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Ausstellung in Chur
Giacometti wird erwachsen

Alberto Giacometti: «Selbstbildnis mit blauer Baskenmütze» (1916).
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Wie hat sich Alberto Giacometti selbst gesehen? Wie sah ihn sein Vater? In der Ausstellung «Alberto Giacometti, Porträt des Künstlers als junger Mann» im Bündner Kunstmuseum in Chur steigen wir ganz tief in die Kindheit und Jugend des Bergeller Künstlers hinab, der es mit seinen extrem schlanken Bronzeplastiken zu Weltruhm gebracht hat. 1901 in Borgonovo als erstes Kind des Malers Giovanni Giacometti geboren, zeigte Alberto früh sein Talent als Zeichner, Maler und Bildhauer.

Schon als Zehnjähriger hat der von seinem Vater in seiner künstlerischen Entwicklung geförderte Knabe seine Zeichnungen signiert. Seine Fertigkeiten übte er beim Kopieren von alten Meistern, von denen er Gemälde und Stiche in der Bibliothek seines Vaters fand. Besonders bewunderte er Rembrandt und Dürer. Auch Giovanni Giacometti war ihm mit seinen Gemälden ein Vorbild. So gibt es in der Ausstellung Dutzende von Bildern zu sehen, Gemälde und Zeichnungen, in denen Vater und Sohn sich mit demselben Sujet befassen.

Von Schiers nach Rom

Alberto besuchte von 1915 bis 1919 das Internat in Schiers, wo er Porträts seiner Mitschüler zeichnete, bei denen er verschiedene Zeichentechniken ausprobierte. 1919 verliess er die Schule ohne Matura und kehrte zurück nach Stampa. Er fasste den Entschluss, Künstler zu werden, was sich aber gar nicht so einfach realisieren liess. Nach einem enttäuschenden Abstecher an die Kunsthochschule in Genf begleitete er seinen Vater auf eine Reise nach Venedig, wo er die Malkunst von Jacopo Tintoretto für sich entdeckte. Im November 1920 begann er einen längeren Studienaufenthalt in Italien, der ihn nach Florenz, Assisi, Perugia, Rom und Neapel führte.

Alberto Giacometti in Rom, Fotografie

In Italiens Museen faszinierten ihn unter anderem die strengen und sauberen Formen in der Kunst der alten Ägypter, die seiner Ansicht nach eine viel stärkere Wirkung entfalteten als die barocken Statuen eines Gian Lorenzo Bernini, die er in der Villa Borghese in Rom kennen gelernt hatte. Auf seiner Italienreise wurde ihm klar, dass er Bildhauer werden wollte. Er schrieb sich im Januar 1922 in Paris für einen Kurs beim Bildhauer Emile-Antoine Bourdelle ein, der eine Zeit lang Assistent von Rodin gewesen war. Die Kurse Bourdelles besuchte er bis ins Jahr 1926.

Ein Gesicht aus Flächen und Linien

Im Zentrum der Churer Schau stehen Porträts des Vaters und die Selbstporträts des Sohns. Wunderbar bunt, im Stile des Fauvismus, kolorierte der Vater Kopf und Brustpartie seines Sohns, der auf den Gemälden immer markantere Gesichtszüge bekommt und der mit seinen dunklen, offenen Augen sein Gegenüber oft direkt ansieht.

Ganz anders blickt der Sohn in den Selbstporträts. Alberto Giacometti malt sich gern mit leicht zusammengekniffenen Augen, als ob er an etwas Mass nehmen möchte. Er zeigt sich auf diesen Bildern oft von der Seite, mit einem Blick über die linke Schulter. An Albertos Selbstporträts können Besucher und Besucherinnen der Ausstellung auch nachverfolgen, wie der werdende Künstler sein Gesicht, wie wenn er es auf dem Zeichenpapier aus einem Steinblock heraushauen müsste, in kubistischer Analytik aus Flächen und Linien konstruiert.

Alberto Giacometti: «Selbstporträt» (1920).

Und in der Tat sind in jenen frühen 1920er-Jahren auch zahlreiche Skulpturen von Giacometti entstanden, die er später aber alle vernichtete, weil sie ihm zu akademisch vorkamen. Nur sein «Autoportrait» von 1925 hatte Bestand, weil er die Gipsskulptur früh schon seinem Kollegen Hans Stocker vermachte. Sie strahlt eine geradezu archaische Kraft aus, hat aber noch nichts Kubistisches oder gar Surrealistisches, künstlerische Stile, die den werdenden Bildhauer erst nach seinen Studienjahren beschäftigten.

Die Ausstellung im Bündner Kunstmuseum in Chur dauert noch bis zum 19. November.