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Aus dem Bezirksgericht Horgen
Prügeleltern schieben Verantwortung auf «launische» Tochter ab

Die Staatsanwältin (stehend) fordert für die Eltern je vier Jahre Freiheitsstrafe wegen schwerer Körperverletzung.
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Der Alltag der Familie aus dem Bezirk Horgen muss alles andere als idyllisch sein. Gewalt und Demütigungen gehörten zum Erziehungssystem, wie die zweitälteste Tochter am Montag am Bezirksgericht Horgen schilderte.

Ein besonders schwerer Vorfall Ende 2021 brachte den Strafprozess ins Rollen. Die Tochter weigerte sich, Hausarbeiten zu erledigen. Zuerst stiess die Mutter sie mit dem Wischmopp. Danach rang der herbeigerufene Vater seine damals 18-jährige Tochter nieder. Er boxte, schlug und würgte sie, sodass sie in Panik geriet, wie das Opfer berichtete. Nach dem Vorfall packte sie ihren Rucksack und zog aus dem Elternhaus aus.

Vater und Mutter, die Mitte 40 sind, sind der schweren Körperverletzung angeklagt. Die Staatsanwaltschaft verlangt für beide eine Freiheitsstrafe von vier Jahren.

«Ich war eine Rebellin»

«Ich war definitiv kein einfaches Kind. Ich war eine Rebellin», sagte das Opfer. Sie habe oft nicht gemacht, was von ihr verlangt worden sei. Sie habe auch Regeln hinterfragt, die ohne Erklärung eingeführt worden seien. Aber sie verstehe nicht, wieso die Eltern mit Schlägen, Tritten oder Wegsperren reagiert hätten.

Sie erinnere sich an keine Phase in ihrer Kindheit und Jugend, in der es keine Körperstrafen gegeben habe. Mehrmals sei sie mit dem Gartenschlauch abgespritzt oder in den Keller gesperrt worden. Es sei vorgekommen, dass sie tagelang die Schule nicht habe besuchen dürfen, weil sie Würgemale am Hals gehabt habe. Einmal habe ihr der Vater zwei Milchzähne ausgeschlagen, nachdem sie ein Essen verweigert habe.

Sie liebe ihre Eltern und ihre drei Geschwister, sagt die junge Frau, die bei der Befragung oft Tränen in den Augen hatte. Sie denke, dass ihre Eltern überfordert gewesen seien. Das Quälregime ging nicht spurlos an ihr vorbei. Sie versuchte zweimal, sich das Leben zu nehmen. Noch heute leide sie an Depressionen, sagte sie. «Ich komme manchmal nicht aus dem Bett.» Die Ärztin attestierte ihr eine chronische und komplexe posttraumatische Störung.

«Das kann sich nicht zugetragen haben»

Die Eltern räumten ein, dass es ab und zu Ohrfeigen abgesetzt habe. Sie schwächten aber die ihnen vorgeworfenen Taten ab. «Ich habe meine Tochter nie gewürgt», sagte der Vater. Er habe sie auch nicht geboxt, höchstens mit der offenen Hand geschlagen.

Ihre Tochter müsse sich vieles zusammengereimt haben. So habe sie beispielsweise Polizeiserien angeschaut, die sie wohl zu den Anschuldigungen inspiriert hätten. Sie sei launisch gewesen, und man habe nie gewusst, wie sie reagieren werde. Erschwerend komme hinzu, dass sie an Allergien und Lebensmittelintoleranzen leide, die sie empfindlich machten, meinte die Mutter, die in ihrer Kindheit ebenfalls geschlagen worden ist, wie sie festhielt. Mit ihrer zweitältesten Tochter sei sie an den Anschlag gekommen.

Zwar beteuern die Eltern, sie liebten ihre Tochter über alles. Dass das Opfer in der Familie isoliert ist, zeigte aber der Auftritt ihrer um ein Jahr älteren Schwester. Diese hält zu ihren Eltern: «Ich teilte das Zimmer mit meiner Schwester und hätte mitbekommen müssen, wenn sie geschlagen oder aus dem Haus gesperrt worden wäre, sagte sie. Das sei aber nicht der Fall gewesen.

Sie warf ihrer jüngeren Schwester vor, sie habe oft provoziert: «Sie ist berechnend.» Sie habe beispielsweise gesagt, sie wolle ihre Eltern vor Gericht sehen.

Freispruch für Mutter verlangt

Die Staatsanwältin beschuldigte die Eltern, ihre Tochter von frühester Kindheit an körperlich bestraft zu haben. Man könne doch einem Kleinkind nicht vorwerfen, dass es viel schreie, argumentierte sie an der Verhandlung. Sie warf den Eltern vor, dass sie keine Verantwortung für ihr Handeln übernähmen und die Ursache für die Körperstrafen und Demütigungen beim Opfer suchten.

Die Verteidigerin der Mutter beantragte einen Freispruch. Die ihr vorgeworfenen Taten seien keine schwere Körperverletzung. Der Verteidiger des Vaters fordert für den schweren Vorfall von April 2021 eine Verurteilung wegen einfacher Körperverletzung und eine Geldstrafe. Das Gericht fällt das Urteil voraussichtlich nächste Woche.

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