Ihr Browser ist veraltet. Bitte aktualisieren Sie Ihren Browser auf die neueste Version, oder wechseln Sie auf einen anderen Browser wie ChromeSafariFirefox oder Edge um Sicherheitslücken zu vermeiden und eine bestmögliche Performance zu gewährleisten.

Zum Hauptinhalt springen

Todesfahrt in Mannheim
Er will die verstörte Stadt vor der Spaltung bewahren

Mann in grauem Anzug gestikuliert während eines Gesprächs an einem Tisch.
Jetzt abonnieren und von der Vorlesefunktion profitieren.
BotTalk

Wenn in Deutschland Bundesminister und Ministerpräsidenten eine Stadt besuchen, ist das für das Stadtoberhaupt normalerweise eine grosse Sache. Gemeinsam werden dann neue Institute eröffnet, Bänder für ein neues Infrastrukturprojekt durchgeschnitten oder Vorzeigeprojekte der Kommune präsentiert.

Als Bundesinnenministerin Nancy Faeser, Baden-Württembergs Ministerpräsident Winfried Kretschmann und sein Innenminister Thomas Strobl am Montag Mannheim besuchten, war jedoch alles anders. Für den Oberbürgermeister Christian Specht gab es keinen Grund zur Freude an diesem Tag, den er als «schwarzen Tag für Mannheim» bezeichnete. Denn die Bundes- und Landespolitiker waren gekommen, um zu kondolieren; ihm und seiner Stadt Beileid und Mitgefühl auszusprechen für die Todesfahrt vom Montag, mit zwei Toten, einigen Verletzten und sehr vielen Augenzeugen der Tat und ihrer Folgen.

Dabei spielt es für viele sicher auch eine Rolle, dass Christian Specht nun bereits zum zweiten Mal binnen kurzer Zeit eine verstörte Stadt durch eine schwere Krise navigieren muss. Erst im Mai 2024 war ebenfalls in zentraler Lage der Polizist Rouven Laur erstochen worden, nur 500 Meter vom aktuellen Tatort entfernt. Der mutmassliche Täter von damals, ein junger Afghane, steht gerade vor Gericht. Die Tat hat die Stadtgesellschaft nachhaltig erschüttert, und sie hat das Leben für die vielen Mannheimerinnen und Mannheimer mit Migrationshintergrund nicht einfacher gemacht.

Christian Specht hatte sich im Oberbürgermeister-Wahlkampf 2023 eigentlich als Macher inszeniert und mit diesem Image als erster CDU-Politiker seit 1948 die traditionelle SPD-Hochburg mit knappem Vorsprung für sich eingenommen. Nun ist er als Moderator gefragt, als Kümmerer, und selbst politische Mitbewerber bescheinigen ihm, diese Rolle engagiert angenommen zu haben. Auch wenn sie ihm durch die äusseren Umstände aufgezwungen wurde.

Industriestadt Mannheim mit vielen Problemen

Am Montagabend, als Christian Specht vor die Kameras trat, wirkte er bedrückt. Am Sonntag war noch ein grosser Fasnachtsumzug durch die Innenstadt gezogen, rund 200’000 Besucher feierten mit bunten Umzugswagen und Konfetti die fünfte Jahreszeit und auch ein bisschen sich selbst. Es war einer dieser Momente, in denen die Stadt zusammenrückte, in denen sie ihre Sorgen für einige Stunden vergass. Am Rosenmontag waren sie nun zurück, plötzlich, unerwartet und mit einer ungeheuren Wucht.

Dabei hat die Industriestadt ohnehin schon viele Probleme: Arbeitslose, soziale Brennpunkte und nun auch noch – Angst. Und da hilft es wenig, dass in den sozialen Medien schon kurz nach der Tat am Montagmittag falsche Ausweisdokumente kursierten, die suggerieren sollten, dass der mutmassliche Täter doch einen Migrationshintergrund habe. Dabei war es ein Deutscher aus der Region und das falsche Dokument nur der ungeheuerliche Versuch, die Tat umzudeuten, die Stadt weiter zu spalten.

Specht setzt den Bewirtschaftern der Gegensätze das Gemeinsame entgegen, den Versuch, ein Wir-Gefühl hochzuhalten. In einem Videostatement zu der Tat, das die Stadt auf ihrer Website veröffentlicht hat, sagt er zu seiner Stadt: Es sei wichtig, dass «wir der Trauer gemeinsam Ausdruck verleihen». Die Stadtgesellschaft soll nicht auseinander-, sondern zusammenrücken in dieser schweren Zeit.

Wieder einmal.