bällen der Japanerin zeitweise nur noch hinterherschauen konnte. Sie ist, als Mutter auf die Tour zurückgekehrt, lockerer geworden und nervt sich nicht mehr so schnell. «Ich bin sehr happy, wie mein Comeback verläuft», sagt sie in der Pressekonferenz. «Ich hätte nicht erwartet, dass ich hier in den Achtelfinal kommen würde. Aber ich schraube jetzt deshalb nicht meine Erwartungen nach oben. Ich weiss, dass ich mich körperlich noch verbessern kann. Und wenn meine Gedanken mit mir durchgehen, sehe ich meine Tochter an, die erst achteinhalb Monate alt ist.»
Sie sei einfach froh über jeden Match, den sie spielen könne, betont Bencic. Es drehe sich für sie momentan noch nicht alles um Gewinnen, sondern darum, dass sie sich weiter verbessere und im Ranking hocharbeite. Diese Einstellung hat sie schon weit gebracht. Im neuen Jahr hat sie sieben von neun Partien gewonnen und mit Anna Kalinskaja, Jelena Ostapenko und Naomi Osaka bereits mehrere Topspielerinnen geschlagen.
Sie geniesst ihre Zeit mit der Familie
Ihr Comeback in Australien erinnert allmählich an jenes von Federer 2017, als dieser mit neuer Frische und Lockerheit zum Titel stürmte. Doch so weit ist Bencic noch lange nicht. Im Achtelfinal trifft sie am Sonntag auf Coco Gauff (WTA 3), die ihre Konkurrenz derzeit regelrecht vom Platz fegt. Zuletzt schlug sie die Kanadierin Leylah Fernandez (27) 6:4, 6:2.
Doch Bencic zerbricht sich darüber nicht den Kopf. Vor ihrem Duell mit Gauff verbringt sie zuerst noch einen spielfreien Tag mit der Familie in Melbourne. Das Wetter ist gut, und am Yarra River gibt es viel zu unternehmen. «Ich geniesse es viel mehr als früher», sagt sie strahlend. «Es ist so schön, mit der Familie hier zu sein.»
Returnwinner Osaka, ihr erster Breakball.
Hochgeschwindigkeits-Tennis, Bencic setzt den Ball ins Aus.
Deshalb attackiert sie nun wieder und punktet mit einem Topspin-Volley.
Stark gespielt von Osaka. Wenn sich Bencic nur leicht zurücknimmt, gerät sie unter Druck.
Returnwinner Osakas. Sie wird den Aufschlag von Bencic konsequent attackieren.
Eine Vorhand ins Eck. Bencic ist bereits voll da.
Bencic sucht die Initiative. Ein Fehler und ein erzwungener Punkt. Sie wirkt sehr entschlossen.
Und da ist das frühe Break für Bencic! Ein exzellenter Start für die Schweizerin.
Exzelllenter Return von Bencic, sie erspielt sich den ersten Breakball.
Man sieht schon im ersten Game, dass beide Spielerinnen bestrebt sind, die Initiative zu übernehmen. Schon drei unerzwungene Fehler von Osaka.
Perfektes Tenniswetter
In Melbourne ist es 17 Uhr Ortszeit und 20 Grad. Perfektes Tenniswetter also. Ein Teil der Courts in der John Cain Arena liegt schon im Schatten.
Das Duell der Mütter
Guten Morgen zum Liveticker zwischen Belinda Bencic und Naomi Osaka. Die beiden spielen um den Einzug in den Achtelfinal des Australian Open. Es ist das Duell zweier Mütter. Osaka kehrte nach ihrer Babypause vor exakt einem Jahr auf die grosse Tennisbühne zurück und hatte hohe Ambitionen. Die vierfache Grand-Slam-Siegerin konnte indes noch nicht an ihre früheren Erfolge anknüpfen.
Bencic gab ihr Comeback Ende Oktober bei einem kleineren Turnier in Hamburg und hat sich innert weniger Wochen in Form gespielt. Auf dem Weg in die dritte Runde schlug sie die Lettin Jelena Ostapenko (WTA 22) und die Niederländerin Suzan Lamens (77) ohne Satzverlust. Man darf gespannt sein, wie sie mit dem druckvollen Spiel von Osaka zurechtkommt. In der Vergangenheit gelang ihr das gut: Sie führt in der Direktbilanz 3:2.
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